Diesen Zauber beschwor schon der "Chor der glücklichen Inselbewohner" aus der Oper "Alcina" von Georg Friedrich Händel zu Beginn. Der Vorsitzende der 06er, Roland Brod, begrüßte die Gäste, darunter Bürgermeister Dr. Leonhard Scherg und eine Reihe von Stadträten. Er dankte allen Mitwirkenden und Gönnern, vor allem auch der Bürger-Kultur-Stiftung, die auf ihr Neujahrskonzert zu Gunsten des Gesangvereins verzichtete und die umfangreiche Arbeit für diesen Abend aus den Stiftungsmitteln förderte.
Dann übernahm der Ehrendirigent Gerhard Brod als Conférencier das Ruder. Wissens- und wortreich erläuterte er im ersten Teil die Bedeutung des Chores für die Oper, der die Handlung vorantreibt und Stimmungen erzeugt. Am Tag nach Mozarts 250. Geburtstag erklang der "Chor der Reisenden" aus "Idomeneo" (Solo: Olga Bohn-Kaliakina) und danach der "Chor der Landleute" aus Rossinis "Wilhelm Tell". Olga Bohn-Kaliakina, die als Dirigentin das Programm des Abends einstudiert hatte, konnte mit ihrer angenehmen und eindrucksvollen Sopran-Stimme bei "Chor und Kavatine" aus Donizettis dramatischer Oper "Lucia di Lammermoor" glänzen.
Harmonischer Chor
Eine Fantasie über Themen aus der beliebten Verdi-Oper "Rigoletto" geriet am Übergang zum zweiten, leichteren Teil des Abends zu einem instrumentalen Höhepunkt. Dafür sorgten am Flügel Swetlana Klippert, die das Konzert souverän und verlässlich begleitete, und die Oboistin Imke Thum, die ihr Instrument virtuos und emotional in der Schulaula erklingen ließ. Mit einem Potpourri aus Fred Raymonds Operette "Maske in Blau" verließ der harmonisch agierende gemischte Chor der 06er mit gut 50 Sängerinnen und Sängern, der bis dahin den Abend gestaltet hatte, mit viel Applaus die Bühne.
Es begann der Auftritt von "Cantiamo" (italienisch: Wir singen). Das aus dem Projektchor und der Jugendarbeit entstandene Ensemble widmet sich der Musik des 20. Jahrhunderts und dem Musical. Sprachlich bewegt man sich dort häufig im Englischen; die Stücke und Songs haben oft kritische Themen wie soziale Randschichten oder Rassismus zum Inhalt. Ob die langsamen Songs "Who can I turn to" aus "Grease", "You walk with me" aus der Stripperkomödie "The Full Monty", die Titelmelodie des Webber-Musicals "Whistle Down the Wind", oder der Swing-Song "I can't give you anything but love" oder der temperamentvolle Abba-Titel "Mamma Mia" - in allen diesen Stücken sprang die Lust am Singen auf das Publikum über.
Da der vorgesehene Tenor Reinhold Rickert wegen einer Erkrankung leider absagen musste, prägte Olga Bohn-Kaliakina mit der Arie der "Ljubascha" aus der bei uns selten aufgeführten Oper "Die Zarenbraut" von Nikolaj Rimski-Korsakow dem Wechsel zum dritten Teil erneut ihre persönliche Note auf. Danach trat der 120-köpfige Gemeinschaftschor, bestehend aus dem Patenverein "Musik- und Gesangverein 1874" Erlenbach (Leitung: Hans Michel), der "Liedertafel" Lengfurt 1845 (Leitung: Margit Mehling), dem Marktheidenfelder Männerchor 1953 (Leitung: Erich Rudolf),und dem Gesangverein 1906 Marktheidenfeld, auf die Bühne.
Bevor dieser gewaltige Jubiläumschor seine volle Stimmkraft entfaltete, dirigierte Olga Bohn-Kaliakina die Frauenstimmen mit den "Polovetser Tänzen" aus der Oper "Fürst Igor" von Alexander Borodin (1843-1887). Die Männer widmeten sich ebenso wohlklingend danach einem bekannteren Werk, dem "Jägerchor" aus Carl Maria von Webers "Der Freischütz". Und schließlich stimmten alle in einem wohl unvergesslichen Moment den Ruf nach Freiheit und einen der beliebtesten Chöre der Operngeschichte mit dem "Gefangenenchor" aus Verdis "Nabucco" an.
Begeisterter Landrat
Der Schirmherr des Gesangvereinsjubiläums, Landrat Armin Grein, sprach nach einem über zweistündigen Programm von einem Geschenk, das die 06er zu ihrem Jubiläum dem Publikum dargebracht hätten. Es sei ein Konzert gewesen, das sich weit und breit sehen lassen konnte, mit ernsten wie unterhaltsamen Noten, aber auch immer von einer gewissen Leichtigkeit geprägt. Der Gesangverein 1906 biete eine kulturelle Bereicherung und es sei für die zahlreichen weiteren Veranstaltungen im Jahr weiterhin der gleiche Elan und Erfolg zu wünschen. Die Hymne der internationalen Chor- und Musikwettbewerbe "Viva, musica mundi" (Es lebe die Musik der Welt) des zeitgenössischen Komponisten Rolf Lukowsky durfte aus über 120 Kehlen am Ende sicher als ein verpflichtendes Bekenntnis verstanden werden.