Die Betriebsgebäude im Karlstadter Freibad, also die Umkleiden mit der Terrasse, die Sanitäranlagen, die Kasse und die Bademeisterräume – alles soll abgerissen werden. Das entschieden die Karlstadter Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung denkbar knapp mit 11 : 9 Stimmen.
Die Abstimmung wäre vermutlich eindeutiger ausgefallen, hätte man mehr Vorlaufzeit gehabt. Denn die CSU um Eugen Köhler, aber auch die Grünen um Gerhard Kraft sowie der Freie Wähler Gunter Müller fanden, dass die Information und die Vorbereitungszeit für diese Entscheidung zu knapp bemessen waren. Köhler stellte daraufhin einen Antrag, die Abstimmung auf die nächste Sitzung zu verschieben. Darüber wurde mit 10 : 10 abgestimmt. Und Patt bedeutet im Stadtrat: Antrag abgelehnt.
„Sportlicher“ Zeitplan
Weshalb die Eile: Bürgermeister Paul Kruck betonte in der Sitzung mehrmals, es sei ein „sportlicher“ Zeitplan einzuhalten, wolle man den nächsten Schritt der Freibadsanierung im Winter 2015/16 tun, sodass das Bad im Frühjahr 2016 ganz fertiggestellt ist. Er selbst sehe das allerdings „schmerzfrei“, könne also auch mit einer völligen Fertigstellung im Frühjahr 2017 leben.
Köhler kritisierte, man habe die Unterlagen erst in der Nacht vor der Sitzung studieren können. Vor einer Entscheidung der Stadträte sollte sich der Bauausschuss näher damit befassen.
Pro und Contra
In der Stadtratssitzung selbst hatte Karsten Krajewski von der städtischen Bauverwaltung die Vor- und Nachteile eines Abrisses beziehungsweise Erhalts der Gebäude dargestellt.
Pro Sanierung: mit geschätzten 909 000 Euro billiger als Abriss und Neubau für geschätzte 1,198 Millionen Euro, aber Unwägbarkeiten bei der Sanierung.
Contra Sanierung: Stützen und Wandraster geben enges Korsett für die Planung vor, Sanitäranlagen weit voneinander entfernt, Substanz nach 50 Jahren nicht mehr die beste, Geländer auf der Terrasse entspricht nicht den Sicherheitsbestimmungen, keine Trennung von Gastronomie/Camping und Freibad.
Pro Neubau: zeitgemäß nach aktuellen Richtlinien und aktuellem Raumprogramm, Baudefizite werden beseitigt, Loslösung von bisheriger Kubatur möglich, neues Gebäude verspricht „Ruhe“ (keine weiteren Reparaturen).
Contra: voraussichtlich teurer.
Wasserwirtschaftsamt redet mit
Auch stellte er das Ergebnis einer Besprechung mit dem Wasserwirtschaftsamt vor, das Wert auf einen freien Abfluss im Hochwasserfall legt. Demnach sollen die Gebäude wieder fast auf derselben Fläche wie bisher angelegt werden. Das Aqua Rondello könnte etwas näher am Planschbecken in eckiger oder ovaler Form wieder entstehen. Bei einem Neubau plädiert Krajewski dafür, statt des bisherigen Pultdachs noch mehr Terrassenfläche zu schaffen. Der Eingangsbereich sollte klar von Gastronomie und Campingplatz abgetrennt werden.
Um ad hoc eine Entscheidung zu treffen, habe man noch zu wenig über grundlegende Anforderungen diskutiert, fanden Eugen Köhler, Gerhard Kraft und Gunter Müller. So war früher einmal von einer Wärmehalle die Rede. Diese könnte das Bad an kühlen Tagen noch attraktiver machen – das Badewasser ist ohnehin beheizt. Michael Hombach sprach sogar von einer möglichen Überdachung des Gehsteigs am Baggertsweg mit einer Terrasse, unter der die Fahrräder stehen könnten.
Thorsten Heßdörfer prophezeite, bei einer Entkernung werde von den bisherigen Gebäuden nicht viel übrig bleiben. Gleichwohl hätten das Aqua Rondello und die feingliedrigen Terrassen eine hohe Gestaltqualität. Sie würden auch 35 Jahre nach dem Bau noch modern wirken. Man sollte Ideen verschiedener Architekten einholen, um das Beste für Karlstadt zu erreichen.
Statische Probleme
Es kam zur Sprache, dass der Statiker Guntram Härth vor 16 Jahren den Gebäuden keine gute Statik attestiert habe. Hans-Joachim Stadtmüller sagte, man sollte jetzt entscheiden, da es ohnehin keinen großen Spielraum gebe: Die gestalterischen Möglichkeiten sind durch das Wasserwirtschaftsamt und die Straße vorgegeben. Für die Umkleiden und Sanitärräume sind durch die Wasserfläche die Rahmenbedingungen vorgegeben. Knackpunkt sei die Trennung von Camping und Schwimmbad. Er meinte, weitere fachliche Unterlagen würden die Stadträte ohnehin nicht verstehen. Darauf Eugen Köhler: „Das ist eine Unverschämtheit!“
Letztlich kündigte Bürgermeister Kruck als Kompromiss an, der Bauausschuss werde am 13. November die Eckpunkte festlegen, nach denen Architekturbüros Planungsideen entwickeln sollen.