Gerüchte, Informationen, Missverständnisse und Dementi um das geplante Einkaufszentrum neben dem Baumarkt Obi in Lohr haben diese Woche ordentlich Staub aufgewirbelt (siehe auch Artikel unten). Die Unruhe im Stadtrat war am Mittwoch so groß, dass das Gremium unplanmäßig eine halbe Stunde nichtöffentlich tagte und die Entscheidung schließlich auf die Sitzung am kommenden Mittwoch vertagte.
So groß auch waren die Turbulenzen, dass der Investor die Katze aus dem Sack ließ - zumindest die Disco-Katze: Auf den Tischen fanden die Stadträte einen Prospekt des Disco-Betreibers Music-Park-Concepts (MPC) GmbH & Co. KG.
Diese Zehn-Mann-Firma mit Sitz in Hohenroth bei Bad Kissingen und Wertheim wurde zwar erst vor zwei Jahren gegründet. Die beiden Geschäftsführer, Wolfgang Wirsing (40) und Andreas Heimberger (33) haben jedoch schon mit einer Vorgänger-Firma und einem dritten Partner 20 beziehungsweise 13 Jahre Erfahrung in der Branche, wie Heimberger auf Anfrage der Main-Post ausführte.
Über 100 Projekte in ganz Deutschland, Österreich und (demnächst) auch in England hätten sie verwirklicht, darunter auch zwei Diskotheken in Unterfranken: Bad Neustadt und Karlstadt. Diese jedoch hätten sie, so Heimberger, vor zwei beziehungsweise drei Jahren wieder verkauft.
Die Lohrer Disco ist 600 Quadratmeter groß geplant und wäre identisch mit einem der jüngsten MPC-Projekte, dem Discostadl "Mausefalle" in Geilenkirchen bei Aachen. Diese wird beschrieben als "nicht Diskothek, nicht Tanzcafé, nicht Kneipe, sondern von jedem etwas." Hier sollten sich Gäste im Alter von 18 bis 60 Jahren "wohl fühlen, feiern und tanzen".
Auch öffentlich geäußerte Befürchtungen, es könnte sich um ein nur kurzfristiges Disco-Abenteuer handeln, befleißigten sich sowohl Heimberger als auch der Investor Johannes Siegler zu zerstreuen. Allein für die Einrichtung investiere er eine Million Mark, verdeutlichte Heimberger.
Siegler machte gegenüber der Main-Post klar, dass er das Disco-Projekt nur verwirklichen werde, wenn er einen Pachtvertrag über mindestens zehn Jahre Dauer schließen könne. "Das ist eine einmalige Chance für Lohr", meinte der Bauunternehmer.
Selinger machte kein Hehl daraus, dass er sich für diesen Discostadl erwärmen kann. "Das, was ich sehe, macht den Eindruck, dass es Sinn macht", sagte er im Stadtrat. "Ich bin mir da recht sicher." Gerüchte, wonach dort gar ein Puff geplant sei, entbehrten jeder Grundlage.
Und Selinger drängte aufs Tempo: "Solche Maßnahmen", erklärte er im Stadtrat, "werden immer auch unter steuerlichen Gesichtspunkten gemacht. Wir müssen schnell handeln."
Diesen Zusammenhang bestätigte Heimberger auf Anfrage der Main-Post zwar nicht. Jedoch machte er keinen Hehl daraus, dass er den Lohrer Discostadl "lieber heute als morgen" anpacken wolle. Immerhin gehe es auch um vier bis sechs feste Arbeitsplätze und "voll versteuerte Teilzeitjobs" für 50 bis 60 Aushilfskräfte, verdeutlichte er die Größenordnung und Bedeutung für die Stadt.
Brigitte Riedmann (Freie Wähler) war es dann, deren Bedenken Selinger mit seinen eher spärlichen Informationen in der Stadtratssitzung nicht zerstreuen konnte. Sie bestand auf einer nichtöffentlichen Diskussion, die dann rund 30 Minuten beanspruchte. Aus dem Raum verbannt wurden während dieser Zeit - wegen Betroffenheit - auch drei Stadträte: Zweiter Bürgermeister Horst Siegler, Egid Baus und Brigitte Kuhn.
Danach wurde nur noch über den Antrag von Wolfgang Ries abgestimmt: Dieser fühlte sich nicht ausreichend informiert und wollte die Entscheidung auf den kommenden Mittwoch verschoben haben. Dieser Beschloss wurde dann auch gegen drei Stimmen getroffen. Für eine sofortige Entscheidung hatten nur die beiden Grünen Bärbel Imhof und Ulrich Mergner sowie Bürgermeister Siegfried Selinger plädiert.
Um der Geschäftsordnung genüge zu tun, wurde das Thema Discothek und Einkaufsmarkt auf der Tagesordnung der Sitzung am kommenden Mittwoch eilig nachgeschoben. Die anwesenden Stadträte akzeptierten diese Einladung ausnahmslos, die Abwesenden - Helga Fritsch, Herbert Panter, Seppl Blenk und Wilfried Grampp - wurde noch am Abend per Fax informiert, um die Ladungsfrist einzuhalten.