Einen baldigen Frühlingsanfang und keinen gefühlt unendlich langen Winter wie im vergangenen Jahr wünscht sich Volker Weigand aus Heßdorf. Wenigstens sonnig sollte es sein. Der Gärtnermeister führt in dritter Generation eine Gärtnerei, die in Gewächshäusern verkaufsfertige Topfpflanzen für den Großhandel produziert. „Ich brauche bei trübem Wetter und null Grad mehr Energie als bei Sonne und minus sechs Grad“, sagt der 46-Jährige. Und ist der Winter lang, bleibt er, wie 2013 geschehen, auf seinen Blumen sitzen. Immerhin zieht Weigand rund eine Million Pflanzen im Jahr groß.
Eine Ahnung von Frühling ergreift einen, wenn man im einem der Heßdörfer Gewächshäuser das Meer aus Primeln in den verschiedenen Sorten und Farben sieht – und vor allem riecht. In einem anderen leuchten Tausende Hornveilchen und Stiefmütterchen in allen Farben: orange, gelb-lila, gelb, lila-weiß. 17 Sorten Hornveilchen und 16 Sorten Stiefmütterchen zählt Weigand spontan auf. Insgesamt zieht er rund 50 Blumenarten groß. Und jede Art hat mehrere Sorten. Allein von der Hängepetunie produziert er vier Dutzend Sorten.
„Kein Wasser und kein Dünger gehen verloren.“
Gärtner Volker Weigand über sein Bewässerungssystem
Heutzutage läuft bei der Gärtnerei vieles mit moderner Technik: Eine Topfmaschine hilft, die gekauften kleinen Pflänzchen in größere Töpfe umzusetzen, per Computer werden Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Belichtung in den Gewächshäusern gesteuert, auch die Bewässerung läuft automatisch. Als Gurgeln nimmt man die Bewässerung der beweglichen Tische wahr, auf denen die Blumen stehen, in Form eines Ebbe-Flut-Systems – ein geschlossener Kreislauf. „Kein Wasser und kein Dünger gehen verloren“, sagt Weigand. Dabei reiche das Regenwasser aus der Zisterne.
So viel Technik muss heute auch sein, um preisgünstig produzieren zu können. Weigand berichtet von einem enormen Preisdruck, ausgelöst durch Super- und Baumärkte. Viele kleine Gärtnereien gingen daran zugrunde, während große immer größer würden. Massenproduktion. Zugleich werden insgesamt immer weniger Topfblumen gekauft, da die Deutschen weniger pflanzen und – ein weiterer Grund – Urnengräber immer mehr die klassischen Erdgräber ersetzen. Für einen relativ kleinen Produktionsbetrieb wie die Heßdörfer Familiengärtnerei bleibe da nur, auf Qualität zu setzen, auf schöne und gesunde Blumen. Wer bei Aldi und Co. eine Geranie kaufe, bekommt oft keine ausgewachsene. „Bis die was ausschauen, ist der Sommer rum“, sagt Weigands Frau Heike, die wie die Eltern ihres Mannes hilft.
Die Weigands setzen zudem verstärkt Mikroorganismen und Nützlinge statt Pflanzenschutzmittel ein. „Gegen die Weiße Fliege muss ich nichts mehr spritzen“, sagt der Gärtner. Die Arbeit erledigen Schlupfwespen. Zwischen den Blumen stecken hier und da gelbe Locktafeln, an denen Schädlinge wie die in Gewächshäusern gefürchtete Weiße Fliege hängen bleiben. Weigand kann daran ablesen, wie stark und welcher Art der Schädlingsbefall ist und wann er wieder hungrige Schlupfwespen aussenden muss.
Hauptsaison für Weigand ist die Beet- und Balkonpflanzenzeit von Mitte April bis Mitte Mai. Die pflegeleichten Geranien sind hier nach wie vor der Renner. 60- bis 70 000 verkauft der Heßdörfer Betrieb alleine davon. Die experimentierfreudige junge Generation greife zwar auch mal zu Hängepetunien, aber die gingen ein, wenn sie trocken würden. Eine Geranie könne das aushalten.
Der vergangene lange Winter war so schlimm, weil die Heizkosten einerseits hoch waren, andererseits aber niemand Blumen kaufte. Bei den Frühblühern wie den Primeln habe er 50 bis 60 Prozent Verlust gemacht, sagt Weigand. Obendrein hätten die Ladenhüter den späteren Beet- und Balkonblumen den Platz weggenommen.
Vertragsanbau sei zwar sicher, der Erlös jedoch niedrig. Deswegen komme das für ihn nicht infrage. So muss er auf schönes Wetter hoffen und seine Ware auf Kommission an einen Großhändler liefern – wenn der nichts verkauft, bekommt Weigand kein Geld.
Die Saisonzeiten hätten sich heute nach vorne verschoben, erzählt der Gärtner. Auch in dem Fall seien Super- und Baumärkte der Auslöser, die immer früher bestimmte Blumen im Angebot hätten. Jeder wolle der Erste sein. Er als Anbauer müsse da mitziehen. Ob er wolle oder nicht.
Die Zukunft des vom Großvater 1949 gegründeten Betriebs jedenfalls ist gesichert: Der jüngere Sohn, Philipp, macht gerade eine Ausbildung zum Gärtner. Der 17-Jährige soll den Betrieb dereinst übernehmen. Da andere in der Gegend keine Nachfolger haben, wie Weigand sagt, könnte die Heßdörfer Gärtnerei womöglich in die Bresche springen.