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MARKTHEIDENFELD: Gemischtes Echo nach Aufzug der Rechtsextremen

MARKTHEIDENFELD

Gemischtes Echo nach Aufzug der Rechtsextremen

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    Zwischen 400 und 500 Gegendemonstranten der Antifa und der Bürger aus Marktheidenfeld und Umgebung sollen es bei der Kundgebung der Rechtsextremen, die selbst mit 100 Personen vertreten waren, gewesen sein. Unser Bild zeigt den Adenauerplatz am Samstagnachmittag. Die Rechten sind hinter dem Lastwagen links kaum zu sehen.
    Zwischen 400 und 500 Gegendemonstranten der Antifa und der Bürger aus Marktheidenfeld und Umgebung sollen es bei der Kundgebung der Rechtsextremen, die selbst mit 100 Personen vertreten waren, gewesen sein. Unser Bild zeigt den Adenauerplatz am Samstagnachmittag. Die Rechten sind hinter dem Lastwagen links kaum zu sehen. Foto: FOTO M. Harth

    Eine häufig gestellte Frage ist beispielsweise die nach den Kosten, die die Veranstaltung der „Freien Nationalisten“ aus vier Bundesländern dem Staat verursacht hat. Eine Frage, die sich kaum beantworten lässt, da die Polizei keine Angaben zur konkreten Anzahl der eingesetzten Polizisten in Marktheidenfeld und den Kosten ihres Einsatzes macht.

    Polizeihauptkommissar Jürgen Pfau von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken bezog am Montag nur Stellung zu Details der Verstöße und Festnahmen. So wurden am Samstag 13 Personen während der Demo „vorübergehend festgenommen“, erklärte er. Dabei sei es jedoch um kleinere Delikte wie Verstöße gegen das Vermummungsverbot und Beleidigungen gegangen.

    Keine Waffe sichergestellt

    Beim angezeigten Verstoß gegen das Waffengesetz handele es sich um eine Ordnungswidrigkeit, keine Straftat. „Der junge Mann hatte einen Gegenstand dabei, der an sich keine Waffe ist, aber als solche verwendet werden kann“, sagte Pfau. Eine Person wurde „in Gewahrsam genommen“.

    Diskutiert wird auch die Zahl der Gegendemonstranten. Die Polizei selbst hatte am Samstag von rund 250 Linken gesprochen. Entlang der Wegstrecke des Marsches der Rechten und am Adenauerplatz dürften es ebenso viele Marktheidenfelder gewesen sein, die ihren Protest gegen braune Ideologie deutlich machten. Etwas enttäuscht hatten sich allerdings am Samstag unter anderem Kirchenvertreter über die Beteiligung am Lichterzug vom Freitagabend gezeigt. Im Internetforum äußert sich dazu eine Stimme: „Nennen Sie das Protest der Bevölkerung, wenn nicht einmal ein Prozent der Marktheidenfelder zur Lichterkette erscheinen?“

    Die Kundgebung in Marktheidenfeld nimmt derweil Wolfgang Ziller (Schweinfurt), der Spitzenkandidat der Partei „Die Linke“ für die Landtagswahl in Unterfranken, zum Anlass für die Forderung: „NPD und rechtsradikale Organisationen müssen verboten werden!“ Ziller, der selbst das Geschehen am Samstag vor Ort beobachtete, betont in einer Pressemitteilung: „Eine Verharmlosung neonazistischer Umtriebe sowie von menschenverachtenden, rassistischen, verfassungsfeindlichen Äußerungen rechtsradikaler Redner und Sänger wie am Samstag in Marktheidenfeld darf es nicht geben. Für die Bevölkerung vor Ort und überregional war und ist das eine unerträgliche Zumutung.“

    Unter den ca. 500 Gegen-Demonstranten waren viele Bürger aus Marktheidenfeld und der Umgebung sowie zahlreiche, vor allem junge Menschen aus Würzburg, Schweinfurt, Lohr und anderen Orten Unterfrankens, glaubt der Linke-Politiker zu wissen. Eine Gruppe junger Anti-Faschisten sei sogar extra aus Mannheim angereist, um gegen die Neonazis zu demonstrieren.

    Ziller fordert Polizei und Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen auf, da nach übereinstimmenden Aussagen anwesender Gegendemonstranten von den Rechtsradikalen in Marktheidenfeld Lieder mit volksverhetzenden Texten öffentlich gesungen worden seien. Polizei und Staatsanwaltschaft seien trotz mehrfacher Hinweise von Demonstranten nicht eingeschritten.

    „Nennen Sie das Protest der Bevölkerung, wenn nicht einmal ein Prozent der Marktheidenfelder zur Lichterkette erscheinen?“

    Kommentar im Internet zur Kundgebung in Marktheidenfeld

    „Als beherzte Gegendemonstranten daraufhin kurzzeitig den Stecker des Stromkabels zogen, ging die Polizei erneut gegen antifaschistische Gegendemonstranten vor, verfolgte jedoch in keinster Weise die fortgesetzt aggressiven Reaktionen der Rechtsradikalen“, ärgert sich Ziller.

    Das „Bündnis für Toleranz und gegen Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus im nördlichen Main-Tauber-Kreis“ gibt durch ihren Sprecher David Otte derweil eine Stellungnahme zu den Äußerungen der Polizei und der Vertreter des Landratsamtes bezüglich der Abmeldung der Gegenkundgebung am Samstag in Marktheidenfeld ab. Etliche Aussagen seien unrichtig.

    Otte schreibt: „Vom Einsatzleiter der Polizei wurde im Rahmen des Koordinationsgespräch mündlich zum Ausdruck gebracht, dass es von Seiten der Polizei nicht geduldet werde, sollten sich Personen während der Kundgebung von der selbigen entfernen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in die Kundgebung eintreten wollen. Ebenso wurde vom Einsatzleiter der Polizei dem Anmelder angedroht, sollte es durch TeilnehmerInnen der Kundgebung (...) im Rahmen der Nazidemonstration auch und gerade an anderer Stelle zu Straftaten kommen, werde die Polizei diese dem Anmelder anlasten.“

    „Einschüchterungsversuche“

    Des Weiteren hätten Vertreter der Versammlungsbehörde und der Polizei versucht, massiv Einfluss auf die Dauer, den Ort und die Inhalte der Kundgebung zu nehmen. „Es bleibt festzustellen, dass die Gesamtheit der Auflagen und Einschüchterungsversuche seitens der Versammlungsbehörde und der Polizei einen massiven Einschnitt in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bedeutet hätten und somit eine freie Kundgebung gegen den Naziaufmarsch nicht möglich gewesen wäre“, bilanziert das Bündnis.

    Anmeldern künftiger Kundgebungen und Demonstrationen rät das Bündnis, „mindestens zwei Personen zu einem Koordinationsgespräch zu schicken und ein ausführliches Gesprächsprotokoll anzufertigen. Unser Vertrauen in die Versammlungsbehörden und die Polizei ist verloren (...)“. Das Bündnis für Toleranz werde in jedem Fall bei einer zukünftigen Anmeldung jede mögliche Form von Rechtsmittel ausschöpfen, heißt es abschließend.

    Online-Tipp

    Bilder und ein Video der Kundgebung am Samstag in Marktheidenfeld sowie weitere Berichte finden Sie im Internet unter www.mainpost.de. Die Verlagsgruppe von Holtzbrinck, zu der auch die MAIN-POST gehört, hat eine Aktion gegen Rechtsextremisten in Deutschland gestartet. Näheres: www.netz-gegen-nazis.de

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