Wenn Freedom könnte, wie er wollte: Er würde schon längst nicht mehr im Teich, sondern im Haus Quartier nehmen. Das immerhin konnte die Hausherrin Christine Plottek bisher noch verhindern. Allerdings zieht sich seit einiger Zeit der Belagerungsring von Freedoms weißlich-grünen Reviermarken immer enger und bedrohlicher um die Veranda-Türe. Aber selbst wenn des des Erpels liebste Freundin, Plottek-Tochter Sophia (13) auf Kapitulation drängt: "Die Ente bleibt draußen. Sonst kriegen wir Freedom nicht mehr hier raus." Die Hausherrin bekräftigt das mit einem entschlossenen Kopfschütteln Richtung Teich.
Ob der Belagerer die Botschaft durch die geschlossene Glastüre hören konnte? Vom Teichrand schaut Freedom mit schief gelegtem Kopf ganz unbeteiligt und harmlos Richtung Veranda. Eine Finte. Denn Freedom hat es faustdick hinter den Erpel-Ohren. Und liebt Verstöße gegen Regeln jeglicher Art, besonders gegen alles angeblich typisch Enten-Kreatürliche.
Keine Rede etwa davon, dass ihn im November das Reisefieber packen würde. Stoisch und ungerührt vom Wechsel der Jahreszeiten hütet er den Plottekschen Garten und ignoriert die V-Formationen der Artgenossen, die über seinem Kopf nach Süden drängen. Überhaupt sind Freedom Enten schnuppe: Seine liebsten Gesellschafterinnen sind die hauseigenen Hühner Lenny und Michaela. Oder die bereits in Ehren ertaubte treuherzige Dackeldame Lissy. Aber über allem trohnt natürlich Freedoms beste Freundin Sophia.
Als die fürs Foto auf die Veranda bittet, knickt Freedom im Moment des Türöffnens lässig und elegant zugleich nach vorne weg in den Teich. Und tut, wie üblich, nicht was er soll: Sich Kamera-tauglich per Hand füttern lassen. Stattdessen dümpelt er trotzig in der Teichmitte, bis der lästige Termin vorüber ist.
Um das Pressefoto zu sabotieren, verzichtet der störrische Erpel sogar auf seine exquisite Leibspeise: Katzenfutter. Löffelweise versucht ihn Sophia, unterstützt vom neunjährigen Bruder Oli, anzulocken und in Position zu scheuchen.
Aber derlei Manipulationsversuche perlen an Freedoms Enten-Sturkopf ab wie kaltes Wasser am bunten Gefieder, wie das Foto beweist. Dabei hätte er durchaus Grund, wenigstens seiner Lebenretterin Sophia den Gefallen zu tun. Denn die hat ihn, am letzten Schultag vor den diesjährigen Oster-Ferien, mit gequetschtem Füßchen am Mainufer aufgelesen. "Ganz traurig saß es abseits von den anderen Enten" sagt sie. Kurzentschlossen nahm Sophia den Patienten mit nach Hause und päppelte den Tod-Kranken auf.
Der Watschelfuß ist wieder heil. Aber in Sachen Resozialisierung liefen die Dinge etwas aus dem Ruder: Statt entenhaft kopfüber nach Futter zu tauchen, balgt sich Freedom lieber mit den Katzen Nancy und Amy um die besten Brocken in der Katzenfutter-Schale.
Aber so ist das mit Erpeln, die Freedom heißen: Von ihnen kann, darf, ja muss einiges erwartet werden.