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ALTFELD: Georg Fertig: Amtlicher Altfelder Wetterfrosch

ALTFELD

Georg Fertig: Amtlicher Altfelder Wetterfrosch

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    Beobachtet seit fast vier Jahrzehnten das Wettergeschehen: Altbürgermeister Georg Fertig in Altfeld an einem Regenmesser – im Hintergrund steht eine „Thermohütte“, an der die Plus- und Minusgrade abgelesen werden können.
    Beobachtet seit fast vier Jahrzehnten das Wettergeschehen: Altbürgermeister Georg Fertig in Altfeld an einem Regenmesser – im Hintergrund steht eine „Thermohütte“, an der die Plus- und Minusgrade abgelesen werden können. Foto: Foto: Günter Reinwarth

    Alle reden vom Wetter. Auch Georg Fertig. Aber: Er redet nicht nur darüber, er beobachtet es auch und hält penibel genau fest, wie viel es regnet und schneit, wie oft und wann die Sonne scheint und wie lange es donnert und möglicherweise auch hagelt.

    Seit 38 Jahren ist Fertig Wetterbeobachter. Auch im hoch betagten Seniorenalter von 87 Jahren bleibt er seinem Hobby treu – fertig ist er noch lange nicht, weil er sich rundum gesund und fit fühlt. Auch das Autofahren ist für den Altbürgermeister kein Problem. So sitzt er noch etwa 8000 Kilometer pro Jahr hinter dem Steuer.

    Sein Beruf als Landwirt brachte es mit sich, dass er mit der Natur praktisch „auf Du und Du“ ist und das immer wiederkehrende Schauspiel vom Werden und Vergehen wie kaum ein anderer kennt. Weil er seinem Hobby praktisch einen amtlichen Anstrich geben wollte, bewarb er sich 1975 beim Wetteramt Nürnberg als Wetterbeobachter.

    Die Behörde schickte darauf hin zwei Mann in das eineinhalb Kilometer lange Vorspessartdorf. Nach einem kurzen Gespräch bedeuteten sie dem Landwirt: „Dann machen Sie mal!“ Sie gaben ihm unter anderem zwei Regenmesser und erklärten, wo und wie er diese installieren sollte – nämlich mindestens vier Meter vom nächsten Gebäude entfernt – und zwar freistehend. Sogar die Uhrzeit wurde für die Aufzeichnungen festgelegt: exakt um 8.30 Uhr plus/minus zehn Minuten musste Fertig sich um die meteorologischen Erscheinungen kümmern. Der nun „amtliche Altfelder Wetterfrosch“, der auch bis zur Eingemeindung im Jahre 1976 nach Marktheidenfeld elf Jahre lang auf dem Chefsessel des Rathauses saß, schickte Monat für Monat seine Aufzeichnungen an das am Nürnberger Flughafen angesiedelte Wetteramt. 2005 wurde die Behörde aufgelöst und nach München verlegt.

    Georg Fertig hatte sich längst so eng mit seinem meteorologischen Steckenpferd angefreundet, dass er es auf rein privater Basis weiter betrieb. Die beiden „behördlichen Regenmesser“ durfte er behalten. Neuer Empfänger seiner Aufzeichnungen war nun die Stadt Marktheidenfeld, nachdem Bürgermeister Leonhard Scherg und seine Nachfolgerin Helga Schmidt-Neder Interesse an den Daten des Altfelder Altbürgermeisters signalisiert hatten.

    Es sind fast 30 000 Liter Regen (und Schnee), die zwischen 1975 und 2012 auf die Altfelder Gemarkung fielen. Ein Blick in „Fertigs Liste“ ist auch für den Laien nicht uninteressant. Das regenärmste Jahr gab es 1976 mit einer Gesamt-Niederschlagsmenge von nur 490 Litern pro Quadratmeter. Damals schien im Sommerhalbjahr so oft die Sonne, dass die Winzer einen Spitzenjahrgang auf die Kelter bringen konnten. 1981 hatte es dagegen geschüttet, was das Zeug hergab. Mit 1085 Litern fiel damals der meiste Regen während der Fertigschen Wetteraufzeichnung.

    Als Monat mit der längsten Trockenheit hat Fertig den April 2007 festgehalten, als es 30 Tage lang nicht einmal „tröpfelte“. Das Frühjahr des gleichen Jahres brachte zwischen dem 26. März und dem 4. Mai mit 40 Tagen die längste Trockenheit am Stück in der Fertigschen „Datenbank“. Ein meteorologisches „Gegenstück“ findet man im Winter 96/97, als die Altfelder Flur 32 Tage vom 23. Dezember bis 23. Januar lang ununterbrochen mit einer weißen Pracht bedeckt war. Im Januar des Vorjahres gab es einen anderen Rekord, als im Januar 1995 mit 192,2 Litern pro Quadratmeter der niederschlagsreichste Monat markiert werden konnte. Am 26. des gleichen Monats muss es buchstäblich „Bindfäden“ geregnet (oder geschneit) haben, als 68,5 Liter für die niederschlagsreichsten 24 Stunden in die aberhunderte von täglichen Wetterdaten in die Statistik eingingen.

    Gerichtsverwertbare Wetterdaten

    Im riesigen Zahlenwerk der Wetterdaten des „Fertigs Schorsch“ verstecken sich eine Menge gerichtsverwertbarer Daten, wie er am Rande des Gesprächs erwähnt. Der Wetterbeobachter aus Leidenschaft hat weit mehr als nur niederschlagsreiche Tage, Monate und Jahre notiert.

    In seinen peniblen Aufzeichnungen, die er im Kleinformat zusammengefaltet immer in seinem Geldbeutel stecken hat, steht nicht nur genau, wie lange wann die Sonne geschienen und wie häufig es gewittert und gedonnert hat, sondern wann mit dem Donner auch Blitzschläge einhergingen und wie intensiv es gehagelt hat. In den Wetterbeobachtungen vebergen sich nämlich gerichtsverwertbare Daten – zum Beispiel für Rückfragen der Hagelversicherung und bei Blitzschäden an elektrischen Anlagen, wenn zurückverfolgt werden muss, wann exakt der Fernseher oder die ISDN-Anlage kaputt gingen.

    Fertig ist ein Fall im Raum Lohr bekannt, als nach einem Autounfall bei der Gerichtsverhandlung der Straßenzustand eine Rolle spielte und unterschiedliche Fakten und Wetterdaten ins Spiel gebracht wurden. Letzten Endes orientierte sich der Richter bei seinem Urteilsspruch an den Aufzeichnungen eines Mannes, der in der selben Mission wie Fertig tätig war. Text: Arth

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