Weltweit sind einem UN-Bericht zufolge eine Million der schätzungsweise acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Einer, der sich dagegenstemmt, ist Bernold Schenk. Der in Sachsenheim ansässige Arzt besitzt zahlreiche Flächen, die er nach den Richtlinien des Vertragsnaturschutzes bewirtschaftet. Es geht darum, sie von Verbuschung freizuhalten. Die kürzlich von Siegfried Kimmel, dem ehemaligen Eußenheimer Förster, geäußerte Kritik an dieser Entbuschung wirkte auf Schenk wie ein Angriff.
Denn Kimmel prangerte unter anderem die Flächen am Eußenheimer "Giebel" an. "Hier wird mit Steuergeldern Wüste geschaffen", so seine provozierende Aussage. Stattdessen fordert er: "In Zeiten der Klimakrise müsste man stattdessen überall aufforsten, wo es irgendwie möglich ist."
Schenk ist Eigentümer des unter Naturschutz stehenden Bergsporns "Giebel". "Wir haben hier eine außergewöhnliche Situation mit einer außergewöhnlichen Vielfalt", sagt er und fragt: "Soll gerade dieses Stück verbuschen – oder gönnen wir uns den Erhalt der Artenvielfalt?" Es gehe lediglich um 30 Hektar, betont er. Und er zieht einen Vergleich zum Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehr von durchschnittlich zwölf Hektar täglich in Bayern!
56 verschiedene Pflanzenarten
Vor fünf Jahren habe eine Kommission des Amts für Landwirtschaft die Fläche am "Giebel" geprüft. Dabei sei an ihn die Forderung gerichtet worden, sie intensiv zu entbuschen. 50 bis 70 Mutterschafe plus eine Handvoll Ziegen sorgen von April bis September dafür, dass der Bewuchs kurz gehalten wird. Was die Schafe nicht fressen, darüber machen sich die Ziegen her. Die Beweidung ist in Segmente eingeteilt, sodass die Tiere einen Abschnitt nach dem anderen abfressen. Das garantiert, dass es immer Abschnitte mit unterschiedlich hohem Bewuchs gibt. Dies sei die vernünftigste Art der Freihaltung, sagt Schenk. Würde man das mit Maschinen machen, so müsste auch der Schnitt immer wieder abtransportiert werden.
Mit seinem Engagement stößt Schenk auf breite Anerkennung. Der bundesweit anerkannte Karlstadter Pflanzenexperte Franz-Georg Dunkel nennt den "Giebel" ein "tolles Gebiet". Ohne Pflege und Beweidung würde es verloren gehen. Manche Pflanzen brauchen die von Kimmel kritisierten offenen Böden.
Und auch manche Insektenarten sind darauf angewiesen. Biologin Christiane Brandt vom Landschaftspflegeverband Main-Spessart nennt mit dem Erdbockkäfer und dem Pillendreher zwei äußerst seltene Arten. Letzterer braucht den Kot der Tiere, in den er seine Eier legt. "Diese Arten finden sich nur auf Extremstandorten", sagt sie. Begeistert ist sie davon, dass der "Giebel" weiter oben bewusst extensiv beweidet ist. "Das hat Dr. Schenk hat super gemacht", sagte sie nach einer Begehung Ende Oktober.
Zu den besonders seltenen Pflanzenarten am "Giebel" gehören das "Karlstadter Steinbrech-Habichtskraut", lateinisch Hieracium saxifragum Fr. subsp. carolipolitanum Dunkel, und die "Kleine Felskresse", lateinisch Hornungia petraea. Bekannter sind die Adonisröschen und Küchenschellen.
Bei der "Wiesenmeisterschaft 2015 Spessart und Odenwald" hat Schenk mit einer Wiese am "Giebel" den sechsten Platz belegt. 56 verschiedene Pflanzenarten kommen an diesem Standort vor – in Folge mit den darauf angewiesenen Insekten. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft und der Bund Naturschutz in Bayern hatten diese Meisterschaft gemeinsam veranstaltet und ihn ausgezeichnet.
Wo könnte Buschwerk entstehen?
Prinzipiell sieht Schenk ebenfalls die Wichtigkeit von Wald und Gebüsch fürs Klima. Er habe sich Gedanken gemacht, welche Flächen dafür in Deutschland zusätzlich infrage kommen könnten. "An allen Straßenrändern könnte jenseits der Leitpfosten das Grün sprießen. Das wäre eine extreme Zunahme an Buschwerk." Letztlich würde das sogar den Lärmpegel dämpfen und die Luft ein Stück weit reinigen.
Und Freiflächen für Photovoltaik zu nutzen sieht er kritisch. Es sollte ein Gesetz geben, wonach stattdessen alle Hallendächer mit Modulen bestückt werden müssen. "Und wer sie nicht selbst nutzt, muss die Dächer verpachten." Das würde Flächen schonen.
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