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LOHR: Eisengießer sollen wieder Stolz empfinden

LOHR

Eisengießer sollen wieder Stolz empfinden

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    André Kramer ist seit gut einer Woche Chef der Rexroth-Gießerei in Lohr. Er will es lange bleiben.
    André Kramer ist seit gut einer Woche Chef der Rexroth-Gießerei in Lohr. Er will es lange bleiben. Foto: Foto: Johannes Ungemach

    Es gibt womöglich günstigere Momente, um eine neue Aufgabe zu übernehmen. Auf der anderen Seite: André Kramer kann jetzt als neuer Chef der Lohrer Gießerei der Bosch Rexroth AG nach vorne blicken. Den sich über Monate hinziehende Konflikt zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite um Stellenabbau und Auslagerungen in der seit Jahren kriselnden 600 Mitarbeiter zählenden Gießerei hatte noch sein Vorgänger Florian Müller ausgefochten.

    Sanierung soll Zukunft der Gießerei sichern

    Jetzt, nachdem die Suche nach einem für beide Seiten akzeptablen Kompromiss gescheitert ist, beginnt die Sanierung. Bis zu 145 Stellen könnten entfallen, größere Teile der Kern- und Werkzeugmacherei ausgelagert werden.

    „Diese Sanierung ist wichtig. Wir sichern damit die Zukunft der Gießerei“, macht Kramer im Gespräch mit der Lohrer Presse deutlich, dass der Weg für ihn klar ist. Ziel müsse sein, dass die Gießerei wieder Geld verdiene. Dazu müsse man „Kosten und Flexibilität in den Griff kriegen“, so der 46-Jährige.

    Belegschaft will wissen, wie es weitergehrt

    Seit seinem Amtsantritt am 1. Oktober habe er das Gespräch mit vielen Mitarbeitern gesucht. Der dabei gewonnene Eindruck: „Die Leute kennen die Situation.“ Die Einsicht, dass gehandelt werden müsse, sei da. „Die Leute sind froh darüber, dass es jetzt Klarheit über den Weg gibt“, sagt Kramer mit Blick auf das Sanierungskonzept. Es herrsche nun allerdings großer Informationsbedarf. „Die Belegschaft will wissen, was wann mit wem passiert“, bringt es Kramer auf den Punkt.

    Neuer Chef will Dialog mit Belegschaft und Betriebsrat suchen Ihm sei daher wichtig, sehr nah an der Belegschaft zu sein. Er strebe auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat an, sagt der neue Chef und spricht von offenem und konstruktivem Dialog. „Wir werden die Sanierung nur zusammen schaffen. Es ist unsere gemeinsame Zukunft, wir müssen sie gemeinsam gestalten“, so Kramer. Hohe technische Kompetenz und Berufsehre gespürt

    In den ersten Tage in der Gießerei hat Kramer etliche Rundgänge durch das Werk gemacht, den Kontakt zu den Mitarbeitern gesucht. Von der ihm entgegengebrachten Freundlichkeit und Offenheit zeigt er sich beinahe überschwänglich begeistert, sprich von familiärer Atmosphäre: „Es fühlt sich an, als hätte ich nie woanders gearbeitet“, sagt Kramer und erklärt sich das so: „Das liegt daran, wie Gießer ticken.“ Diese trügen das Herz auf der Zunge. Es gebe ein hohes Maß an Berufsehre und Stolz auf das, was man tue. Er habe im Betrieb neben einer hohen technischen Kompetenz auch eine große Verbundenheit und Leidenschaft mit der Arbeit gespürt. „Das passt zu mir“, sagt Kramer.

    Er ist überzeugt davon, dass sich die Identifikation der Belegschaft mit dem Betrieb noch steigern wird, wenn es gelingt, diesen in die Erfolgsspur zurück zu führen. „Das wird auch wieder Stolz erzeugen“. dieser Stolz sei wichtig für die Mitarbeiter und die Region.

    „Es ist unsere gemeinsame Zukunft, wir müssen sie gemeinsam gestalten.“

    Gießerei-Chef André Kramer über den Weg der SanierungT

    Freilich werde die Sanierung nicht einfach, kündigt Kramer an. Er sei jedoch „überzeugt, dass es der richtige Weg ist“. Gerade die während der Verhandlungen von der Arbeitgeberseite vehement kritisierte Auslagerung der Kernmacherei sieht Kramer als einen wesentlichen Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg.

