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Ansbach: Schauspieler Philipp Sommer aus Ansbach: "Die Welt braucht Träumer"

Ansbach

Schauspieler Philipp Sommer aus Ansbach: "Die Welt braucht Träumer"

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    Philipp Sommer, Schauspieler aus Roden-Ansbach, als Prinz Leonce in "Leonce und Lena" am Theater Krefeld Mönchengladbach, Paul Steinbach als Valerio, Ronny Tomiska im Hintergrund.
    Philipp Sommer, Schauspieler aus Roden-Ansbach, als Prinz Leonce in "Leonce und Lena" am Theater Krefeld Mönchengladbach, Paul Steinbach als Valerio, Ronny Tomiska im Hintergrund. Foto: Matthias Stutte

    Als Bub hat er in Ansbach Fußball gespielt, später lernt Philipp Sommer (33) den Beruf des Offset-Druckers. Mit 14, 15 Jahren entdeckt der Sohn einer Busunternehmer-Familie sein Interesse am Schauspiel. "Ich wusste anfangs gar nicht, wie das geht. Ich dachte, man geht zu den Bavariafilmstudios oder nach Hollywood", erinnert er sich. Über den langen Weg bis zur Festanstellung am Theater Krefeld Mönchengladbach und die Schauspielerei hat Monika Büdel mit Philipp Sommer gesprochen, als er mal wieder zu Besuch bei seinem Bruder in Lohr und seiner Mutter in Ansbach war.

    Frage: Herr Sommer, was hat Sie angefixt, Schauspieler zu werden? Wie kommt ein Jugendlicher im Fußballverein auf diese Idee?

    Philipp Sommer: Ich weiß gar nicht so genau, wie das kam. Ich bin totaler Träumer und verliere mich in irgendwelchen Gedanken. Ich liebe Geschichten, ob als Film oder Theaterstück. Ich habe auch mal drüber nachgedacht, Drehbuchautor zu werden, aber gemerkt: Ich will die Geschichten nicht schreiben, ich will sie darstellen. Anfangs dachte ich, das ist ein Traum, aber es gibt ja wirklich Schauspieler, nur kannte ich niemanden und musste mir den Weg selbst erschließen. Schultheater gab es nicht. Das sollte viel mehr gefördert werden. Irgendwann habe ich gemerkt, ich brenne dafür.

    Sie haben erst mal eine Lehre als Offset-Drucker gemacht. Eine Ausbildung, die nicht gerade auf die Bühne oder vor die Kamera führt. Wie haben Sie Ihren Jugendtraum weiterverfolgt? Nach Hollywood sind Sie ja nicht gegangen.

    Meine Eltern haben mir geraten, erst mal eine Lehre abzuschließen. Während der Gesellenzeit habe ich mich an fünf Schauspielschulen beworben und bin überall gnadenlos durchgefallen. Nur eine Privatschule wollte mich sofort. Aber ich hätte das Schulgeld nicht bezahlen können. Ich wollte es weiter versuchen und habe angefangen, mich mit Theater, mit Stücken und Figuren auseinanderzusetzen. Nach der Gesellenzeit habe ich mich an der Fachoberschule in Würzburg für den Gestaltungszweig eingeschrieben. In den Fächern Kunst und Kunstgeschichte habe ich mehr über darstellende Kunst gelernt.

    Viele junge Menschen wollen Schauspielerin oder Schauspieler werden, ohne dass dieser Wunsch jemals Wirklichkeit wird. Bei Ihnen hat es geklappt. Wie haben Sie das geschafft?

    Ich hatte in meiner Gesellenzeit Geld angespart und dachte mir jetzt oder nie. Während der Zeit an der Fos habe ich mich wieder beworben. Vergeblich. Ich habe mir Rat bei Horst Gursky geholt. Er war damals Intendant der Scherenburgfestspiele in Gemünden. Er hat mir gesagt: "Wenn du als Schauspieler Erfolg haben willst, musst Du auf eine staatliche Schauspielschule, egal wie lange es dauert." Es gibt selbstverständlich auch Absolventen privater Schulen, die erfolgreich sind, aber sie haben es auf dem Markt schwerer.

