"All eyez on uz" - Alle Augen auf uns - wählten sich die 20 Entlassschüler der Mittelschule Zellingen selbstbewusst als Motto für ihre Abschlussfeier. Der, auf den sich im Unterricht oft alle Augen richteten, verlässt ebenfalls die Schule – ihr Klassenlehrer Manfred Rüger geht nach 5000 Schultagen in Zellingen in den Ruhestand.
Wie Schulleiterin Katja Leipold vor der Zeugnisübergabe stolz feststellte, bestanden alle 20 Schüler der ehemaligen Klasse 9a die Abschlussprüfung der Mittelschule, 80 Prozent davon erwarben auch den qualifizierenden Schulabschuss. Die Jahrgangsbesten sind allesamt Mädchen: Kerstin Feser mit 1,6, Anika Poschmann mit 1,7 und Kyana Lambey mit 2,0. Dazu kamen fünf externe Schüler die allesamt den "Quali" bestanden. Die Zeugnisübergabe wurde mit Bildern der Schüler aus Kindheitstagen und Ausschnitten ihrer Lieblingslieder stimmungsvoll gestaltet.
Nach dem schwungvollen Auftakt, der Chor der fünften Klasse sang "ein Hoch auf uns", stellte Schulleiterin Katja Leipold das Erinnern und das Vergessen an den Anfang ihrer Rede. Es gebe sicher vieles aus den fünf Jahren an der Mittelschule, an das sich die Schüler erinnern, aber noch viel mehr, das sie vergessen haben. Das sei so, weil das Gehirn alles, was den Menschen einprasselt, in wichtig und unwichtig trenne. Doch funktioniere das Gedächtnis nicht wie eine Bibliothek, die Erinnerungen würden bei jedem Abruf mit Erfahrungen und Wissen manipuliert, deshalb gäbe es so viel grandiose Kindheiten und Eltern, die schon immer alles gewusst haben.
Drei Ratschläge gab die Rektorin den Schülern mit auf den Weg: "Kopf hoch – schaut nicht nur auf's Handy – und überlegt, warum Google, Apple und Microsoft scheinbar kostenlos vieles möglich machen." Auch solle jeder auf seine Sprache achten, auch in sozialen Netzwerken. Vor allem aber: "Schätzt das Erleben in der Realität – habt Spaß am Leben und alles Gute!":
Ein paar Erinnerungen samt Bildern präsentierten die Schüler wenig später. Vom ersten Ausflug als fünfte Klasse zur Würzburger Residenz über den Eisbahnbesuch vor zwei Jahren bis zur Phase der Berufsfindung im Jahr 2018 und der Abschlussfahrt nach München mit Besuch der Bavaria Filmstudios.
Für den Schulverband gratulierte sein Vorsitzender Wieland Gsell den Schülern. Er zeigte sich über das Motto "All eyez on uz" als Hommage an den Raper 2Pac etwas erschrocken, kennt er doch dessen Vita. Er schaffte es von ganz unten an die Spitze der Billboard Charts, wurde aber auch angeschossen, saß wegen sexueller Belästigung im Gefängnis und fand mit 25 Jahren einen gewaltsamen Tod. Auch wenn 2Pac zwei Jahre auf einer besseren Schule als die glücklichsten seines Lebens bezeichnete und sozial engagiert war, sei er als Vorbild nicht geeignet. Er riet den Absolventen: "Denkt nicht nur ans Geld, sondern auch an die Werte, die euch Eltern und Schule vermittelten.
Für den Elternbeirat hielt Jürgen Keller eine etwas andere Rede. Kaum hatte er begonnen, klingelte auch schon sein Handy und er meldete sich mit "Bundesanstalt zur Verwertung entlassener Schüler". Ja, er könne liefern: redegewandte junge Damen ebenso wie gut aussehende junge Herren, zuverlässige Menschen (kamen immer wieder zuverlässig zu spät) und kreative Leute (ihre Ausreden bewiesen es). Nach dem Ende des Scheingesprächs stellte er fest, viele Firmen suchten heutzutage Nachwuchs. Der einfachste Weg sei aber nicht immer der Richtige. Er zitierte den Apple-Mitbegründer Steve Jobs: Zufrieden sei wer glaubt, großartige Arbeit zu leisten. Der einzige Weg dafür sei zu lieben was man tut.
Bei der Verabschiedung von Manfred Rüger stellte Schulleiterin Katja Leipold fest, dass er schon Referendar an der damaligen Hauptschule Zellingen war, dann zehn Jahre im "Exil" (Hauptschule Arnstein) verbracht habe, ehe er nach Zellingen zurückkehrte und blieb. Über seine eigentliche Arbeit hinaus habe er als Praktikumslehrer (Ausbilder) und Verkehrsbeauftragter für die Schülerlotsen gewirkt. Für die Arbeit als Schülerlotsen dankte Stefan Kaiser von der Polizei Karlstadt den Entlassschülern Balthasar Brimer, Batuhan Cakmanus, Anika Poschmann, Emma Lemmich und Leonie Worm
Manfred Rüger selbst blickte auf seine "Zellinger Schulzeit" ab September 1994 mit einigen Zahlen zurück: 25 Jahre bedeuteten 5000 Schultage oder 27 000 Unterrichtsstunden. Der Arbeitsweg von Würzburg nach Zellingen summiere sich auf 260 000 Kilometer, also sei er sechseinhalb Mal um die Erde gefahren. Zum Lied "The final Countdown" verabschiedete er sich gestenreich in die ganz großen Ferien – sechs Monate zweimal im Jahr.
Bei seiner letzten Klasse, die er als achte Klasse übernahm, ist er stolz darauf, dass alle Verabschiedeten eine Perspektive haben. Die Ausbildungsverträge reichen von Kinder- und Altenpflege über Handwerk wie Bäcker, Heizungsbauer und Kunstschmied bis zur Verwaltungsfachkraft und Arzthelferin, drei Schüler wollen über die M-Klasse in Karlstadt die mittlere Reife erwerben.
Natürlich verabschieden sich auch seine Schüler - "Wir machten es Ihnen nicht immer leicht, doch Sie wollten nur das Beste für uns" - und Ilona Lambey im Namen des Elternbeirats mit kleinen Geschenken von Manfred Rüger.
Die EntlassschülerAnn Araza, Kerstin Feser, Ronja Heßdörfer, Kyana Lambey, Emma Lemmich, Anika Poschmann, Rena Schipper, Juliane Schmitt, Leonie Worm, Omar Alowla, Balthasar Brimer, Batuhan Cakmanus, Chris Gehrsitz, Jan Goldstein, Julien Kleinfeller, Samuel Kuhn, Deshawn McElroy, Timo Seubert, Jakub Wiercinski.