Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Marktheidenfeld
Icon Pfeil nach unten

Eine Ära geht zu Ende

Marktheidenfeld

Eine Ära geht zu Ende

    • |
    • |

    Diakonisse Gertrud Hampel, seit 1985 Oberin im Diakonissen-Mutterhaus schaut wehmütig auf das Haus "Gottestreue". Viele Erinnerungen verbindet sie damit. Das Haus diente einst als Altensitz der Schwestern und war auch Altenheim für pensionierte Damen. Deshalb wurde die "Gottestreue" auch das Feierabendhaus genannt. 299 Breslauer Diakonissen hatten nach ihrer langen Flucht nach dem Zweiten Weltkrieg in Marktheidenfeld eine neue Heimat gefunden.

    Für die "Feierabendschwestern" wurde 1950 auf einem von Pastor Justus Günter gekauften Ackerland der Grundstein für das Wohnhaus gelegt. Schon 1951 konnte es der schlesische Bischof Dr. Zänker eingeweiht und am 5. August bezogen 61 Schwestern und 15 Damen das Haus. Jeder war glücklich über ihr zirka neun Quadratmeter großes Zimmerchen, berichtete Schwester Gertrud.

    Bald folgte der Bau eines Mutterhauses, das durch einen Speisesaal mit dem Haus "Gottestreue" verbunden war. Oberin Liesbeth Zeuner hatte sich für diesen Bau entscheidend eingesetzt und erhielt für ihre Verdienste 1972 den Ehrenring der Stadt Marktheidenfeld verliehen.

    Der Nachwuchsmangel der Schwesternschaft machte sich bemerkbar. Waren es vor der Flucht noch 450 gewesen, so sank ihre Zahl bis 1963 auf 180. Die Schwestern arbeiteten in verschiedenen Krankenhäusern, Kindergärten und Gemeinden und brachten mit ihren Lohn Geld in die Mutterhauskasse. Für sich selbst erhielten sie ein kleines Taschengeld.

    1963 trat Pfarrer Rudolf Irmler sein Amt als Rektor der Schwesternschaft an. Unter seiner Regie entstanden die Johanneskapelle und das Einkehrhaus mit 40 Betten. Viele Gäste, die Ruhe und Stille suchten, kamen. Irmler wurde 1989 mit dem Ehrenring ausgezeichnet. 1967 wurde Luise Deutschmann Oberin. Die 1998 mit der Verdienstmedaille der Stadt geehrte Oberin hat sich in besonderer Weise um die ökumenischen Beziehungen in Marktheidenfeld bemüht und bei der Errichtung der Sozialstation St. Elisabeth eingesetzt. Seit 1985 ist Schwester Gertrud Hampel Oberin.

    Im Laufe der Jahre ging die Zahl der Lehmgrubener Diakonissen immer weiter zurück. Heute sind gerade mal vier übrig. Am Mittwoch feierte Hampel ihren 78. Geburtstag. Sie war die jüngste und letzte Schwester die in das Mutterhaus Breslau eingetreten ist. Schwester Meta Ludwig ist mit 95 Jahre die älteste der Schwestern. Sie war lange Jahre Gemeinde- und Krankenschwester in Eschwege und in Königsberg. Bis 1972 fuhr sie mit einem 125-er Motorrad zu den Alten und Kranken. Seither lebte sie im Haus "Gottestreue" in Marktheidenfeld.

    "Wer kann unsere Arbeit weiterführen? Wer übernimmt einmal die Gebäude und Einrichtungen? Wer sorgt für unsere altgewordenen Schwestern? Diese Frage stellte sich uns 1980", erinnert sich Getrud Hampel. Von Rummelsberg bei Nürnberg, wo sich eine der größten Diakonen-Bruderschaft befindet, kam 1981 Hilfe und mit Diakon Dorn ein Geschäftsführer. 1987 entstand ein Alten- und Pflegeheim mit 64 Pflegeplätzen. Auch Haus "Gottestreue" wurde 1988 saniert und mit Nasszelle und Kochecke ausgestattet. 1988 kam der Augenblick, wo auf Beschluss des Vorstandes und Verwaltungsrates die Übergabe der Gebäude und Ländereien des Lehmgrubener Diakonissen-Mutterhaus Breslau-Marktheidenfeld an die Rummelsberger Anstalten notariell vollzogen wurde. Hampel: "Wir waren glücklich."

    "Wenn wir einstmals vergessen sind", so die Oberin weiter, "wird in diakonischem Geist der missionarische Auftrag, den unser Mutterhaus in Breslau begonnen und in Marktheidenfeld fortgeführt hat, durch die Rummelsberger Anstalt an vielen kranke und alte Menschen weitergeführt." Dafür, dass die Diakonissen unter der Fürsorge von Rummelsberg ihren Feierabend hier in diesem Haus verleben, sind alle dankbar. "Um Neues entstehen zu lassen, muss Altes weichen", sagt Hampel mit Blick auf den Abbruch.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden