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PARTENSTEIN: Ein Heiligenbild als Glücksbringer

PARTENSTEIN

Ein Heiligenbild als Glücksbringer

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    Das Bild täuscht: Noch ist Helmut Kunkel nicht am „Ende der Welt“ („Fin del mundo“) in Feuerland angekommen.
    Das Bild täuscht: Noch ist Helmut Kunkel nicht am „Ende der Welt“ („Fin del mundo“) in Feuerland angekommen.

    „Von Puquio schraubt sich die Straße bis auf 4500 Meter hoch. In der Nähe von Urubamba versuche ich, ein Zugticket nach Aqua Caliente zu bekommen; dort ist Machu Picchu, für die Inkas der Mittelpunkt der Welt. Schon die Zugfahrt ist atemberaubend, durch das enge Tal des Rio Urubamba. An den Hängen gibt's einen Vorgeschmack; es sind einige Ruinen zu sehen. Doch das Ersehnte kommt erst nach einer ruckeligen Busfahrt in die Höhe; auf den Bergrücken liegt sie da: Machu Picchu, die Ruinenstadt.

    Noch am selben Tag geht's abends nach Cuzco; dort finde ich eine Bleibe für die Nacht. Eine Überraschung ist, dass die drei Mexikaner, die ich in Honduras getroffen hatte, und zwei Deutsche aus Ravensburg da sind. Alle haben BMW-Motorräder und ärgern sich mit Schäden herum. Ein gemeinsamer Abend, bei dem wir unsere Erfahrungen austauschen, bringt uns alle etwas weiter. Bei einem ortsansässigen Motorradhändler lassen wir daraufhin unsere Maschinen wieder fit machen.

    Nun beginnt der gefährlichste Abschnitt meiner Reise. Am Samstagmorgen breche ich nach Puno auf. Anfangs ist es noch normal; dann, zirka 70 Kilometer nach Cuzco, liegen vereinzelt Steine auf der Straße, die in Abständen zu Linien quer über die Straße gelegt worden sind. Noch kann ich die Honda darüberlenken; doch als Telefonmasten und ganze Bäume die Straße blockieren, ist es schon schwieriger weiterzukommen. Ich muss mir Wege suchen, um die Geröllfelder und zerbrochenen Glasflaschen, die über die Straße verstreut sind, zu umfahren.

    „Zielscheibe“ mit Steinschleudern

    In manchen Ortschaften versammeln sich Menschen an der Straße; sie sind aufgebracht und wollen mich nicht passieren lassen. Sogar mit Steinschleudern wird auf mich gezielt. Der schlimmste Abschnitt ist in Ayaviri; dort, an der Großen Kreuzung, stehen mindestens 1000 Leute und blockieren den Verkehr. Einige versuchen, mich vom Motorrad zu ziehen. Immer wieder werden die Worte „Gringo“ (abwertende Bezeichnung für jemanden, der nicht romanischer Herkunft ist; Anm. d. Red.) geschrien. Ich fixiere die Wortführer und rufe ihnen entgegen, dass ich Deutscher bin. Nach einiger Zeit öffnet sich ein Spalt in der Menschenmenge. Ich bekomme noch einige Steine als „Andenken“ nachgeworfen; doch der Helm und die Protektorenjacke haben sich bewährt. Nach vielen Kilometern muss ich nochmals einen Kampf führen, diesmal mit meinem inneren Schweinehund: Es gibt ein Gewitter in 4070 Metern Höhe und bei eisiger Kälte. Ruckzuck bin ich durchnässt und steif gefroren; allerdings muss ich noch lange Zeit fahren, um Puno zu erreichen. Am nächsten Tag erfahre ich, dass ich der Einzige bin, der es geschafft hat, in Ayaviri weiterzukommen; noch am Folgetag ist die Straße blockiert.

    Feiern bis zum frühen Morgen

    Von den Höhen der Anden geht's in schier endlosen Serpentinen hinab auf 2000 Meter; ab hier wird die Natur wieder grün – nach über fünf Wochen Wüste, Dürre und Ödnis ein Genuss für die Augen. An den Wochenenden ist die Luft in Argentinien angereichert mit dem Duft von Holzkohlerauch und gegrilltem Fleisch; die Leute sitzen im Kreise ihrer Familien und Freunde im Schatten. Es wird gefeiert bis zum Umfallen; die Musik ist bis zum Anschlag aufgedreht und die Nachtruhe beginnt morgens um 5 Uhr.

    Auf dem Campingplatz in Salta treffe ich noch mehr Langzeitreisende aus Holland, Österreich, Frankreich, Schweiz und Deutschland. In Tucuman bin ich sofort von vielen Menschen umringt. Sie fragen mich aus, woher ich komme und wohin ich fahre, und einer kramt ein Heiligenbild aus seinen Taschen heraus und schenkt es mir als Glücksbringer für den weiteren Teil der Reise.

    Auf dem Weg in Richtung Cordoba befindet sich eine Carniceria (eine Art „Fleisch-Restaurant“; Anm. d. Red.); für etwa 600 Gramm Rindfleisch mit Brot und Salat bezahle ich 12 Pesos (das sind rund 3 Euro). Der nächste Stopp ist in Santiago del Estrero. Hier lerne ich Agustin kennen, der mir die Stadt zeigt. Anschließend geht's zu ihm nach Hause; er hat eine große Familie – und zu ihr gehören auch viele Motorräder samt Zubehör. Man kann sagen, dass Agustin vom Motorradvirus befallen ist.“

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