    Wie viele staatliche Schulen gibt es?

    17 im deutschsprachigen Raum mit je acht bis 20 Plätzen bei 600 bis 800 Bewerbern. Ich war in Deutschland an jeder mindestens einmal zum Vorsprechen.

    Und wie lange hat es dann gedauert?

    Auch die Bewerbungen und das Vorsprechen während meines zweiten Jahres an der Fos in Würzburg waren ein Flop. Nach dem Fachabi bin ich nach Nürnberg gewechselt, um das allgemeine Abitur zu machen. Parallel habe ich mich wieder beworben. Das Vorsprechen fiel mit der Abi-Vorbereitung zusammen. Wenn ich zum Vorsprechen gefahren bin, hatte ich zwei Rucksäcke im Zug dabei: einen fürs Abi, einen fürs Schauspiel. Ich bin schon mal in die dritte oder vierte Runde gekommen, aber wieder nicht genommen worden.

    Wollten Sie nie hinwerfen?

    Viele Bekannte haben gesagt: "Das hat keinen Sinn." Ich wollte es so lange versuchen, bis ich zu alt dafür bin. Ich hatte einen Plan B. Ich wäre Kunstlehrer oder doch Drehbuchautor geworden. Bei jedem Vorsprechen lernt man dazu. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass jede Schule auf etwas anderes Wert legt, jede anders tickt. Das findet man nur durch Ausprobieren heraus. Ich habe festgestellt, dass man sofort loslegen muss. Entscheidend sind die ersten 30 Sekunden, um nicht zu sagen, die Art, wie man den Raum betritt. Zum Glück hatte ich während der Abiturprüfung 2012 keine Vorsprech-Termine. Die kamen zwei Wochen später in Frankfurt und Stuttgart. In Frankfurt hatte ich es in die Endauswahl geschafft: Ich war unter den letzten zwölf Männern von 800 Bewerbern.

    Ich dachte, das ist mein Moment. Und bin nicht genommen worden. Ich habe die Fassung bewahrt, aber die Enttäuschung war riesengroß. Eine Dozentin aus der Jury, sagte mir, ich sei großartig gewesen und sie hätte für mich gekämpft. Das hat mir den Rücken gestärkt fürs Vorsprechen zwei Wochen später in Stuttgart. Ich kam wieder in die Endrunde. Als Aufgabe bekam ich einen Monolog des Andri aus Max Frischs "Andorra". Hier kam mir die Fos zugute. Wir hatten "Andorra" im Unterricht durchgenommen, und ich hatte als Aufsatzthema die Charakterisierung Andris.

    Wie ist es ausgegangen?

    Beginn war um 10 Uhr, um 18 Uhr sollte alles fertig sein. Wir mussten sehr lange warten. Die Entscheidung fiel erst um 22 Uhr, und ich war dann schon mit meinen Nerven völlig fertig. Ich saß da, und habe nur meine Füße angeschaut. Es sind drei Namen genannt worden, von denen, die reinkommen. Der Vierte war meiner. Ich hatte für einen Moment gar nicht registriert, dass dieser Philipp ich bin. Dann habe ich erstmal meine Mutter angerufen.

    Haben Ihre Eltern Ihren Berufswunsch unterstützt?

    Anfangs haben sie es nicht so gut gefunden, aber sie haben es toleriert. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass das ein Beruf ist. Sie haben mich finanziell unterstützt und Zugfahrten zum Vorsprechen bezahlt. Mit der Zeit haben sie gemerkt, wie ernst es mir ist. Mein Vater ist 2010 gestorben. Er hat leider nur meine Durststrecke erlebt.

    Was fasziniert Sie so sehr am Schauspiel, dass Sie es immer wieder versucht haben?

    Du hast viel mehr Möglichkeiten als im wahren Leben. Du kannst Action-Held sein, Postbote oder römischer Tyrann. Vielleicht liegt es auch in der Familie. Mein Großvater aus Steinbach fand es super, als er erfahren hat, dass ich Schauspieler werden möchte. Mein Onkel hat mir erzählt, dass mein Großvater nach dem Krieg leidenschaftlicher Schauspieler im Laientheater war. Nach dem Krieg ging es ja sonst nur ums Geldverdienen. Für Hobbys war da wenig Platz. Mein Onkel tritt gerne auf Dorffesten auf. Meine Mutter ist nicht so der Bühnenmensch. Natürlich hat sie sich sehr gefreut, als ich in Stuttgart genommen wurde.

