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MARKTHEIDENFELD: Für „Aus!“ und „Pfui!“ braucht es Respekt

MARKTHEIDENFELD

Für „Aus!“ und „Pfui!“ braucht es Respekt

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    Respekt muss sich Frauchen verdienen: Die Würzburger Hundetherapeutin Gesine Mantel mit einem irischen Wolfshund.
    Respekt muss sich Frauchen verdienen: Die Würzburger Hundetherapeutin Gesine Mantel mit einem irischen Wolfshund. Foto: Foto: Anand Anders

    Es geht um Respekt, um Grenzen, um Dominanz. Es geht um Partnerschaft und Distanz, um Fürsorge und Ignoranz. Es geht um Durchsetzungsfähigkeit und Geduld, um Disziplin und Bequemlichkeit. Die ganze Palette des Lebens liegt vor einem, wenn man es getan hat: Wenn man sich einen Hund als Begleiter auserkoren hat. Und wie in einer Partnerschaft zwischen Mann und Frau gibt es auch in der Beziehung Mensch zu Hund (und umgekehrt) Probleme und Missverständnisse – aber auch Wege, damit umzugehen.

    Damit beschäftigten sich an einem Montagabend im April 60 Männer und Frauen – sowie ein tapferer Dreikäsehoch. Bereits zum dritten Mal war Hundetherapeutin Gesine Mantel aus Würzburg zu Gast bei der hiesigen Volkshochschule, und zum dritten Mal war der Vortragsraum gut gefüllt. Das Thema interessiert und beschäftigt viele. Die Fragerunde war ebenso lange wie der Vortrag selbst.

    Warum reicht die Wasserspritze nicht aus, um einen Strobel (Altdeutschen Hütehund) davon abzuhalten, bellend den Hof zu schützen? Wie kann man einen Barsoi davon abhalten, auf andere Rüden loszugehen? Mal ist es ein Buch, mal eine Schachtel Eier – wie krieg ich meinen jungen Labrador dazu, nicht alles, was ihm in die Fänge kommt, zu zerlegen, sobald ich nicht zuhause bin?

    Die Herrchen und Frauchen überhäufen Mantel mit Fragen. Selten, dass die Hundetherapeutin aus Würzburg gleich antwortet. Stets fragt sie nach. Denn mit vorschnellen, verkürzten Ratschlägen ist es oft nicht getan.

    „Lauern Sie ihm auf! Es hat nur Sinn, wenn Sie ihn auf frischer Tat ertappen.“

    Gesine Mantel Hundetherapeutin

    Und oftmals ist nicht der Hund das Problem. Jeder Hundehalter sollte sich darüber im Klaren sein: „Meine Beteiligung beträgt zumindest 50 Prozent“, macht die 42-jährige Diplom-Biologin deutlich. Das sei nicht anders wie in einer zwischen Mensch und Mensch. Hie wie da kreisen die Probleme oft um die Frage: Wie kriege ich den anderen dazu, etwas zu tun, was ich will, oder zu unterlassen, was ich nicht will.

    Schritt eins dazu ist: Man muss es dem anderen, sei es ein Mensch oder ein Hund, begreiflich machen. Er muss es verstehen (können). Man muss wissen, wie der Partner tickt. Was für Herrchen und Hund gleichermaßen gilt wie für Eltern und Kinder: „Meist geht es um Grenzen ziehen für den Hund.“

    Dies geht nur, wenn der Hund sein Herrchen oder Frauchen respektiert. Letztere müssen ihrem Vierbeiner klar machen: „Jetzt tust Du das, was ich (!) will.“ Dabei nutzen viele Menschen die Chance, Respekt zu verspielen. Etwa wenn das menschliche Streichelbedürfnis größer ist das des Hundes. „Zeigen Sie sich dem Hund gegenüber nicht bedürftig“, warnt Mantel. Wer seinen Hund mit ins Bett nimmt, hebt jene soziale Distanz auf, die er an anderer Stelle wieder einfordert. „Das ist ein gewisser Widerspruch für den Hund.“

    Dem Hund das Futter wegnehmen, um die eigene Position zu demonstrieren? Das kann heikel sein. Den Napf unter der Schnauze wegziehen, sollte man tunlichst vermeiden. Besser ist es, den Hund vom Napf wegzuschicken.

