Mindestens ein Drittel von Arnstein war schon in seinem Gasthaus, schätzt er. Und das, obwohl es in den Alpen liegt – beziehungsweise am Rand der Alpen. Der aus Arnstein stammende Karl-Peter Reichert betreibt das „Berghaus Allgäu“ bei Pfronten, 1500 Meter über dem Meeresspiegel.
„Wir haben noch Skibetrieb“, sagt er. Heuer hat es reichlich geschneit, sodass sogar in der Karwoche noch Schnee liegt. Da ist das Berghaus mit seinen 63 Betten an den Wochenenden ausgebucht. Und wenn dazu die Sonne scheint, sind auch die 250 Plätze vor dem Haus mittags belegt. 140 Sitzplätze gibt es drinnen.
Die Gastronomie wurde Karl-Peter Reichert in die Wiege gelegt. Die Eltern hatten das Café Reichert in der Arnsteiner Grabenstraße. Heute ist in dem Haus die Eisdiele. 1960 in Arnstein geboren und dort aufgewachsen, machte er eine Lehre im Café Haupelshofer in der Würzburger Sanderstraße. Im Hinterkopf schlummerte der Gedanke, das Café in Arnstein später zu übernehmen.
Nach der Lehre arbeitete Reichert im Winter 1978/79 im Karlstadter Café Schrödl. Dann kam die Bundeswehrzeit: vier Jahre Roding in der Oberpfalz. Dort hatte seine Tante Katharina Wenz den Katharinenhof, wo er an den Wochenenden aushalf. Er erzählt: „Eines Nachts ging die Tür zur Küche auf und herein kam Franz-Josef Strauß auf der Suche nach Essbarem.“ So wurden in der Küche gemeinsam Weißwürste verzehrt.
Häufige Wechsel
Vornehm war es die nächsten eineinhalb Jahre: Karl-Peter Reichert bereitete im Hilton-Hotel in Mainz feine Konditorwaren zu. Doch in der Gastronomie ist man flexibel und es locken immer wieder neue Stellen. So kam er 1985 erstmals ins Allgäu nach Füssen ins Kurhaus. Ein kleiner Abstecher blieb seine Tätigkeit bei Sepp Halbritter in Wartmannsroth.
1989/90 besuchte der Arnsteiner die Meisterschule in Regensburg und Straubing, um anschließend im Hotel Müller in Hohenschwangau bei Neuschwanstein zu arbeiten. 1997 wagte er die Selbstständigkeit mit einem kleinen Café in Leckbruck. Das betrieb er drei Jahre lang, ehe er sich in Oberammergau vergrößerte. Zufällig erfuhr er vor viereinhalb Jahren über einen Freund, dass er das Berghaus in Pfronten pachten könne. Dieses ist für ihn der Volltreffer.
Zusammen mit seiner Freundin Annemarie Gratz aus Unterammergau betreibt er das Gasthaus, in das im Winter die Skifahrer kommen und im Sommer die Wanderer und Mountainbiker. Von der Sonnenterrasse aus hat man einen Blick auf die Allgäuer und Tiroler Berge sowie das Alpenvorland mit seinen Seen. In Sichtweite liegen Pfronten, Eisenberg, Hopferau, Füssen, Schwangau mit Schloss Neuschwanstein und Vils in Tirol.
Eine Bergbahn bringt die Gäste von der Talstation auf 820 Metern zum Berghaus auf 1500 Metern. Der Gipfel ist 1850 Meter hoch. Ganze Vereine aus dem Werntal waren schon bei Karl-Peter Reichert: der Fußballclub, der Karnevalsverein oder die Werntalmusikanten zum Beispiel. Dazu tragen die Werbung in Arnstein und die Mund-zu-Mund-Propaganda bei.
Selbst ist Karl-Peter Reichert nicht so häufig in Arnstein. Zwei- bis dreimal im Jahr kommt er, um im elterlichen Haus nach dem Rechten zu sehen. Für eine eigene Konditorei wäre es zu klein gewesen. So hat er es an die Eisdiele verpachtet.
Fische aus der Schwabbach
Am liebsten steht er bei seinen Heimaturlauben am Spätzeck beim Schweinemarkt und ratscht mit alten Bekannten. Oder er besucht die örtlichen Gastwirte, trinkt hier ein Bier und dort einen Kaffee.
Kindheitserinnerungen kommen auf, wenn er an der Schwabbach entlangläuft. Dort hatte er früher öfter Fische gefangen. Manche durften anschließend im Aquarium, das er von seiner Mutter bekommen hatte, weiterleben. Andere landeten in der Pfanne.