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KARLSTADT: Friseure mit Feuer und Faden

KARLSTADT

Friseure mit Feuer und Faden

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    So werden Augenbrauen gezupft: Tülin Erek klemmt das Ende eines Fadens zwischen die Lippen, verzwirbelt den Faden und kriegt somit auch kleine Härchen zu fassen.
    So werden Augenbrauen gezupft: Tülin Erek klemmt das Ende eines Fadens zwischen die Lippen, verzwirbelt den Faden und kriegt somit auch kleine Härchen zu fassen. Foto: Foto: KARLHEINZ HAASE

    Tülin Erek klemmt das Ende eines Fadens zwischen die Zähne und verzwirbelt ihn mit gespreizten Fingern. Dann setzt sie den Faden an der Augenbraue eines Kunden an und zupft so Härchen heraus. „Das ist weniger schmerzhaft als mit der Pinzette, geht schneller und ist auch noch gründlicher“, sagt sie. Denn man bekomme so auch feine Härchen besser weg.

    Tülin Erek betreibt unter dem Namen „Haarstudi Erek“ seit November 2008 in der Karlstadter Langgasse 21 ein Friseurgeschäft. Und die geschilderte Fadentechnik gehört zum typischen Angebot in einem türkischen Friseurladen.

    „Das türkische Friseurhandwerk ist vielseitiger als das deutsche“, stellt sie fest. Daher nutzt die 23 Jahre junge Friseurmeisterin Urlaubsaufenthalte in der Türkei auch immer wieder, um sich bei einem Friseur in Izmir fortzubilden. So beschäftigt sie sich dort beispielsweise speziell mit aufwendigen Hochsteckfrisuren. Diese sind bei großen türkischen Festen besonders beliebt.

    „Das türkische Friseurhandwerk ist vielseitiger als das deutsche“

    Tülin Erek Betreiberin eines Haarstudios

    Die Kunden können sich bei ihr Tattoos mit Henna auf die Haut malen lassen, die je nach Hauttyp nach ein bis zwei Wochen wieder verblassen. Zudem entfernt sie Haare im Gesichtsbereich mit Warmwachs.

    Vor allem aber bei den Männern ist das türkische Friseurhandwerk vielfältiger. Extra für die männliche Kundschaft kommt jeweils an den Freitagnachmittagen Taylan Zorlu. Er macht Nassrasuren mit dem Messer, flämmt Ohrhaare ab und gestaltet auf Wunsch auch Haartattoos. Das sind Ornamente, die aus dem Haar herausrasiert werden.

    Zum Abflämmen der Haare im Ohr wird ein wenig Watte beispielsweise um eine Scherenspitze gewickelt, mit Kolanya-Rasierwasser, das 80 Prozent Alkohol enthält, getränkt und angezündet. Der Friseur wedelt mit den Flammen mehrmals knapp am Ohr vorbei, bis die Haare abgesengt sind. Nassrasuren mit dem Messer seien in anderen Friseurläden so gut wie nicht mehr üblich, erklärt Tülin Erek. Hinterher bietet er warme Kompressen und Gesichtsmassage an. Zum Haarschnitt gehört auch, dass die Nasenhaare geschnitten werden.

    Mit im Team ist auch Birgit Schäfer-Reitz. Sie ist immer am Mittwoch alleine im Geschäft. An diesem Tag macht Chefin Tülin Erek frei, denn sie hat anders als die meisten ander-en Friseure auch montags geöffnet. Ihre weibliche Kundschaft besteht zu 90 Prozent aus Deutschen und zu zehn Prozent aus Türkinnen. Bei den Männern halten sich beide etwa die Waage.

    Nach dem Qualifizierenden Abschluss an der Karlstadter Hauptschule war die gebürtige Karlstadterin Tülin Erek bei Dania Vanselow in Würzburg in die Lehre gegangen, wo sie auch übernommen wurde. 2008 machte sie ihren Meister. Sie ist die dritte Generation ihrer Familie in Deutschland.

    Das Haus hat eine wechselvolle Geschichte. Konrad Binner, einst zweiter Bürgermeister und Feuerwehrkommandant von Karlstadt, betrieb hier schon vor dem Krieg ein Elektrogeschäft. Bei Fisch-Mehler bekam man bis in die 70er Jahre Fisch und Wildbret. Als später TVG einzog, gab es hier Hifi-Geräte. Tülin Ereks Eltern hatten hier von 2004 bis 2007 einen Lebensmittelladen. Und jetzt ist das Haarstudio eingezogen.

    ONLINE-TIPP

    Die bisherigen Teile der Serie unter www.mainpost.de/main-spessart/

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