    Auslagerung der Kernmacherei soll Wirtschaftlichkeit steigern

    Schon seit Jahren gebe es Firmen, die sich auf die Herstellung der Kerne spezialisiert hätten. Bei diesen Kernen handelt es sich um die Sandgebilde, die beim Guss die Hohlräume freihalten und nach Erstarren des Stahls herausrieseln. Spezialisierte Firmen könnten diese Kerne in der erforderlichen Qualität und Flexibilität zu deutlich niedrigeren Kosten als Rexroth herstellen, so Kramer.

    Die Konkurrenz greife auf diese Anbieter zurück. Rexroth müsse es auch tun, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern.

    Komplexe Kerne werden weiterhin in Lohr gefertigt, um Know-how nicht zu verlieren

    Allerdings werde man sicher nicht die gesamte Kernmacherei auslagern, so der 46-Jährige. Gerade komplizierte Kerne werde man weiter in der Rexroth-Gießerei fertigen. „So behalten wird das Know-how und bleiben mit den Lieferanten auf Augenhöhe“, erklärt Kramer.

    Ziel: Auslastung auch durch konzerninterne Aufträge steigern Neben den Kosten und der Produktivität hat er auch die Auslastung der Gießerei im Blick. Man sei mit einem eigenen Vertrieb stark bemüht, neue Kunden von extern zu gewinnen. Daneben müsse es auch ein Ziel sein, die Versorgung des eigenen Konzerns mit Gussteilen auszubauen. Dies könne freilich nur bei einer besseren Wirtschaftlichkeit gelingen, so Kramer. Die Lohrer Gießerei sieht er in Zukunft vor allem auf komplizierte und anspruchsvolle Gussteile ausgerichtet. Nur so könne man sie an diesem Standort langfristig erhalten, so Kramer. Er rechnet damit, dass die entsprechende Umstrukturierung mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Neuer Chef will lange bleiben und Gießerei dauerhaft erhalten

    Kramer selbst will die Geschicke der Gießerei jedoch weit darüber hinaus lenken: „Ich hoffe, dass ich es deutlich länger als drei oder fünf Jahre machen darf. Ich plane kein Ende.“ Und: „Bei einem Flugzeug im Steigflug wechselt man nicht den Kapitän aus.“ Er erachte Konstanz als wichtig, so Kramer. Sein Ziel sei es, das 250-jährige Bestehen der Gießerei in Lohr im Jahr 2045 miterleben und ihr dazu gratulieren zu dürfen – dann allerdings als Rentner.

    An diesem Mittwoch kann Kramer seine Vorstellung vom Weg der Gießerei in eine erfolgreichere Zukunft der gesamten Belegschaft präsentieren, bei einer Betriebsversammlung. Allerdings, so kündigt der neue Mann am Ruder an, wolle er sich auch dabei zunächst einmal „auf das Zuhören konzentrieren“.

    Der neue Gießerei-Chef André Kramer ist seit 1. Oktober der neue kaufmännische Leiter der Rexroth-Gießerei, die aktuell rund 600 Mitarbeiter beschäftigt. Der 46-Jährige ist gebürtig aus Erlangen in Mittelfranken. Dort hat er 1985 zunächst eine Ausbildung zum Stahlformenbauer absolviert und später Maschinenbau und Fertigungswesen studiert. Nach dem Studium kam Kramer im Jahr 2000 zum Bosch-Konzern und 2002 schließlich zu Rexroth nach Lohr, wo er in einer Projektgruppe bei der Integration von Rexroth in den Bosch-Konzern mitarbeitete. In den Jahren danach durchlief Kramer für Rexroth im In- und Ausland Führungspositionen, arbeitete unter anderem am Aufbau eines neuen Werkes in Ungarn mit. Von 2009 bis 2014 war er bereits für den Einkauf der Gießerei verantwortlich, ab 2014 Bereichsleiter für den gesamten Einkauf in Lohr. Die Spessartstadt bezeichnet Kramer als seine Wahlheimat. Seine Frau stammt von hier, in Sendelbach hat er ein Haus gebaut. Kramer hat zwei Kinder im Grundschulalter. Neben der Familie füllen das Mountainbiken und Motorradfahren seine Freizeit.

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