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LOHR: „Ein Dialekt, der sich nicht ändert, ist tot“

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„Ein Dialekt, der sich nicht ändert, ist tot“

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    Übersetzung: Die unterfränkischen Dialekte beinhalten viele Besonderheiten.
    Übersetzung: Die unterfränkischen Dialekte beinhalten viele Besonderheiten. Foto: ArchivFoto: Daniel Staffen

    (kan) „Aus der Sicht der Dialektforschung ist Unterfranken der interessanteste Regierungsbezirk in Bayern“ – diese Feststellung trafen am Mittwochabend bei einer Gemeinschaftsveranstaltung der Volkshochschule mit dem Universitätsbund Prof. em. Dr. Norbert Richard Wolf und Dr. Monika Fritz-Scheuplein. Bei der Veranstaltung im Alten Rathaus bestätigten sie so die Überzeugung vieler Menschen, die bei Befragungen durch Mitarbeiter des Unterfränkischen Dialekt-Instituts (UDI) in den Jahren 1991 bis 1996 festgestellt hatten, den Dialekt, der in ihrer Stadt gesprochen wird, gebe es nirgends sonst – auch nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft.

    Zahlreiche Sprachgrenzen ziehen sich durch Unterfranken. Sie überschneiden und überlappen sich vielfach. Fritz-Scheuplein erläuterte das an Wortbeispielen wie „Appel/Apfel“, „Kees/Keas/Kääs“ (für Käse) oder noch deutlicher an der Bezeichnung „pfetzen/kneifen/zwicken“ für die gleiche Tätigkeit, wobei es für diese Begriffe von Ort zu Ort auch noch sprachliche Varianten gibt.

    Im Westen des Regierungsbezirks spricht man Rheinfränkisch-Hessisch, das in den größeren Bereich des Mitteldeutschen gehört, im Osten das oberdeutsche Ostfränkisch. Der östliche Spessartraum liegt im Einfluss beider Bereiche; der Sprachatlas von Unterfranken (SUF – „mit einem F“, wie die Referentin betonte), spricht hier vom „Mainzer Übergangsstreifen“. In dem sechsbändigen SUF sind die Ergebnisse der fünfjährigen Erhebung festgehalten und bearbeitet.

    Mundarten haben Bestand

    Damit ist die Arbeit der Dialektforschung nicht abgeschlossen. Neue Erhebungen werden zeigen, wie sich die Dialekte seit den ersten Befragungen verändert haben. „Jede Sprache ändert sich – auch der Dialekt. Wenn er sich nicht mehr ändert, ist er tot“, stellte Professor Wolf fest, der ebenso wie Fritz-Scheuplein der Befürchtung entgegentrat, die Mundarten seien zum Aussterben verurteilt.

    Sein Thema war die Mundartlyrik. Wer sich in Gedichten der Mundart bediene, der wolle oft ganz gezielt eine intime und konservative Stimmung erzeugen. Der Dialekt, eine Alltagssprache, eigne sich aber nur eingeschränkt dazu, große Gefühle auszudrücken. Liebeserklärungen an die Heimat kommen im „wirklichen Leben“ kaum vor. Gerade Schlüsselbegriffe wie „Heimat“ wirken deshalb in Mundartgedichten häufig gekünstelt und unecht. Das angemessene Einsatzfeld des Dialekts ist eher das, was man heute mit dem englischen Begriff „small talk“ bezeichnet.

    Ein ganz praktisches Problem, das jeder kennt, der schon einmal versucht hat, Mundartgedichte anderer Autoren vorzutragen oder selbst Dialekt schriftlich festzuhalten, ist, dass es für diese Verschriftlichung keine Regeln gibt. Wolf ging aber auch auf das heikle Thema des politischen Missbrauchs der Mundart ein und zitierte – „ohne ihn verurteilen zu wollen“ – als Beispiel ein kriegsverherrlichendes Gedicht von Nikolaus Fey.

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