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KARLSTADT: Feige revolutioniert die Restaurierung

KARLSTADT

Feige revolutioniert die Restaurierung

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    Ein Kunstglaser bei der Arbeit: Mit dem Messer öffnet Kunstglaser Wolfgang Feige das biegsame Blei, in dessen H-Profil das Glas sicher eingefasst ist. So kann er die defekten Glasscheiben herausnehmen und neue einsetzen, ohne dass das bloße Auge die Reparatur sieht.
    Ein Kunstglaser bei der Arbeit: Mit dem Messer öffnet Kunstglaser Wolfgang Feige das biegsame Blei, in dessen H-Profil das Glas sicher eingefasst ist. So kann er die defekten Glasscheiben herausnehmen und neue einsetzen, ohne dass das bloße Auge die Reparatur sieht. Foto: Fotos (2): Amkreutz-Götz

    Die Glaswerkstatt Wolfgang Feige in Am Steinlein 10 ist ein innovativer Ein-Mann-Betrieb. Der gelernte Glaser, der sich als Kunstglaser auf Kirchenfenster spezialisiert hat, macht mit einem Patent seine kleine Karlstadter Firma in Deutschland ganz groß. Seine Entwicklung wird die Restaurierung von Kirchenfenstern revolutionieren.

    Feige entwickelte ein Glas, das 99 Prozent der UV-Strahlen und 97 Prozent der Infrarotstrahlen filtert und dahinter liegende wertvolle und historische Glasmalereien und Wandbilder aller Art jahrzehntelang schützt. Zudem will er seine „Erfindung“ zu einem Sicherheitsglas optimieren, das Fuß- und Schneebällen und sonstigen „Gewalteinwirkungen“ von außen widersteht. Feige: „Es ist ein reines Strahlenschutzglas mit Splitterschutzeigenschaften. Selbst ein Pflasterstein würde nicht durchdringen.“

    Sonnenstrahlen und Wärme setzen dem verbleiten Glas genauso zu wie Feuchtigkeit. Feige stieß bei der Restaurierung der Kirchenfenster in der Sebald-Kirche in Nürnberg an eine Grenze, die Kunstglaser, Restauratoren und Denkmalschützer bislang nicht überwinden konnten. Die Industrie kann kein Glas liefern, das wertvolle, handgemalte Bleiverglasungen vor Sonne und Wärme schützt und den alten Glascharakter hat. Feige bat unzählige Glashersteller in Deutschland um Hilfe. Keiner lieferte ihm ein maschinell gefertigtes Verbundglas, das den Ansprüchen genügt.

    Zwei Jahre getüftelt

    „Da kaufte ich mir einen Glasschmelzofen und probierte es selbst.“ Zwei Jahre tüftelte er, ließ Labors Wärme- und Alterungsprozesse im Glas testen und produzierte nach eigenem Bekunden „auch einen ganzen Container Schrott“. Dann hatte der 45-Jährige die Glasscheibe entwickelt, die die Struktur der bleiverglasten Fenster hat und dabei langlebig, hitze- und witterungsbeständig ist.

    Das Prinzip von Feiges leicht welligem Verbundglas, das nicht splittert, ist: zwei Scheiben, eine mit einer Beschichtung gegen UV und Infrarot, werden mit einem Spezialkleber zusammengepresst, damit sich vom Rand her keine Nässe ausbreiten kann. Diese Scheibe wird dem Originalfenster in der Kirchenfensternische vorgesetzt. Je nach Breite des steinernen Fenstersimses im Kirchengebäude liegt der Zwischenraum bei vier bis sechs Zentimetern. Hier zirkuliert die Luft. Gehalten wird die gesamte Konstruktion – immerhin handelt es sich um einige Meter hohe Kirchenfenster – von Eisenrahmen und Hufnägeln. Unsichtbar eingezogene Alarmdrähte verhindern, dass sich Diebe an den handgemalten und meist teuren Fenstern vergreifen.

    Welche Materialien außer Quarzsand (Grundstoff zur Glasherstellung) er verwendet und mit welcher Methodik er die ein Mal zwei Meter großen Scheiben in seinem Ofen brennt, behält der gebürtige Heßlarer natürlich für sich. Seine Entwicklung könnte der Durchbruch bei der Erhaltung und Restaurierung alter Malereien, Kunstwerke und Fenster in Kirchen und Museen sein, die von der Sonne im Laufe der Jahrzehnte ausbleicht und zerstört werden.

    Neben der Sebald-Kirche will er seine Glasscheiben-Erfindung auch in der Lorenz-Kirche in Nürnberg anwenden. Er hat sich schon für den Kölner Dom vorgestellt und trifft auf Interesse bei den Bauträgern des Doms in Xanten.

    Vor 13 Jahren machte sich der gelernte Glaser aus Heßlar selbstständig. Vor zehn Jahren eröffnete er seine Werkstatt Am Steinlein 10. Hier liegen die aktuellen Aufträge auf breiten Tischen: bemalte, aber zerbrochene Gläser, Bruchstücke, die ersetzt werden müssen, so dass kein normales Auge alt von neu unterscheiden kann.

    „Ein Glaser kommt mit wenigen Werkzeugen aus“, sagt Wolfgang Feige. Das Bleimesser mit rundgebogener Klinge ist ein Allzweckmesser zum Hämmern und zum Bearbeiten des biegbaren Bleis, das die Fensterscheiben zusammenhält. Dazu braucht er einen Stift für den Papierentwurf und die Schablone, eine Schablonenschere, einen Glasschneider und eine Glasbrechzange.

    Natürlich auch Glas, am besten Antikglas, das ihm eine Glashütte in Waldsassen bei Bayreuth schickt, und viele Farben, Kleber, Öle und Naturbinder. Feige erzählt: „Antikglas, das durchgehend gefärbt und handgeblasen ist, wird seit 2000 Jahren verwendet. Die maschinell hergestellten Gläser überleben keine 30 Jahre, dann stellt die Industrie ihre Produktion ein und wirft andere Gläser auf den Markt.“

    Mehr Information über die Glaswerkstatt Wolfgang Feige, Tel. (0 93 53) 49 64 oder (0172) 9 49 11 27 und unter www.glaswerkstattfeige.de

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