    Welche Erfahrungen haben Sie an der Schauspielschule gemacht?

    Ich fand es toll, im Studium das machen zu können, was andere in ihrer Freizeit machen: Sport, Tanz. Ich hatte Spaß, morgens um 10 Uhr zum Fechten zu gehen. 10 Uhr, das war für andere früh aufstehen. Als ich noch in der Druckerei in Würzburg gearbeitet hatte, musste ich frühs um fünf los. Ich habe Nachtschicht gearbeitet. Diese Jahre waren nicht umsonst. Ich hatte mit 24, als ich an die Schauspielschule kam, andere Erfahrungen, mehr Reife. Die Kehrseite war, dass ich gefestigter und verschlossener war.

    Die ersten beiden Jahre musste ich mich erst zurechtfinden, habe mich nicht so getraut. Die Schauspielausbildung ist eigentlich ein Studium über einen selbst. Bei mir hat es länger gedauert, bis ich meinen sozialisierten Panzer abgelegt habe. Man muss eklig sein können, ein Schwein sein, darf keine Angst vor Emotionen haben. Es geht nicht um Glanz und Glamour, um Selbstdarstellung. Da sind viele desillusioniert und manchmal kommt es vor, dass der eine oder andere das Studium abbricht.

    Was raten Sie jungen Menschen, die Schauspieler werden möchten?

    Wenn Du das wirklich willst, versuche es, sonst findest Du es nicht heraus. Sei fleißig und diszipliniert, arbeite an Dir. Sei offen für Kritik. Lass es Dir nicht ausreden, wenn Du es wirklich willst. Die Welt braucht Träumer.

    Wozu?

    Um zu zeigen, dass Träume wahr werden können. Träumer sind wichtig, weil sie fantasievoll durch die Welt gehen und andere an ihrer Fantasie teilnehmen lassen.

    Wie sehen Sie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Theater?

    Das Theater hat 3000 Jahre überlebt, viele Krisen und Katastrophen. Die Pandemie und ihre Folgen werden das Theater verändern. Aber diese Verabredung, zu einer bestimmten Uhrzeit etwas gemeinsam live zu erleben, wird fortbestehen, auch wenn es im Moment schwierig ist. Am Theater Krefeld Mönchengladbach hatten wir eine tolle Spielzeit geplant. Statt zehn Neuproduktionen wird es erst mal nur fünf geben, weil wir wegen des Abstandsgebots nur auf der großen Bühne spielen können. Man muss kreativ sein und Übersetzungen finden für Liebesszenen oder Prügeleien. Sorgen mache ich mir um die kleinen Theater, die freien Theater. Sie bieten oft tolle Inszenierungen und sind jetzt vom Bankrott bedroht. Viele Künstler haben Existenzsorgen.

    Wie wirkt sich die Situation auf Sie persönlich aus?

    Ich habe momentan den Luxus einer Festanstellung. Die Zeit, die durch weniger Proben bleibt, nutze ich zum Beispiel, um an einem Solo-Programm über Jeanne D'Arc zu arbeiten. Außerdem lerne ich neue Sachen, wie Jonglieren und halte mich mit Sprechübungen fit, damit ich nicht aus der Übung komme. In meiner Schauspielschulzeit hatte ich eine Übung gegen den fränkischen Dialekt mit seinem rollenden R. Dazu musste ich bestimmte Muskeln im Rachen trainieren. Mein Übungssatz lautete: Der Ritter reitet mit seiner rostigen Rüstung durch den Regen.

    Philipp Sommer aus Roden-Ansbach ist Schauspieler am Theater Krefeld Mönchengladbach.
    Philipp Sommer aus Roden-Ansbach ist Schauspieler am Theater Krefeld Mönchengladbach. Foto: Monika Büdel
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