Nach dem jetzigen Informationsstand wird die über 100 Jahre alte Friedenslinde vor dem Lohrer Schloss mit dem Spessartmuseum den Anschlag vom Februar überstehen, bei dem der Stamm ringsum sechs Zentimeter tief eingeschnitten worden war. Der Baum hatte im Frühjahr wieder ausgetrieben und wird zurzeit wegen der vorherrschenden Trockenheit gezielt bewässert.
Mitte Februar hatte Museumstechniker Andreas Eich zufällig den Baumfrevel entdeckt: Über das Wochenende hatten nach wie vor unbekannte Täter mit einem rund sechs Zentimeter tiefen Einschnitt rund um den Stamm einen Großteil der Leitungsbahnen für den Wasser- und Nährstofftransport stark beschädigt. Der Baum war 1918 zum Ende des Ersten Weltkriegs gepflanzt worden und trägt deshalb den Namen Friedenslinde.
Die Winterlinde ist heute 20 Meter hoch, zwölf Meter breit und besitzt schätzungsweise 600.000 Blätter. An einem sonnigen Tag können von ihr rund 36.000 Kubikmeter Luft verstoffwechselt werden. Um einen solchen Baum zu ersetzen, bräuchte es etwa 2000 neue Jungbäume. Die Lebenserwartung einer Winterlinde beträgt bis zu 1000 Jahre.
Wieder in vollem Grün
Zunächst waren die Zukunftsprognosen für den Baum wegen der Beschädigungen der Leitungsbahnen negativ. Der Einschnitt rund um den Baum wurde mit einem Gewebeband abgedeckt, um Einfallspforten für Pilzsporen und Krankheitserreger zu verschließen. Wider Erwarten hielt der Baum durch, schlug im Frühjahr aus und steht derzeit in vollem Grün da.
Mit einem Rasensprenger am Schlossgraben wird er in den Morgenstunden gezielt unterstützt. Der Baum habe sein Wurzelwerk unterhalb des Rasens am Schlossgraben, berichtete auf Anfrage Markus Rill, der Pressesprecher des Landratsamts. Dem Main-Spessart-Kreis gehört das Lohrer Schloss und damit auch die Linde. Laut Rill ist es derzeit zwingend notwendig, den Baum ausreichend zu bewässern, um ihm die Möglichkeit zum Überleben zu geben – besonders bei den aktuellen Temperaturen. Es sei wichtig, den Baum ordentlich zu bewässern, bestätigte in einem Gespräch mit unserem Medienhaus Maximilian Markert von der Kreisfachstelle für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt.

"Ohne Bewässerung würde er es heuer nicht schaffen", so Markert. Nur ein gesunder Baum würde die Trockenheit ohne Bewässerung überstehen. Die Friedenslinde sei jedoch wohl nicht so tief eingeschnitten worden, dass sie extrem geschädigt worden sei.
Als vorbeugende Maßnahme sei die Hecke um die Linde eingekürzt worden, um einen besseren Blick auf den Stamm zu haben. Zudem werde das Umfeld des Lohrer Schlosses nunmehr mit Videokameras überwacht, weil es neben dem Anschlag auf den Baum weitere Vandalismusvorfälle gegeben habe.
Aus jetziger Sicht sind nach Markerts Worten die Zukunftsaussichten der Friedenslinde positiv: "Es ist schon eine Herausforderung für sie, aber es sieht ganz gut aus." Damit hat sie mehr Glück als andere Bäume. Laut Markert wurden kürzlich die Baumpflegemaßnahmen auf Kreisliegenschaften vergeben.
"So viel Totholz wie jetzt gab es in den Bäumen noch nie", sagte der Kreisfachberater. In den nächsten Jahren würden die Schäden noch deutlich zunehmen. Auch der Wald sehe derzeit erschreckend aus.
Wirksame Videoüberwachung
Markert zeigte sich froh, dass es die Friedenslinde voraussichtlich schaffen wird: "Es wäre traurig, wenn der über 100 Jahre alte Baum gefällt werden müsste." Die Linde werde weiterhin in belaubtem und unbelaubtem Zustand regelmäßig kontrolliert.
Die Videoüberwachung zeige bereits Wirkung, erläuterte Barbara Grimm, die Leiterin des Spessartmuseums. So seien immer wieder einmal die Kästen mit den Flyern der Einrichtung heruntergerissen worden. Das sei zurückgegangen. Um die Bewässerung der Friedenslinde kümmere sich Museumstechniker Andreas Eich mit Unterstützung der Kreisfachstelle – selbst in seinem derzeitigen Urlaub. Weitere Anschlagsversuche auf die Linde sind Grimm nicht bekannt, die Täter seien nie gefunden worden. Nach ihren Worten "muss den Leuten bei der derzeitigen Hitze doch klar werden, was es bedeutet, unter einem solchen Baum zu sitzen".