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MICHELRIETH: Es begann in Michelrieth

MICHELRIETH

Es begann in Michelrieth

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    Titelumschlag: Das Buch „Little Pilgrim to Penn's Woods“ von Edna Albert mit einer Illustration von Esther Brann.
    Titelumschlag: Das Buch „Little Pilgrim to Penn's Woods“ von Edna Albert mit einer Illustration von Esther Brann. Foto: Repro: Martin Harth

    Im 18. Jahrhundert machten sich viele Familien aus der Grafschaft Wertheim auf den Weg nach Amerika. Ein besonders anschauliches Beispiel ist die Auswanderung einer Michelriether Familie, die nach rund 175 Jahren zur Grundlage eines Romans der Nachfahrin Edna Albert wurde. Im Jahr 1930 erschien die Erzählung „Little Pilgrim to Penn's Woods“ erstmals im Verlag von Longmans, Green & Co. und erreichte bis in die Sechziger Jahre zahlreiche Auflagen.

    Professor Don Yoder aus Allentown (Pennsylvania) umschrieb 1948 den Inhalt von Alberts Buch. Ihre Feder beschreibe in entzückender Weise, aber auch mit historischer Treue das Leben im deutschen Heimatdorf im 18. Jahrhundert, dann die Reise auf Main und Rhein bis Rotterdam, die beschwerliche Seereise und den Bau eines neuen Heims in Penns Wäldern (Pennsylvania).

    Von Heimatkundlern empfohlen

    Nichts fehle in dem Buch, so die Unterhaltung mit dem Wertheimer Grafen Carl (vermutlich Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim-Virneburg, 1712-1779), der Segen des Pfarrers Dennscherz, der letzte, lange Ausblick nach der alten Heimat, als das Schiff den Fluss hinabfuhr. „Little Pilgrim“ gehöre zu den poetischsten Schilderungen vom Leben der Pennsylvania-Deutschen des 18. Jahrhunderts. Noch heute wird die Erzählung vom York County Heritage Trust als Material für heimatkundlichen Unterricht empfohlen.

    Die Illustrationen des Bands mit 300 Seiten stammen von Esther Brann (1899-1998), einer mehrfach ausgezeichneten Illustratorin von Kinder- und Jugendbüchern. Auf dem Frontispiz kann man Buchheldin Selinda mit ihren Eltern am Römer durch Frankfurt streifen sehen. Der 25. Gouverneur von Pennsylvania, Martin Grove Brumbaugh (1862-1930), Pädagogikprofessor und Rektor einer evangelischen Hochschule, steuerte ein Vorwort zum Buch über Edna Alberts Familiengeschichte bei. Man bemerke bei der Autorin besonders die Liebe für ihre Vorfahren als Reisende in die neue Welt.

    Wenn man genauer in die englischsprachige Erzählung schaut, kommen bald vertraute Namen in den Blick. Selinda, die kleine Pilgerin in die neue Welt, lernt Prinz Carl aus Wertheim in ihrem Heimatdorf Rothenrieth kennen, als der Adlige bei ihrem Vater, Meister Lorentz Reinhardt, einen Wagen in Auftrag gibt.

    Rothenrieth ist Michelrieth

    Bald wird klar, dass Autorin Edna Albert das Dorf Michelrieth, heute ein Stadtteil von Marktheidenfeld, mit Rothenrieth umschreibt. Bald wird auch der Auswanderungswunsch der Familie in die USA deutlich.

    In Wertheim lebt Selindas Tante Apollonia und man besucht die Stadt im folgenden Frühjahr. Der Main und die Tauber tauchen auf, der Weg führt über Waldheim, womit Kreuzwertheim gemeint sein dürfte. Die Begegnung mit dem Landesherrn fällt gnädig aus und die Erlaubnis zur Ausreise wird erteilt.

    In Altfeldt lebt die „kleine Großmutter“ bei Onkel Franz und Tante Charlotte und ihren sechs Kindern in einem kleinen Haus und es gilt, bei den Verwandten Abschied zu nehmen. Auch Großmutter Wolff in Rothenrieth muss Selinda adieu sagen, der „runden Großmutter“, die aus einer Mühle in einem Wald bei Oberwittbach stammte, wie uns das Buch erzählt.

    Schließlich geht es los, von Wertheim mit dem Schiff über Miltenberg nach Frankfurt und weiter zum Rhein bis nach Rotterdam. Mit Volker von Alzey lässt Edna Albert die gebührende Rheinromantik einkehren. Aber damit ist endgültig auf der schweren Überfahrt nach Amerika Schluss, als Selindas jüngere Schwester an Bord stirbt.

    In Amerika führt die Einwandererfamilie der Weg schnell westwärts und die kleine Selinda findet bald mit einem indianischen Familienvater einen Freund in der Fremde. Vor allem diese Betrachtung des Indianers als Partner der Siedler ist eine andere Sichtweise auf die frühe Siedlungsgeschichte der USA, in der den Ureinwohnern bestenfalls die Rolle des „edlen Wilden“ zugewiesen wurde. So zeichnen Edna Alberts „Little Pilgrim to Penn‘s Woods“ viele weitere Blickwinkel aus. Neben dem heimatkundlichen bietet das Buch auch interessante Aspekte der religiös orientierten Auswanderer, deren Spuren im konservativen „Bible Belt“ der USA besonders spürbar sind.

    Schriftstellerin Edna Albert

    1879 wurde in Manor, Pennsylvania, die Kämpferin der Christlich-Konservativen in den USA, Edna Albert, geboren. Zeit ihres Lebens war sie in evangelischen Frauen-Organisationen wie dem YWCA aktiv. Albert war als Englisch-Lehrerin in Delaware und dann ab 1907 am Lycoming-College in Williamsport in Pennsylvania tätig. Der konservativ-religiösen Frauenorganisation „Concerned Women for America“ und der christlichen Abstinenzler-Bewegung stand sie nahe. Sie wetterte gegen den Alkoholkonsum, wollte die Prostitution von der US-Armee fernhalten und sprach vor Politikern aus Adams und York-County über die Übel des Konsums von Marihuana-Zigaretten. Im religiösen und öffentlichen Leben des Adams County in Pennsylvania war Edna Albert als talentierte Autorin bekannt. Ihr Buch „Little Pilgrim to Penn's Woods“ fand weithin Anerkennung und wurde an Schulen in Pennsylvania als Zusatzlektüre zum Thema der Kolonisation der USA gelesen. 1950 erhielt Edna Albert eine Auszeichnung von der Pennsylvania Folklore Society. 1952 zog sie sich als kirchliche Archivarin zurück. Edna Albert war Mitglied des Roten Kreuzes und bis an ihr Lebensende in Kirchenvorständen aktiv. Sie kümmerte sich dabei besonders um die Sonntagsschulen und sprach vor allem vor Jugendlichen über Bräuche, Bibelstudien und christliche Literatur. Sie galt im Adams County, als sie älter wurde, nach dem Bericht einer Lokalzeitung als eine etwas exzentrische Dame. Ihr Markenzeichen war ein blaues Cape und ein altes Ford-Automobil, das sie Peter nannte. Edna Albert heiratete nie, aber in ihrem Garten waren sieben große Bäume, die sie gepflanzt hatte, als sie jung war. Diese Bäume bezeichnete sie als ihre Söhne. Die Autorin starb am 3. April 1960 mit 81 Jahren. Text: Maha FOTO: Cook Myers Collection

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