Mit der heimlichen Anschaffung einer NSU-Quickly von Ernst Schüßler begann Anfang der 60er Jahre die Leidenschaft einiger Jugendlicher für Mopeds und Motorräder in Obersinn. Noch zu jung für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 4, probten sie auf Waldwegen den Umstieg vom Fahrrad auf das motorisierte Zweirad. Seine Freunde Rudolf Ries und Anton Hofmann durften abwechselnd üben oder auf dem Sozius mitfahren.
Die ersten Touren führten über Waldwege in die umliegenden Dörfer und bald suchten die Freunde der ersten Stunde einen Namen für ihren Club. 1964 formierte man sich offiziell und nannte die Truppe, der Rennfahrerlegende Donald Campbell geschuldet, „The Blue Birds“. Dieser raste am 17. Juli 1964 mit dem Bluebird über die Piste in Australien und stellte mit 648 Stundenkilometern einen neuen Rekord für radgetriebene Landfahrzeuge auf. Wenige Jahre später verunglückte er tödlich.
Jetzt, 50 Jahre später, kamen die noch verbliebenen 13 Clubmitglieder auf Einladung des Vorsitzenden Rudolf Ries zu einer Jubiläumsparty im Clubhaus zusammen und Manager und Chronist Anton Hofmann ließ humorvoll die Historie der fünf Jahrzehnte Revue passieren.
Hofmann erinnerte an die goldene Zeit, als die Schüler zum Kauf eines eigenen Mopeds auf die Eltern angewiesen waren, aber auch ihren Lehrlingslohn dafür ansparten, um sich den Traum einer „Herkules K 50 Sport“, „Kreidler Florett 50 ccm“ oder einer „Zündapp KS 50“ leisten zu können. Jeden Monat kamen neue Schulkollegen dazu, kauften sich ein Moped, um dann gemeinsam auf Tour zu gehen. Jetzt standen schon weiter entfernte Ziele wie Würzburg, Mannheim oder Frankfurt auf dem Programm. Sogar aus Nachbargemeinden wie Altengronau, Mittelsinn oder Sannerz schlossen sich Gleichgesinnte an und die Mitgliederzahl der „Blue Birds“ wurde immer größer.
Bei den geselligen Treffen wurde der Wunsch nach einem Grillplatz oder einem eigenen Clubhaus immer lauter. Auf dem privaten Grundstück des Vorsitzenden konnte eine „Gartenlaube“ entstehen und mit der Silvesterparty 1967 wurde die „Bude an der Sinn“ eröffnet. Die Clique hatte an den Wochenenden ein Zuhause gefunden und mit Plattenspieler ausgerüstet begann die „Partyzeit in geschlossener Gesellschaft und ohne Sperrzeit“. Aufgrund der Beliebtheit folgten bald schon ein Erweiterungsbau und eine Plattenbar für den damaligen DJ Wolfgang Rösch.
Sommernachtspartys, gemeinsame Ausflüge mit Mopeds, Tagesausflüge mit Bussen, Wanderungen, Grillpartys, Kegelturniere und Teilnahme an Festzügen im Club-Shirt und sogar an Faschingsumzügen begeisterten die Jugendlichen der 60er und 70er Jahre. Außer den Vereins- und Tanzveranstaltungen in der Mehrzweckhalle war in Obersinn wenig geboten. Die Mitgliederzahl wuchs aus den zehn Personen bei der Gründung auf stolze 48 „Blue-Birdler“ im Jahre 1974.
Heute sind aktuell noch 13 dabei, stellte Anton Hofmann fest. Eigene Aktivitäten sind aufgrund der geringen Mitgliederzahl so gut wie nicht mehr möglich. „Was allen bleibt, sind wunderschöne Erinnerungen an tolle Zusammenkünfte und Ausflüge“ resümierte Vorsitzender Rudolf Ries bei der Jubiläumsparty zum 50. Geburtstag. Clubmitglied Hans-Joachim Orlik war eigens mit seiner Gattin aus der Schweiz angereist.
Neben den zahlreichen Treffen in der Bude erinnern besonders markante Säulen auf eine aktive „Blue Birds“-Zeit. So gründete man eine eigene Musikband mit dem Clubnamen, die bei Tanzveranstaltungen der Region gefragt war. Weiter rief Anton Hofmann die Veranstaltungen der beliebten Orientierungsfahrten unter dem Motto „Kennst du deine Heimat?“ ins Gedächtnis, die mit großem Zuspruch insgesamt elfmal durchgeführt werden konnte. Nach der 40-Jahr-Feier 2004 unternahm der „harte Kern“ des Clubs noch eine Busreise an die Cote d'Azur und eine Jubiläums-Fluss-Kreuzfahrt auf der Donau.
Jetzt auf der Feier zum 50. Geburtstag organisierten Wolfgang Wissinger und Ernst Schüßler eine „Plattenparty mit Hits der 60er Jahre“. Auf einem nostalgischen Plattenspieler wurden die alten Singles vom Obersinner Kino, dem Saal des Gasthauses zum Stern, aufgelegt. Ein Blick in die Fotoalben ließ die Jugenderinnerungen wach werden.