Albrecht und Inge Bock gehen in den verdienten Ruhestand. "Mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Inge Bock, doch haben beide das Alter für die Rente erreicht und sich für die nun folgende freie Zeit viel vorgenommen. Reisen steht an erster Stelle, gefolgt von sportlichen Betätigungen wie Radfahren, Tennis und Schwimmen, was beide nun intensivieren wollen.
Ihr Geschäft geben sie in junge Hände. Sybille Antoni aus Partenstein übernimmt die beiden Mitarbeiterinnen Ramona Troll und Bettina Baier. Weil ihr Sohn Matthias statt Friseur lieber Diplom-Informatiker wurde, ist die Familientradition nach drei Generationen beendet.
Die begann um 1905. So ganz genau kann dies Albrecht Bock nicht bestimmen. Georg Merz war Frisör, aber auch approbierter Bader. Er vereinigte so mehrere, heute eigenständige Berufe. Er zog Zähne, ließ Kranke "zur Ader" und war Leichenbeschauer. In seinem Friseurladen bildete der 1869 in Karlstadt geborene Merz seinen Ziehsohn Ludwig Bock aus. Ludwigs Eltern waren nacheinander nach seiner Geburt 1912 gestorben. Merz nahm das Baby als Pflegesohn auf und ließ ihn als seinen Nachfolger ins Geschäft hineinwachsen. Seine drei eigenen Töchter von Ehefrau Dorothea gingen andere Wege.
"Heute dominieren Frauen das Friseurhandwerk"
Albrecht Bock
1935 übernahm Pflegesohn Ludwig Bock das Geschäft. Er unterstützte seinen Ziehvater, der im Haus wohnte und 86-jährig im Januar 1955 starb. Ludwig Bock hatte seine Meisterprüfung auch im Damenfriseurfach abgelegt. Mit seiner Frau Leni - sie hatten 1939 geheiratet - und drei bis vier Mitarbeitern führte Ludwig Bock nun ein Geschäft für Herren und Damen.
1955 vergrößerte Ludwig Bock mit 15 000 Mark aus einem Lottogewinn das Geschäft. War der vordere Raum hin zur Hauptstraße der Teil für die Herren, wurde nach hinten der Bereich für die Damen angebaut.
Mit der zweiten baulichen Erweiterung und Nutzung der früheren Scheune im hinteren Teil des Doppelhauses richtete 1985 die dritte Generation mit Albrecht und Inge Bock einen Kosmetik- und Sozialraum ein. Bereits 1968 wich die Kleinteiligkeit mit Fenstern und zwei Türen einem großen Schaufenster. Die Eingangstür ins Geschäft wurde nach innen verlegt, so dass Salon wie auch Wohnhaus eine Haupteingangstür hatten. So ist es bis heute geblieben.
Ludwig Bock wohnte mit seiner Familie in der ersten Etage, darüber seine Schwester Babette Wilhelm.
Albrecht Bock, geboren 1940, und sein Bruder Norbert, Jahrgang 1942, führten die Tradition fort, lernten beide beim Vater das Handwerk und blieben seine Angestellte. Albrecht übernahm 1976 das Geschäft von seinem Vater Ludwig, der 1978 starb. Sein Bruder Norbert machte sich in Neustadt/Weinstraße selbstständig.
Inge Friedrich aus Zellingen war gelernte Drogistin, als sie mit 22 Jahren eine Ausbildung zur Friseurin und Kosmetikerin absolvierte, um das Angebot um dieses Geschäftsfeld zu erweitern. Albrecht und Inge Bock hatten 1968 geheiratet. 1970 kam Sohn Matthias zur Welt.
Das Ehepaar kaufte 1980 das Haus Hauptstraße 31 von der Erbengemeinschaft, führte aber nur im Erdgeschoss das Geschäft und blieb in Zellingen wohnen. Albrecht Bock setzte sich in der Friseur-Innung 35 Jahre lang im Prüfungsausschuss ein, den er 28 Jahre lang leitete. 14 eigene Lehrlinge hat das Ehepaar Bock in Karlstadt ausgebildet. 30 Jahre lang, seit Bestehen des Karlstadter Altenheims, bis 2002 frisierten die Bocks auch die Bewohner im Heim.
Was hat sich in 100 Jahren geändert? Dass heute das Friseurhandwerk von den Frauen dominiert wird. Und natürlich die Mode. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ging frau zur Wasserwelle mit Zwicker. Das Haar lag eng am Kopf. Ab 1946 kam die Lockwellfrisur, die Dauerwelle mit Wicklern auf, die bis heute ein gutes Standbein für jeden Coiffeur ist. In den 60er Jahren wurden die Haare hoch toupiert, und um 1970 setzte sich die Fönfrisur durch. Die jungen Männer gingen zu dieser Zeit seltener zum Friseur, außer die langen Beatlemähnen mussten beschnitten werden. Die Frauen heute gehen mit dem kurzen glatten Haartrend, aber mit Strähnen und Farben.
Am 31. Juli ist Schluss für Albrecht und Inge Bock.