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Lohr: Etliche Pflegereformen und Umbauten gemeistert

Lohr

Etliche Pflegereformen und Umbauten gemeistert

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    Ursula Franz-Marr hat das Caritas-Seniorenzentrum in Lohr 27 Jahre lang geleitet und dabei viel erlebt. Seit September ist sie im Ruhestand. 
    Ursula Franz-Marr hat das Caritas-Seniorenzentrum in Lohr 27 Jahre lang geleitet und dabei viel erlebt. Seit September ist sie im Ruhestand.  Foto: Boris Dauber

    Als Ursula Franz-Marr 1995 die Leitung des Caritas-Seniorenzentrums St. Martin in Lohr übernahm, ist in Deutschland kurz zuvor die Pflegeversicherung eingeführt worden. Das Gesetz war eine der einschneidendsten Änderungen im Sozialsystem. Wer vor der Reform Pflegedienste in Anspruch nahm, musste diese selbst bezahlen. Da die Kosten dafür schnell Renten und Ersparnisse überstiegen und die Zahl der Pflegebedürftigen zunahm, mussten immer mehr alte Menschen Sozialhilfe beantragen.

    Zu Franz-Marrs ersten Herausforderungen als Leiterin des Lohrer Seniorenheims zählte also die Mammutaufgabe, dort die Pflege völlig umzustrukturieren. "Standards zur Qualitätssicherung waren vorher kaum vorhanden. Es gab nur Waschbecken auf den Zimmern, die Toiletten und Duschen waren auf dem Flur", erzählt die heute 65-Jährige. Das Seniorenzentrum genügte den geforderten Standards nicht mehr.

    Vom Alten- zum Pflegeheim

    Anfangs habe es sich bei der 1967 gebauten Einrichtung in Lohr um ein "klassisches Altenheim" gehandelt, erzählt Franz-Marr. Die Bewohner waren meist nicht bettlägerig und benötigten wenig Unterstützung. Sie bekamen ihre Mahlzeiten zubereitet, ihre Wäsche gewaschen und mal einen Verband angelegt, erzählt die Lohrerin, die nach 27 Jahren als Heimleiterin im September in den Ruhestand verabschiedet wurde.

    Im Juni 1997 berichtete eine örtliche Zeitung darüber, wie Ursula Franz-Marr dem Stadtrat das Konzept zur Modernisierung des Alten- und Pflegeheims St. Martin erläuterte. In dem Artikel hieß es, dass "die 120 Plätze bis 1995 in 60 Pflege- und 60 Rüstigenplätze aufgeteilt" waren. Da die Zahl der Pflegebedürftigen stetig wuchs, wandelte das Heim 20 Betten in eine provisorische Pflegestation um und "brachte weitere 15 auf Rüstigenplätzen unter". Der vorhandene Kurzzeitpflegeplatz reiche vorne und hinten nicht, war zu lesen.

    Heim umgebaut und erweitert

    Die Heimleiterin stand somit bereits vor der nächsten großen beruflichen Herausforderung: Ihre Einrichtung wurde von 1998 bis 2003 für rund 18 Millionen Euro umgebaut und erweitert. Die Bauarbeiten, die während des laufenden Betriebs stattfanden, bezeichnet die studierte Sozialpädagogin als abenteuerlich. "Wir sind intern immer wieder umgezogen", erzählt sie.

    Heim als "offenes Haus"

    Besonderen Wert legte Franz-Marr damals darauf, dass das Seniorenzentrum ein "offenes Haus" ist. Mit einem Mittagstisch, der auch für Gäste von außerhalb offen ist, zahlreichen Veranstaltungen und bis zu 80 Ehrenamtlichen, die Gruppenangebote, wie Gedächtnistraining, Klangkreis und Malzirkel in der Einrichtung abhielten, hat sie dieses Ziel erreicht. "Dadurch war viel Leben im Haus, das durch Corona aber extrem gestört wurde", sagt sie.

    Aktuell verfügt das Seniorenzentrum über 146 Dauerpflegeplätze, sieben Einzelzimmer für die Kurzzeitpflege und zwölf Tagespflegeplätze. Aufgrund des Fachkräftemangels können allerdings nicht alle der verfügbaren Betten belegt werden, obwohl der Bedarf da wäre. "Vor rund einem Jahr wurde ein Teilwohnbereich zugemacht", bedauert Franz-Marr.

    Die Caritas in Lohr vermietet zudem 16 barrierefreie Ein- und Zweizimmerwohnungen, zu denen bei Bedarf zusätzliche Serviceleistungen angeboten werden. Heute würden die Leute mit ambulanter Hilfe so lange wie möglich zuhause leben und nur ins Heim ziehen, wenn es nicht mehr anders geht, erläutert Franz-Marr den Wandel. Ihr zufolge ist derzeit ungefähr ein Drittel der Heimbewohner über 90 Jahre alt. Mit 75 gehöre man zu den jungen, sagt sie.

    Teils hohe Ansprüche

    Und noch etwas hat sich verändert: Viele Angehörige haben hohe Ansprüche an das Heim und erwarten eine Pflege rund um die Uhr. "Ich habe aber keine Pflegekraft, die den ganzen Tag neben der Person sitzt", betont die langjährige Heimleiterin. Für einen Bewohner mit dem höchsten Pflegegrad 5 stehen nach dem geltenden Pflegeschlüssel beispielsweise täglich 141 Minuten Pflegezeit zur Verfügung.

    Die Liste an Aufgaben für die Pflegekraft, die in dieser Zeit zu erledigen sind, ist überwältigend lang: Sie muss beispielsweise Medikamente verabreichen und Essen verteilen, den Heimbewohner duschen, dessen Zimmer aufräumen und das Bett machen, ihm bei Toilettengängen und dem An- und Auskleiden behilflich sein.

    Viele Dokumentationspflichten

    Im Zeitkontingent inbegriffen sind auch die umfangreichen Dokumentationspflichten, die laut Franz-Marr nach der Pflegereform im Jahr 2017 noch komplizierter geworden seien. "Das ist für die Mitarbeiter sehr belastend", sagt sie. Ihr Fazit, was die Pflegepolitik aus Sicht der Pflegenden betrifft, fällt daher vernichtend aus: "Man versucht, immer wieder Erleichterungen zu schaffen, aber es ist noch nichts Gescheites dabei herausgekommen."

    Ursula Franz-Marrs letzten Jahre im Job waren besonders schwer: Die Corona-Pandemie hatte die Pflege in den Heimen in den Ausnahmezustand versetzt. Anfangs mussten ihre Mitarbeiter in Malerkitteln und mit selbst genähten Masken, die von Bürgern gespendet worden waren, arbeiten. Im Dezember 2020 starben nach Aussage der 65-Jährigen 14 Heimbewohner an oder mit Corona. "Es war wie ein Albtraum", resümiert sie. Lobende Worte findet sie für ihre Mitarbeiter, die trotz hoher Ansteckungsgefahr zur Arbeit gekommen seien und die Bewohner gepflegt hätten.

    Chronik der Einrichtung

    Auch im Ruhestand beschäftigt sich die Lohrerin weiter mit dem Seniorenzentrum. Um Pflege- und Schichtpläne wird es dann aber nicht mehr gehen. Franz-Marr stellt eine Chronik der Einrichtung zusammen, die 1967 als Altenheim ihren Anfang nahm. Die 65-Jährige möchte aber auch öfter verreisen und eigene kreative Ideen umsetzen. "Mir wird schon nicht langweilig", sagt sie. Zumindest in diesem Punkt wird sie sich nicht umstellen müssen.

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