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GEMÜNDEN: Freier Mann: Ulrich Ebert hat seine Tankstelle verkauft

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Freier Mann: Ulrich Ebert hat seine Tankstelle verkauft

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    Verdienter Ruhestand: Ulrich Ebert hat außer dem Mineralölhandel auch die Tankstelle aufgegeben – und jetzt geht es in den Urlaub.
    Verdienter Ruhestand: Ulrich Ebert hat außer dem Mineralölhandel auch die Tankstelle aufgegeben – und jetzt geht es in den Urlaub. Foto: Foto: B. Kohlhepp

    Jetzt endlich, nach 20 Jahren, kann Ulrich Ebert wieder in den Urlaub fahren. Das war dem Geschäftsmann lange nicht vergönnt. Jetzt ist er 65, Ende Juni hat er seine Tankstelle im Gemündener Hofweg verkauft. Im September macht er sich nach drei Jahrzehnten wieder auf den Weg ins Heimatland seiner Frau Leena, nach Finnland – wann er wieder kommt, weiß er noch nicht. Endlich wird er dann frei von Zwängen sein, endlich einmal nichts regeln und sich um nichts sorgen müssen, freut er sich.

    In Spitzenzeiten hatte Ebert 15, 16 Mitarbeiter – Kraftfahrer und Bürokräfte – und zehn Lastzüge, erzählt er. Als Mineralölhändler belieferte er mehrere Tausend Kunden, vorwiegend im Altlandkreis Hammelburg, aber auch viele im Gemündener Raum. Das Öl holte er aus Flörsheim und Aschaffenburg, wo es große, von Schiffen belieferte Tanklager gibt. Dazu hatte er eine Spedition für Mineralöl, seine Lkw haben aber beispielsweise auch deutsche Kfz-Teile an Volvo ins schwedische Göteborg geliefert. Und seit 1998 besaß er die Tankstelle.

    Eigentlich hätte für ihn alles anders laufen sollen. Sein Vater Richard gründetet den Mineralölhandel 1953, hatte einen Mitarbeiter. Sohn Ulrich sollte eine Banklehre machen, was er bei der Hypobank auch tat. Sein Chef damals bei der Bank habe penibel auf Pünktlichkeit geachtet und jeden Brief nachgewogen – „wehe, du hast einen zu hoch frankiert“. Ebert: „Das war nicht meine Welt.“

    Er wollte in die Firma einsteigen. Seine Vorfahren seien alle selbstständig gewesen. „Selbst und ständig“, sagt Ebert. Sein Großvater Josef hatte eine Weinhandlung, sein Vater neben dem Mineralölhandel die „Bavaria Lichtspiele“, wo heute das Bistro La Belle ist und früher der Kupsch war, gebaut.

    Seine Frau Leena lernte er kennen, als sie einst während der langen finnischen Semesterferien in Gemünden im Krankenhaus einen Ferienjob angenommen hatte. Sie kam immer wieder im Sommer. Und irgendwann blieb sie und sie heirateten. Schon 1977 übernahm Ulrich Ebert die Firma seines Vaters, die damals noch in der Ladestraße angesiedelt war. 1987 gründete er die Ebert Mineralöl GmbH. Dort gab es auch eine Dieselsäule. 1997 kam der Umzug in den Hofweg.

    Seine Tankstelle dort hatte über 1000 feste Kunden, die mit einer Karte des Unternehmens tankten. Im Jahr 2000, als klar war, dass seine Kinder die Firma nicht weiterführen wollen, verkaufte er den Mineralölhandel, führte noch die Spedition und die Tankstelle weiter. Was er dabei bemerkte: „Als das Geschäft noch größer war, hatte ich mehr Freizeit.“

    Zuletzt hatte er nur noch eine Handvoll Mitarbeiter, was bedeutete, dass er sich um alles kümmern musste. Geholfen hat ihm seine Banklehre natürlich trotzdem, auch wenn er sie nicht geliebt hatte. So hatte er seine Kosten immer im Blick, gab nie mehr aus, als er einnahm.

    Die Mitarbeiter hielten ihm lange die Treue, es sei sehr familiär gewesen in der Firma, sagt Ebert. Im vergangenen Jahr ehrte er eine Mitarbeiterin, die bei ihm gelernt hatte, für 30-jährige Betriebszugehörigkeit. Es gab auch schwere Augenblicke. Sehr getroffen hat ihn, als ein Fahrer schwer verletzt wurde, weil einer seiner Laster bei einer Routinekontrolle in einer Fachwerkstatt explodierte, als Arbeiter am Kessel flexten. Genau, als es passierte, holte der Mitarbeiter gerade seine Brotzeit aus dem Lkw. Ein tragisches Unglück. Außerdem gab es drei tödliche Unfälle, an denen seine Fahrer aber sämtlich unschuldig gewesen seien. Einmal sei etwa ein junger Motorradfahrer mit einem nagelneuen Gefährt auf die Gegenfahrbahn geschleudert.

    Er hat sich zwar immer für Technik begeistert, ist früher auch Motorradrennen gefahren, aber die heutige Elektronik in Lastern ist Ebert zu viel. Sehr hilfreich seien aber die ersten Autotelefone gewesen, da konnten seine Fahrer von unterwegs Probleme mitteilen. Vorher hätten sie im Winter oft stundenlang an der Hainbuche festgehangen oder auf der Autobahn. Die Telefone an der Autobahn seien oft keine echte Hilfe gewesen, weil er nur informiert worden sei, dass ein Fahrer irgendwo stehe. Habe er nachgefragt, was los sei, habe er zu hören bekommen: „Fahren Sie doch hin.“

    Noch genau erinnert er sich an die Ölpreiskrise 1979. „Das hat mich gefordert.“ Damals habe es für Händler einen gespaltenen Markt gegeben. Zum einen habe man zu relativ moderaten Preisen Öl bei den großen Ölfirmen, in seinem Fall Aral, kaufen können. Doch weil das nicht gereicht habe, musste er auf dem freien Markt hinzukaufen, dessen Preise durch die Decke gegangen seien. Kunden hätten dann ihr Heizöl zu Mischpreisen bekommen.

    Die Ölkrise 1979/80 hat sich entspannt, als er gerade in Finnland bei seinen Schwiegereltern weilte. Eine solche Entspannung im Norden sucht Ebert nun wieder. Wobei weder er noch seine Frau wert auf Sauna legen, ohne die in Finnland eigentlich nichts geht. Und vielleicht wird er demnächst nach 15 Jahren wieder sein Segelboot aus der Halle holen. Sein letzter Urlaub war 1995, als er mit einem Freund dessen Segelboot nach Holland überführte.

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