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Ein Rettungsanker aus Alteisen

Lohr

Ein Rettungsanker aus Alteisen

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    Heute ist Trapp als Alteisensammler selbstständig. Zwar startet er von Lohr aus jeden Tag erneut ins Ungewisse und verdient dabei auch keine Reichtümer. Dennoch sagt er mit großer Regelmäßigkeit Sätze wie "Ich will mich nicht beschweren" oder "Ich bin sehr zufrieden". Sein größter Wunsch ist, dass ihm seine Arbeit dauerhaft ein Auskommen sichert.

    Noch vor zehn Jahren war für Trapp ein Leben, so wie er es heute führt, undenkbar. Bereits in seiner Jugend flüchtete er sich zu den "Einstiegsdrogen Nikotin und Alkohol", vor allem, um die als Kind erlittenen Misshandlungen zu verdrängen. Fortan führte der Weg des gebürtigen Würzburgers zielgenau immer tiefer in die Drogenszene. Zuletzt konsumierte er selbst "alles, was es gibt" vis hin zu Heroin und handelte selbst mit Drogen.

    Der Tiefpunkt war jedoch gleichzeitig der Start in ein neues Leben: 1997 wird Trapp wegen diverser Delikte zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Jahren verurteilt. "Willst du leben oder sterben?", habe er sich gefragt und sich für das Leben ohne Drogen entschieden. Wesentlich gestützt worden sei er bei dieser Entscheidung von seinem Glauben. Schon als Kind sei er "sehr früh von Gott berührt" worden. Trotz des Weges in die Kriminalität habe er den Glauben nie verloren. Im Gefängnis habe er dann endgültig wieder zu ihm zurück gefunden, erzählt Trapp heute.

    1999 kam er zur Therapie in die Lohrer Forensik. "Ohne die Super-Betreuung dort hätte ich den Absprung nie geschafft. Die Menschen dort haben mir sehr viel gegeben", blickt Trapp auf die zwei Jahre dauernde Behandlung zurück. Noch heute habe er Kontakt zu Betreuern und Therapeuten.

    Um sich erst gar nicht der Versuchung auszusetzen, entschied sich Trapp nach der Beendigung der Therapie, in Lohr zu bleiben. "Du musst einen Schnitt machen und ganz neu anfangen". Den Job als Hilfsarbeiter in einem Lohrer Betrieb gab Trapp nach wenigen Monaten jedoch wieder auf. Die fehlende Aussicht auf eine Weiterentwicklung habe ihm psychisch zu sehr zu schaffen gemacht.

    Der unverheiratete Trapp entschloss sich, den Führerschein zu machen, erst für das Auto, dann für den Lastwagen und für Gefahrguttransporte. Als er sich mit den Lizenzen in der Tasche jedoch auf Stellensuche machte, merkte er schnell, dass er bei der damaligen angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ohne Berufserfahrung ohne Chance war. Was also tun? Trapp erinnerte sich an die Zeit, in der er vor 20 Jahren als Hilfskraft in der Alteisenbranche gejobbt hatte und beschloss, einen Versuch zu wagen. "Ich habe einfach angefangen", sagt er.

    "Im Vergleich zu dem, was ich früher gehabt habe, bin ich heute sehr dankbar über mein Leben."

    Uwe Trapp, ehemals drogensüchtig, jetzt selbstständiger Alteisenhändler

    Mit 2000 Euro, die ihm eine ehemalige Therapeutin aus der BKH-Zeit lieh, kaufte sich Trapp einen alten Pritschenwagen und begann die "Fahrt über die Käffer". Tag für Tag klapperte er Baustellen und Firmen ab und fragte auch bei Privathaushalten nach Alteisen. Doch das Geschäft kam nur sehr schleppend in Gang. Nach einem halben Jahr sei er kurz vor der Aufgabe gestanden, erinnert er sich an eine kritische Phase. "Doch dann wurden meine Gebete erhört." Über einen Bekannten erhielt Trapp den Auftrag, eine 20 Tonnen schwere Dampfmaschine zu verwerten. Zwei Monate lang habe er gebraucht, um ohne jede Hilfe das stählerne Ungetüm mit dem Schneidbrenner zu zerlegen. Der Erlös sei "die Rettung" gewesen.

    In der Folgezeit erarbeitete sich Trapp im ganzen Landkreis einen Kundenstamm. Dabei sammelt er alles, was aus Metall ist oder Metall enthält. Von der Waschmaschine über Elektrokabel hin zu Heizkesseln. Mittlerweile müsse er nicht mehr nur nach Alteisen suchen, sondern werde immer öfter auch von Privatleuten angerufen.

    Das Geschäft ist ein Knochenjob. Einzelne Teile bis zu 250 Kilo habe er "mit Kraft und Technik" schon auf seinen Transporter gewuchtet. Blaue Flecken am ganzen Körper, ein blutunterlaufener Fingernagel und eine Risswunde an der Hand zeugen aktuell von der harten Arbeit. Einmal täglich fährt Trapp nach Würzburg, um dort seine Tagesausbeute beim Eisenhändler abzuliefern.

    Wegen der körperlichen Belastung könne er sich "nicht vorstellen, ein Leben lang Schrott zu sammeln", so Trapp. "Um überleben zu können, brauche ich pro Tag eine Tonne Alteisen", sagt er. Trotz der täglichen Ungewissheit sagt Trapp: "Im Vergleich zu dem, was ich früher gehabt habe, bin ich heute sehr dankbar über mein Leben." Sein wenn auch hart verdientes Einkommen sei "immerhin besser als Hartz IV". Er habe sich während der Gefängnisaufenthalte und der Therapie in Lohr "lange genug vom Staat aushalten lassen". Nun wolle er durch eigene Arbeit den Lebensunterhalt verdienen.

    Einen Ausgleich zum Knochenjob sucht und findet Trapp übrigens auf recht unterschiedliche Weise. Zum einen ist er bei den Lohrer Gauklern ebenso aktiv wie in der Theatergruppe des Bezirkskrankenhauses. Zum anderen geht er, so verrückt das klingen mag, nach Möglichkeit zweimal in der Woche ins Fitnessstudio. Das ausgleichende Muskeltraining dort sei "nicht nur für den Körper gut, sondern auch für die Seele."

    Ehrenamtlich engagiert sich Trapp außerdem für die Lohrer Tafel. Mit seinem Transporter fährt er größere Lebensmittelrationen zum Beispiel von einem Großlager aus Marktheidenfeld zur Ausgabestelle in der Lohrer Ludwigstraße. Er sagt: "Ich will wenigstens einen Teil der Hilfe, die ich in Lohr erhalten habe, zurückgeben."

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