Es sind deutliche Worte, mit denen Eva und Joachim Hock aus Gänheim ihre derzeitige Situation beschreiben: Ihre Lebensqualität sei eingeschränkt, ihr soziales Leben auf null zurückgefahren. Der Grund sind Fliegen, Stubenfliegen, wie sie jedermann kennt. Nur, dass sie bei der Familie Hock nicht in Maßen, wie überall sonst auch auftreten, sondern massenweise.
Mindestens fünfzehn Fliegenfänger hängen an ihrer Terrassendecke. Der gelbe Leim ist dicht besetzt von festgeklebten und verendeten Fliegen. Daneben ein Beutel, in dem die Insekten in einer Flüssigkeit verenden. Alle zwei Tage wechsele sie die Fliegenfänger aus, sagt Eva Hock. Die Spuren der Fliegen aber bleiben. Auf der Fensterscheibe, den Wänden, der frisch gewaschenen Wäsche. Dazu kommt die ständige Präsenz der Insekten auf Körperteilen, auf Lebensmitteln, auf dem Besuch, der nicht mehr kommen mag.
Wo all die Fliegen herkommen? Als direkten Nachbarn haben die Hocks einen Schweinezüchter. Dadurch sei die Fliegenbelastung bei ihnen schon immer höher gewesen. 2011 haben sie das Haus gekauft. Unerträglich aber wurde es in den letzten Monaten. Bereits Ende 2012 habe die Geruchs- und Lärmbelastung von nebenan zugenommen, sagt Eva Hock. Ab April kamen die Fliegen.
Das Ehepaar Hock vermutete ein Hygieneproblem dahinter. Nachdem aus der Nachbarschaft auch tote Tierkadaver auf dem Misthaufen gesichtet worden waren, wandte sich die Familie Hock gemeinsam mit Bürgern aus einer, Anfang Mai gegründeten Interessengemeinschaft Gänheim an das Gesundheitsamt, das Veterinäramt sowie die Presse.
Die Interessengemeinschaft bestehe aus rund zwölf Bürgern aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Großbauern, die sich ebenfalls durch das Fliegenproblem belästigt fühlen, informiert der Sprecher der Interessengemeinschaft, der namentlich nicht in der Zeitung genannt werden will.
Stall fristgerecht geräumt
Auf einem gemeinsamen Vorort-Termin der beteiligten Ämter stellte sich heraus, dass einige tierschutzrechtliche Anforderungen der Schweinehaltung an der alten Hofstelle nicht erfüllt waren, informiert das Landratsamt. Aus diesem Grund wurde der Bauer verpflichtet, sämtliche transportfähigen Schweine bis zum 27. Juli aus den Stallungen im Ort in seinen neu errichteten Stall außerhalb zu bringen. Bis zu dem gleichen Tag sollte der Mist mit den Tierkadavern in die Tierbeseitigungsanstalt oder Müllverbrennung gebracht werden. Der dann leere Stall sollte gereinigt und desinfiziert werden. Wie das Landratsamt bestätigt, ist all das fristgerecht geschehen. Seit 2. August ist der Stall leer.
Das soll aber nicht so bleiben: Ein Teil der Stallungen möchte der Landwirt nach den notwendigen Umbauten als Ausweichstall für kranke Tiere oder als Quarantänestation nutzen. Zu der genauen Anzahl von Tieren wollten sich aber weder der Schweinezüchter noch die Behörden äußern. Bürgermeisterin Linda Plappert-Metz, die auch bei dem Termin dabei war, spricht von einer Zahl von zehn bis 20, die ihrer Meinung nach nicht überschritten werden solle.
Der Familie Hock aber genügt das nicht. Sie sorgt sich, dass, wenn wieder neue Schweine kommen, es wieder Probleme mit der Hygiene gibt und alles beim alten ist. Das Veterinäramt kündigte an, bei der Wiederbelebung des alten Stalls eine Abnahmekontrolle zu machen und den Betrieb weiterhin im Auge zu behalten. „Wir gehen davon aus, dass die getroffenen Maßnahmen zu einer deutlichen Verbesserung der Situation für die betroffenen Anwohner führen“, erklärt der Leiter des Veterinäramts, Dr. Martin Korneli. Eine Gefährdung der Gesundheit bestand und besteht nach Einschätzung des Gesundheits- sowie des Veterinäramts nicht.
Der Schweinezüchter selbst sieht das Problem als erledigt an. „Der Stall ist geräumt und desinfiziert“, sagt er. Als Grund für die explosionsartige Fliegenvermehrung in seinem Stall sieht er eine Kombination aus Hitze und eigener Nachlässigkeit bei den hygienischen Zuständen. „Für mich stand fest, dass ich zu diesem Zeitpunkt aus dem Stall ausziehe“, erklärt er. Der Umzug vom alten in den neuen Stall in diesem Sommer sei gesetzt gewesen und er habe alles getan, um aus dem alten Stall heraus zu kommen. All das hätte man seiner Meinung nach auch im persönlichen Gespräch klären können. Versuche dazu habe es laut Familie Hock auch gegeben, zu einem vernünftigen Austausch auf sachlicher Ebene sei es dabei aber nicht gekommen.
Zu der Tatsache, dass Tierkadaver auf seinem Mist gefunden wurden, erklärt der Landwirt, es sei früher normal gewesen, die Nachgeburt oder tot geborene Schweine auf den Mist zu tun, da dieser bis zu 80 Grad hoch gärt und somit Keime abtöte.
Ausgelöst durch BSE müssen Tierkadaver sowie Tierkörperteile seit 2004 allerdings verbrannt werden. Dies geschieht in der Tierkörperbeseitigungsanstalt bei Bamberg. Bis zur Abholung müssen die toten Tiere in einer Tonne geschützt vor Witterungseinflüssen und vor unbefugtem Zugriff, zum Beispiel durch Nagetiere, aufbewahrt werden.