    Den Hund an der Schnauze packen, um ihm zu signalisieren: Das war nicht in Ordnung!? „Wenn er einen sonst nicht respektiert, kann es sein, dass er schnappt“, macht Mantel deutlich. Den Vierbeiner ignorieren? „Das ist sehr passiv“, sagt die Hundetherapeutin, „und für den Hund nicht eindeutig.“ Der Hund verstehe Ignoranz vielleicht nicht. Besser sei es, deutlich zu sagen: „Das will ich nicht – lass das sein.“

    Wer zuerst isst – Familie oder Hund – hält Mantel für „völlig gleichgültig“. Dies habe „keine Auswirkung auf seinen Gehorsam“, meint sie, sei vielmehr ein „etwas künstliches“ und „etwas holzschnittartig gehandhabtes“ Thema.

    Für „nicht so wichtig“ hält sie auch das Prinzip: der Rudelführer (also Herrchen oder Frauchen) geht als erster durch eine Tür, der Hund muss warten. „Immer oder nie ist oft nicht angemessen“. Wenn der Hund aufgefordert werde, vorauszulaufen, sei das auch okay.

    Geduld, Geduld und nochmals Geduld müsse man haben in Auseinandersetzungen mit seinem Hund. Gibt der Hund etwa nach Aufforderung ein Spielzeug nicht her (es könnte im Ernstfall ja auch einmal ein vergifteter Köder sein), muss Herrchen arbeiten. „Bleiben Sie dran. Geben Sie nicht so schnell auf – und wenn zehn Minuten oder eine Viertelstunde ins Land gehen. Nach einer halben Stunde merkt er sich nur noch: ,Okay, ich hab doch nachgeben müssen.'“

    Diesen Machtkampf müsse man austragen. Das Thema müsse man unbedingt klären – „man muss ja nicht gleich mit dem Morgenstern kommen“. Wer bei „Aus!“ und „Pfui!“ nicht hartnäckig bleibt, geht ein hohes Risiko. „Es gibt Hunde“, son Mantel, „die bewachen später den Kühlschrank und Sie haben Probleme, dorthin zu kommen.“

    „Ich bin unten, Du bist oben – das ist es, was Hunde verstehen“, macht sie deutlich. „Zaudern ist unsouverän. Im Moment des Zauderns verliere ich ein Stück Respekt.“ Denn in freier Wildbahn müsse das Tier schnell entscheiden, kann zaudern tödlich sein. Deshalb werde „Entscheidungsschwäche vom Hund nicht verziehen.“

    Acht Wochen ist der Welpe erst alt. Herrchen demonstriert stolz: Der kann schon ,Sitz!' und ,Platz!'. Mantel lächelt. Für sie ist das im Alltag „das Unwichtigste im Leben eines Hundes“. Sie stellt die Frage: „Kann ihr Hund alleine bleiben?“ Als Hundetherapeutin habe sie ständig mit diesem Problem zu tun, mindestens einmal pro Woche. Da gebe es „tragische Geschichten“. Denn wenn das Alleinsein-Können vonnöten ist und nicht gelingt, droht die Scheidung. Deshalb rät sie, „keinen Aufwand zu scheuen, um das zu trainieren“.

    „Zaudern ist unsouverän. Im Moment des Zauderns verliere ich ein Stück Respekt.“

    Gesine Mantel Hundetherapeutin

    Mit dem Allein-Lassen sollte man beginnen, wenn der Hund satt und müde ist und das Gassigehen hinter sich hat, in einer ruhigen Phase, wenn er nicht aufgedreht ist. Also gezielt. Und dann heißt es: Lauschen, warum nicht auch übers nicht aufgelegte Telefon oder Babyfon, womöglich auch über eine Kamera den Hund beobachten.

    Denn wenn der Alleingelassene etwas tut, was er nicht soll, dann muss Herrchen sehr schnell reagieren. „Lauern Sie ihm auf! Es hat nur Sinn, wenn Sie ihn unmittelbar auf frischer Tat ertappen.“ Und sich dann nicht scheuen auch mal den Schlüsselbund auf den Hintern zu werfen. „Dieser Schreckmoment ist wichtig.“

    Der Hund zerrt an der Leine – ein Dauerbrenner für viele Hundehalter. Im Alten Rathaus von Marktheidenfeld hat man das Gefühl, als könnte man allein über diesen Aspekt stundenlang diskutieren und Erfahrungen austauschen. Für sie, sagt Mantel, sei die Leine nur eine Art Telefonkabel. „Ich zeige, was ich möchte. Und der Hund hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Leine locker ist.“

    Zunächst gelte es zu prüfen, ob der Vierbeiner auch versteht, was der Zweibeiner überhaupt von ihm will. Und dann gilt es wieder, Geduld und Hartnäckigkeit an den Tag zu legen – „und wenn's 'ne halbe Stunde dauert“.

    ONLINE-TIPP

    Die Homepage der Referentin: www.hundetherapie-mantel.de

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