Vor 180 Jahren waren es die Spitzwiesen, gleich neben den Holz-Platz-Wiesen entlang der Wombacher Straße. Ab 1936 war es dann Gärtnerei – über 80 Jahre lang. 2017 stellte die Gärtnerei Hutzel den Betrieb ein, im vergangenen Jahr ließ Inhaberin Katja Lorenz das Gelände weitgehend räumen: Die Gewächshäuser aus Glas sind verschwunden und nur noch an den Grundrissen erkennbar. Lediglich der Kamin in der Mitte und Lorenz' Elternhaus am Ostrand sind stehen geblieben. Ein Hektar wertvolles Land, gelegen zwischen der Feuerwache und den Stadtwerken, liegt brach. Lorenz will es verkaufen.
Die Richtung ist klar angesagt
"Das dauert länger als gedacht", teilte sie im Oktober 2018 auf Anfrage der Redaktion mit. Knapp ein Jahr später hat diese Auskunft immer noch Gültigkeit. Was ihr nach wie vor vorschwebt, ist eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe. "Das ist die Richtung, die uns interessiert", bekräftigt sie auch auf die aktuelle Nachfrage hin.

Als Gärtnermeisterin sei sie rechtlich gesehen eine Landwirtin gewesen, erklärt sie. Schließlich habe die Gärtnerei Hutzel zu 100 Prozent eigene Produkte verkauft. Planungsrechtlich ist die Fläche laut Auskunft der Stadt im Flächennutzungsplan als Mischgebiet und Dorfgebiet dargestellt.
Was der Bebauungsplan zulässt
Vom Bebauungsplan her handelt es sich um einen "nicht überplanten Innenbereich im Sinne des Paragrafen 34 des Baugesetzbuchs. Dieser besagt, dass "Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist". Dabei müssen "die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (...) gewahrt bleiben" und: "Das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden."
Nun liegt das Areal einerseits zwischen Bauhof, Feuerwache und den Stadtwerken. Die andere Seite der Wombacher Straße ist geprägt von Wohnbebauung. Zum künftigen Neubau des Klinikums ist es vom Hutzel-Areal aus nur ein Katzensprung, nicht einmal ein halber Kilometer. Der Ansatz für eine gemischte Nutzung scheint also durchaus vernünftig und auch realisierbar.
Doch wer soll's machen? Der Stadtrat hat abgewunken. "Es ist richtig, dass die Stadt für den Ankauf weiterer Flächen aktuell kein Geld zur Verfügung hat", erläuterte Bürgermeister Mario Paul in einem Interview im November 2018. Am Ende sei es natürlich immer eine Frage des Preises – gerade, wenn eine Kreditaufnahme nötig wäre.
Warum die großen Betriebe alle abgeblitzt sind
So gibt Lorenz selbst die Richtung vor. Und diese umschreibt sie nach wie vor vage. "Offen sein und gucken, welche Gewerke überhaupt zusammenpassen." Die großen Betriebe der Stadt hätten auf der Suchen nach Gewerbefläche alle schon angeklopft. Doch Lorenz hat alle abblitzen lassen. Von "teilweise frechen Angeboten" spricht sie, davon, dass Firmen nur "günstigste Gewerbepreise" geboten hätten, die in etwa halb so viel einbringen wie Baugrund für Wohnungen.

Doch dies allein war gar nicht ausschlaggebend. Wie Lorenz in einem Telefonat mit der Redaktion ausführte, hätten alle Betriebe das Areal ausschließlich gewerblich nutzen wollen – und das sei genau das, was sie nicht wolle. "Das ist mein Elternhaus", schildert sie ihre Motivation. "Ich hab da fast 50 Jahre gelebt und erlebt, dass es sich dort gut leben lässt. Man kommt zu Fuß in die Stadt, es ist ein angenehmes Wohnen dort." Nur für Lagerfläche sei das Areal "zu schade" und sie verkaufe "nicht zu jedem Preis" und auch nicht an jemanden, der dort Billig-Anbieter oder Discounter ansiedeln wolle.
Die Suche nach den passenden Partnern
Weil sie nach wie vor etwas tun will, berufstätig bleiben will, hat die Gärtnermeisterin nun die Regie über den Campingplatz des TSV Lohr übernommen. Daneben ist sie freilich nach wie vor bemüht, zueinander passende Partner zusammenzubringen. "Es wär natürlich schön, wenn es ein großer Investor kaufen würde", sagt Lorenz, "vielleicht auch zwei oder drei." Das müssten demnach zwei oder drei sein, die ihr Ziel – Wohnen und Gewerbe – auf dem Hutzel-Areal verwirklichen würden.
Die Geschichte der Gärtnerei Hutzel Die Gärtnerei Hutzel wurde 1850 von Jakob Hutzel gegründet und war seitdem in Familienbesitz. In der Wombacher Straße war sie seit 1936 angesiedelt. 1951 errichtete Josef Hutzel in der östlichen Ecke des Geländes ein Wohnhaus. Bis 2017 produzierte Inhaberin Katja Lorenz in der Gärtnerei Pflanzen, die ihr Cousin Joachim Hutzel in der Blumenhalle am Oberen Tor in der Innenstadt verkaufte. 13 Jahre lang hatte sie den Verkauf verpachtet, 2017 dann ihrem Cousin überlassen. Der Florist wird seitdem von anderen Gärtnern und Großhändlern beliefert. Den Gärtnerei-Betrieb stellte Lorenz im Juni 2017 ein. Gut ein Jahr später ließ sie die Gewächshäuser abreißen.
