Nach fast einem Jahr der Entwicklung und der Proben hob sich am Mittwochabend endlich der Vorhang: Die Theatergruppe der Unter- und Mittelklasse des Gemündener Friedrich-List-Gymnasiums führte ihre Interpretation der „Odyssee“ nach Homer auf.
Stellvertretender Schulleiter Rainer Plass begrüßte im Namen der Schulleitung die etwa 70 Lehrer, Eltern und Geschwister der jungen Schauspieler. Bevor Studienrätin und Leiterin der Theatergruppe, Verena Kieslich, den Zuschauern viel Spaß und Vergnügen wünschte, erklärte sie kurz die Handlung der „Odyssee“.
Fünf Abenteuer bestehen
Odysseus muss fünf Abenteuer bestehen, bevor er nach Hause in sein Königreich Ithaka zu Frau und Sohn heimkehren kann. Die erste Szene spielt mit Athene, Zeus, Hermes und Poseidon auf dem Olymp. Poseidon möchte verhindern, dass Odysseus nach Hause kommt, die anderen Götter versuchen, Odysseus zu helfen, sein Ziel unbeschadet zu erreichen.
Nachdem Odysseus das erste Abenteuer bestanden hat – mit den in einem Lederschlauch eingesperrten Gegen-Winden des Windgottes Aiolos – landet er mit seinen Gefährten auf der Insel des Riesen Polyphem. Die Gefährten sind gerade dabei, dessen Essen zu verschlingen und diskutieren darüber, ob dies denn rechtens sei, als einer der jungen Darsteller feststellt: „Die Zuschauer langweilt das, das ist nichts für die heutige Zeit.“ Also ertönt in angepasster Jugendsprache: „Ey, Alter, lass uns nicht so assi sein, die Sachen gehören uns nicht.“
Der Riese merkt jedoch, dass „jemand von seinem Tellerchen gegessen hat“. Die Gefährten wurden für diese Szene in Miniatur nachgebaut, sodass der „Riese“ sie aufessen kann. Die Gewaltszene, wie Odysseus dem Riesen entwischt, wird geschickt umschifft, indem sie einfach übersprungen wird, denn: „Es sind Kinder im Publikum, wir spulen vor.“
Beim vierten Abenteuer kommt Odysseus bei den Sirenen an. Er erklärt seinen Gefährten, sie sollen sich Wachs in die Ohren stecken, damit sie deren betörende Gesänge nicht hören, mit denen sie angelockt würden, um anschließend getötet zu werden. Aber was ist eigentlich mit der Gleichberechtigung im Stück? Warum muss Odysseus ein Mann sein? Da haben doch wieder die Götter ihre Finger im Spiel.
Aus Odysseus wird Odyssa und seine Gefährten werden zu Gefährtinnen. Die Sirenen verwandeln sich in die Jury von „Ithaka sucht den Superstar“. Die Darsteller singen „Er hat ein knallrotes Gummiboot“, was die Jury jedoch nicht überzeugen kann. „Zum Glück hatte ich Wachs in den Ohren“, erklärt eine der Gefährtinnen genervt und verlässt die Bühne. Das fünfte Abenteuer – Skylla und Charybdis – spielt in der Zukunft, den Göttern ist wieder einmal langweilig: „Der Weltraum, unendliche Weiten ...“, ertönt es auf der Bühne in alter Raumschiff-Enterprise-Manier.
Geschichte kann modern sein
Mit schlagfertigen Dialogen, viel Einfallsreichtum bei Kostümen und Requisiten, wie der Zeitschrift „Olymp heute“, in der die Götter nebenbei Kreuzworträtsel lösen, setzten die Schüler mit kleinen Mitteln Großes um und zeigten, Geschichte kann auch modern sein.
Nach dem Schlussapplaus bedanken sich die Schüler und Rainer Plass bei der Leiterin der Theatergruppe, Verena Kieslich, für deren Engagement. Die Darsteller, die Technik und die Maske, welche ebenfalls Schülern des Friedrich-List-Gymnasiums übernommen hatten, gab es zum Dank Gutscheine für einen Besuch in der Eisdiele.