Seit 2020 gibt es an der Lohrer Grundschule eine in dieser Form im Landkreis einmalige Einrichtung: die so genannte FIT-Klasse. Die Buchstaben stehen für F wie flexibel, I wie individuell und T wie temporär. In der Klasse wird mit stark erhöhtem Personalaufwand einer begrenzten Zahl an Schülern eine spezielle Förderung geboten. Es geht beispielsweise um das Arbeiten an mit Problemen verbundenen Verhaltensweisen oder das Bewältigen persönlicher Traumata. Die Verantwortlichen beschrieben das Konzept am Mittwoch im Stadtrat als Erfolgsmodell. Es gibt bereits das Interesse einer Nachahmung.
Ob es eine solche Nachahmung an anderen Schulen geben wird, ist offen. An der Lohrer Grundschule jedoch soll die Fit-Klasse auf jeden Fall fortgeführt werden. Der Stadtrat stimmte einer entsprechenden Kooperationsvereinbarung mit dem Staatlichen Schulamt, dem Jugendamt und der Regierung von Unterfranken am Mittwoch einstimmig zu.
Auth: Können stolz sein
Schulamtsleiterin Karin Auth sprach im Stadtrat davon, dass man "sehr stolz" auf das sei, was an der Lohrer Grundschule geleistet werde. Bei ihrer Etablierung vor vier Jahren sei die FIT-Klasse auch von Skepsis begleitet gewesen. Doch die Bedenken, dass die in der Klasse zusammengezogenen Schüler mit Problemen vom übrigen Schulbetrieb isoliert würden, hätten sich nicht bewahrheitet. Mittlerweile, so Auth, sei das Konzept derart anerkannt, dass es auch für Schüler aus Umlandgemeinden Anfragen gebe.
Die Kapazität der Klasse ist laut Schulleiter Wolfgang Schmitt auf 13 Schüler begrenzt. Aktuell würden zwölf Kinder von der zweiten bis zur vierten Klasse unterrichtet. Der Lehrplan sei der gleiche wie in einer "normalen" Klasse. Auch die Prüfungen seien identisch, erklärte Schmitt. In der FIT-Klasse gebe es jedoch ein zusätzliches Unterrichtsfach: "Ich und andere." Dabei gehe es um gutes Sozialverhalten.
Schmitt betonte, dass Kinder nur dann in die Fit-Klasse kommen, wenn zuvor über einen längeren Zeitraum Hilfsangebote und Förderprogramme innerhalb der normalen Klasse keine Früchte getragen hätten. Auch sei die Zustimmung und Akzeptanz der Eltern Voraussetzung, so Schmitt.
Er gab einen Überblick über die Probleme, die Kinder in der Fit-Klasse haben. Von Schulangst über fehlende Impulskontrolle oder Empathiedefizite bis zu familiären Krisen reichte die Aufzählung.
"Pfund an Personal"
Das Besondere an der Fit-Klasse sei das "Pfund an Personal" das dort im Einsatz sei. In der Regel seien immer zwei Kräfte in der Klasse. Auch im Umfeld arbeiteten Pädagogen an der Vernetzung mit dem außerschulischen Bereich oder anderen Schulen. Es gebe Einzelgespräche mit Eltern und Kindern.
Ziel sei es, dass die Kinder nach ein paar Wochen oder Monaten in die Regelklasse zurückkehren. Auch zwischendurch besuchen sie stundenweise immer wieder den Unterricht in der Ursprungsklasse, weswegen es keine Isolation gebe, so Schmitt. "Man merkt Erfolge", sagte der Schulleiter über das Konzept. Er bezeichnete die FIT-Klasse als "sehr, sehr gute Geschichte", was sich mittlerweile auch in einer größeren Akzeptanz unter Eltern widerspiegele.
Auch der schulische Erfolg gebe dem Projekt recht, so Schmitt. Bislang seien alle Schüler der Fit-Klasse nach der Grundschulzeit an Mittelschule, Realschule oder Gymnasium gegangen, keiner oder keine an die Förderschule. Die Schüler sagen laut Schmitt fast ausnahmslos, dass ihnen die Fit-Klasse gutgetan habe. Und auch die Lehrer in den Regelklassen profitierten, wenn häufig den Unterricht störende Kinder vorübergehend die Fit-Klasse besuchten.
"Der Erfolg gibt Recht", konstatierte Bürgermeister Mario Paul. Es sei wichtig, dass der Stadtrat seinerzeit den Mut bewiesen habe, die Fit-Klasse zu unterstützen.
Auch aus den Reihen der Räte gab es ausnahmslos positive Stimmen. Torsten Ruf (ÖDP) fragte gar, ob man das Konzept nicht ausbauen müsse. Dem hielt Schulamtsleiterin Auth entgegen, dass viele andere Schulen auch gerne eine FIT-Klasse hätten. Doch dafür reichten die personellen Ressourcen nicht aus.
Appelle an die große Politik
Paul und andere Ratsmitglieder ließen durchblicken, dass man auf die Bildungspolitik einwirken müsse, um solche Konzepte auf breiter Front zu etablieren. Schließlich zeigten Studien, dass jeder in die Bildung investierte Euro sich volkswirtschaftlich mehr als auszahle, so der Bürgermeister.
Der Stadt selbst entstehen durch die FIT-Klasse keine direkten Kosten. Die Personalkosten würden über das Schulamt und das Jugendamt gedeckt, so die Auskunft des Rathauses.
Der Erfolg der Lohrer FIT-Klasse soll auch künftig alle zwei Jahre per Evaluation untersucht werden.