„Sitz“, sagt Heike Vogt, und Alessandro gehorcht. Sein Frauchen unterhält sich mit der Bekannten, die sie scheinbar zufällig im Park getroffen hat, und Alessandro bleibt ruhig neben ihr sitzen. Die Bekannte wedelt mit ihren Nordic-Walking-Stöcken in der Luft, aber Alessandro lässt sich auch davon nicht beunruhigen. Ein paar Meter weiter macht Reinhard Seib zufrieden ein Häkchen auf seinem Klemmbrett.
Seib ist Hundeerzieher, geprüft von der IHK und dem Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV). An einem Samstag im Juni ist er aus Waldbröl in Nordrhein-Westfalen nach Zellingen (Lkr. Main-Spessart) gekommen, um den Hundeführerschein abzunehmen. In der Prüfung müssen die Hundehalter beweisen, dass sie ihren Hund im Alltag sicher unter Kontrolle haben.
Die fünf Prüflinge der Hundeschule von Birgit Droll in Zellingen werden daher von Seib auch in alltäglichen Situationen geprüft: Der erste Block findet im Park am Main statt, Droll selbst mimt die Nordic-Walkerin. Zusätzlich hat sie eine Frau mit Kinderwagen und Senioren mit Rollstuhl und Rollator organisiert, damit die Hunde zeigen können, dass sie das nicht aus der Ruhe bringt.
Praxisnahe Prüfung
Für Teil zwei geht es in die Zellinger Innenstadt. Verhalten sich die Hunde ruhig im Straßenverkehr? Kann das Herrchen den Hund mit in die Bank nehmen, ohne dass es Probleme gibt? Wie verhält sich das Tier im Café, bleibt es brav unter dem Tisch liegen? All das beobachtet Seib kritisch. Am Vormittag hat die Gruppe außerdem schon eine theoretische Prüfung hinter sich gebracht. Dort wurde unter anderem Wissen zu Haltung, Pflege und Gesundheit, Lernverhalten, Welpenkauf und -aufzucht und der Mensch-Hund-Beziehung abgefragt.
In Niedersachsen ist so ein Führerschein schon länger Pflicht: Wer nach dem ersten Juli 2011 erstmals einen Hund angeschafft hat, muss seine „Sachkunde“ in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachweisen. Das kann in Form des BHV-Führerscheins passieren, aber auch Führerscheine von anderen Verbänden wie dem Berufsverband Zertifizierter Hundetrainer werden akzeptiert.
Dr. Martin Korneli, Amtstierarzt am Landratsamt Main-Spessart, hält das für ein „generell überlegenswertes Modell“. „Der Theorieteil der Prüfung wird schon vor der Anschaffung des Hundes abgelegt. Das zwingt viele, sich im Vorfeld mehr mit dem Tier auseinander zu setzen.“ Der Führerschein hätte in jedem Fall eine erzieherische Auswirkung auf den Hundehalter, glaubt er. Dennoch gibt er zu bedenken, dass auch nicht alle Inhaber eines Autoführerscheins sich immer an die Verkehrsregeln halten, und warnt vor einer Überregulierung.
Genehmigung bisher nur für Kampfhunde
Die Teilnehmer der Prüfung in Zellingen befürworten geschlossen eine Führerschein-Pflicht. „Viele Halter lassen ihre Hunde einfach ohne Leine frei herumlaufen, obwohl sie das Tier gar nicht gut genug kennen“, sagt Daniela Liebler. Sie findet, dass ähnlich wie in Niedersachsen der schriftliche Prüfungsteil Pflicht sein sollte, bevor sich jemand einen Hund anschaffen darf.
Um einen Hund halten zu dürfen, braucht man in Bayern derzeit nur für „Kampfhunde“ eine Erlaubnis. Welchen Rassen unter den Begriff fallen, regelt die sogenannte „Kampfhundeverordnung“. Sie unterscheidet zwei Kategorien: Hunderassen, die grundsätzlich als Kampfhunde gelten, und Rassen, denen ein Sachverständiger nachweisen kann, dass sie nicht aggressiv oder gefährlich sind und die daher nicht immer als Kampfhunde gelten.
Diese Verordnungen sind Ländersache: „Die bayerische Regelung gehört zu den strengeren“, sagt Amtstierarzt Korneli. Dass der Hundeführerschein in naher Zukunft bundesweit verpflichtend eingeführt wird, erwartet er derzeit nicht. „Bei den Ländern ist eher wenig Willen zur Kooperation vorhanden“, vermutet er.