Der Obmann der Notfalldienstbereitschaftsgruppe Arnstein-Thüngen, Dr. Horst Magers, schildert, wie die Lage über mehrere Jahre hinweg Stück für Stück schwieriger wurde:
So gibt es seit sieben Jahren keine Praxis mehr im nördlich gelegenen, zwölf Kilometer entfernten Wülfershausen. Im 18 Kilometer entfernten Obbach wurde eine Praxis vor etwa zwei Jahren geschlossen. Der andere Arzt sei über 60 und denke ans Aufhören. Arnstein muss viele Patienten aus dem Landkreis Schweinfurt mitversorgen. Überdies altert die Bevölkerung und es gebe mehr schwere Fälle.
Mit der Schließung der Praxis Weigelt müssen etwa 1300 Patienten von den verbleibenden fünf Praxen in Arnstein und Thüngen aufgefangen werden, die jedoch personell nicht darauf ausgelegt sind, beklagt Magers. Insgesamt rechnet er mit 15 000 Patienten im Großraum Arnstein. Die fünf Praxen sind Dr. Horst Magers mit Christian Raab, Peter Deubert, Dr. Leonhard Wecker, Michael Sonntag (alle Arnstein) und Dr. Gerhard Reiß (Thüngen).
Problematisch sei die Situation vor allem wegen der neuen Regelung zur Abrechnungspraxis bei niedergelassenen Kassenärzten, erklärt Magers in einer Pressemitteilung. Die Neugestaltung des umstrittenen Abrechnungssystems bringe für das Land erhebliche Probleme:
„Grundlage der Bezahlung des Arztes ist die Zahl der Patienten, die er im Vergleichsquartal 2008 hatte. Wird diese überschritten, gibt es für die zusätzliche Anzahl der Patienten in den Quartalen 2009 keine Vergütung. Erst im Jahr 2010 würde diese Mehrzahl an Patienten in seine Vergütung einfließen.“
Jetzt drohe den Ärzten durch die Vielzahl von neuen Patienten ein Überschreiten des Limits der Vorjahreszahl. Anfallende Behandlungskosten würden nicht mehr honoriert.
Geht es den Ärzten hier ums Jammern auf hohem Niveau? Nein. Magers verdeutlicht, dass seine Praxis alleine eine halbe Million Euro Fixkosten im Jahr zu tragen hat. Angesichts der Honorarunsicherheit sei es nicht möglich, dringend benötigte Arzthelferinnen einzustellen.
Er schreibt: „Der Arzt muss zunächst in finanzielle Vorleistung treten, einen Rechtsanspruch auf nachträgliche Vergütung hat er jedoch nicht. Bis die Besonderheit des Falles anerkannt wird, bezahlt der Arzt die Behandlung des Patienten selbst.“
Auf Nachfrage erklärt Magers die Staffelung der Honorare: Bis 1300 Patienten erhält der Arzt pro Quartal ein Pauschalhonorar von 41 Euro. Für zusätzliche 150 Patienten bekommt er noch 30 Euro, für weitere 150 nur noch 20 und für weitere 100 Patienten noch ganze zehn Euro. Danach behandelt er ganz kostenlos.
Die Ärzte der Notfalldienstgruppe Arnstein-Thüngen hätten die Kassenärztliche Vereinigung bereits mehrfach auf die sich zuspitzende Lage hingewiesen, doch eine rechtsverbindliche Zusage sei bis heute nicht eingetroffen. Deshalb konnten keine notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Gerade ländliche Gebiete mit einer geringen Arztdichte und einer dadurch höheren Patientenzahl seien von den Bestimmungen der Kassenärztlichen Vereinigung betroffen.
Im Namen der Notfalldienstbereitschaftsgruppe Arnstein-Thüngen versichert Magers: „Natürlich werden Notfälle von uns nach besten Kräften versorgt. Aber wir weisen darauf hin, dass jeder Arzt in unserer Notfalldienstgruppe im Schnitt alle fünf Wochen Tag und Nacht, einschließlich Samstag und Sonntag, Bereitschaftsdienst hat. Hinzu kommen noch mehrere Feiertage. Es ist sicher nachvollziehbar, dass dies an unsere physische Leistungsgrenze stößt.“