Allerdings beschloss das Gremium später im nichtöffentlichen Teil der Sitzung, dass die Würzburger Hofbräu als Keiler-Mutter für 2013 nochmal eine Chance erhält. Der kurz zuvor aufgekündigte Liefervertrag wurde daher ergänzt um einige Sonderkonditionen für das Jahrt 2013 verlängert. Nach der diesjährigen Spessartfestwoche soll dann entschieden werden, wie es dauerhaft mit der Lieferung der rund 130.000 Liter Festbier weitergeht.
Für den Bierschwindel im Jahr 2012 muss die Brauerei nun eine Entschädigung an die Stadt zahlen, zu dessen Höhe sich das Rathaus am Tag nach der Sitzung jedoch nicht äußern wollte. Auch der nun für ein Jahr abgeschlossene Vertrag sieht im Gegensatz zum bisherigen eine Vertragsstrafe für den Fall vor, dass die Brauerei das Bier nicht in Lohr braut.
Für den Brauprozess des diesjährigen Festbieres wird die Brauerei außerdem per Vertrag verpflichtet, auf eigene Kosten einen externen Berater mit der Überwachung sämtlicher Abläufe zu beauftragen. Insbesondere steht dabei natürlich die Frage im Vordergrund, ob die Brauerei tatsächlich in der Lage ist, mit der neuen, relativ kleinen Gaststättenbrauerei in ihrem Keiler Brauhaus in Lohr die für die Festwoche benötigte Biermenge in der benötigten Qualität zu brauen.
Bevor sich der Stadtrat am Mittwochabend mit der Zukunft des Lohrer Festbieres befasste, hatte er sich zunächst intensiv der Vergangenheit gewidmet - und dabei eine Abwatsch-Orgie vollführt, wie sie das Gremium vermutlich noch nicht gesehen hat. Über sich ergehen lassen musste sie Michael Krasser, Geschäftsführer der Keiler Bier GmbH und der Würzburger Hofbräu.
Krasser hatte zunächst nochmals eingestanden, dass die Brauerei die Stadt sowie alle Lohrer und die Festwochenbesucher im vergangenen Jahr über die Herkunft des Festbieres getäuscht hatte. Wie berichtet hatte die Brauerei das Festbier komplett in Würzburg gebraut, obwohl im Vertrag mit der Stadt klar stand, dass das gesamte Festbier in Lohr gebraut werden muss. Krasser begründete dies erneut mit technischen Problemen an der Lohrer Brauanlage, die zuvor längere Zeit außer Betrieb gewesen sei. Von der Verlegung des Braubetriebs von Lohr nach Würzburg habe lediglich der technische Geschäftsführer Michael Haupt gewusst. Die Stadt sei nicht informiert worden. Krasser entschuldigte sich im Namen der Brauerei bei der Stadt und bei allen Lohrern. Für die Entschuldigung erntete er Applaus von den Stadträten.
Danach musste er sich freilich deutliche Worte anhören. Die deutlichsten wählte Rainer Nätscher (Freie Wähler). Schon über Jahre habe die Brauerei den Begriff "Lohrer Bier", der früher eine Werbeträger für die Stadt gewesen sei, durch Verlagerungen nach Würzburg und Umbenennung der Marke demontiert. Was die Herkunft des Festbieres 2013 angehe, habe die Brauerei die Stadt und Festwochenbesucher "dermaßen verkackeiert, dass es an Dreistigkeit nicht zu überbieten" sei.
Nätscher zweifelte auch an, dass die Brauerei überhaupt in der Lage ist, in Lohr die Biermenge für die Festwoche in der benötigten Qualität zu brauen. Ein entsprechendes Konzept hatte Krasser zuvor vorgestellt. Nätscher war jedoch der Ansicht, dass beim Brauen im kleinen Kessel des neuen Keiler Brauhauses in Lohr die Qualität des Festbieres leiden werde, auch weil das Bier in Würzburg zur Gärung und Lagerung in kleinen Mengen wieder zusammengeschüttet werden müsse.
Wolfang Weis (Grüne) sprach davon, dass nach den Vorgängen jegliche Vertrauensbasis zerstört sei. Die Brauerei habe die ganze Bevölkerung "verscheißert". Der Konzern habe keinerlei Interesse am Standort Lohr, wolle hier nur noch Geld verdienen. Ihren Schwindel zugegeben habe die Brauerei erst, als ihr "das Würzburger Wasser schon bis zum Hals stand". So weit wie Weis, der forderte, die Hofbräu beim Festbier aus dem Rennen zu nehmen und stattdessen eine "kleine, familiengeführte Brauerei" aus der Umgebung zum Zug kommen zu lassen, gingen die Redner der anderen Fraktionen aber nicht. Sowohl Matthias Schneider (CSU) als auch Seppl Blenk (SPD) und Franklin Zeitz (Bürgerverein) sprachen sich dafür aus, der Brauerei für 2013 nochmal eine Chance zu geben.
Im bis 21.58 Uhr dauernden öffentlichen Teil der Sitzung beschloss der Stadtrat nach langer Diskussion jedoch nur, den bisherigen Bierliefervertrag per Sonderkündigungsrecht aufzulösen. Danach beriet das Gremium nichtöffentlich über die genauen Modalitäten einer Vertragsverlängerung. Um 22.12 Uhr war die Sitzung beendet.