Schwerpunkt der Sitzung des Marktgemeinderats im Rathaus war die Stadtgestaltung mit Förderprogramm, Gestaltungsatzung und Gestaltungshandbuch für Kreuzwertheim. Ziel ist eine ortsgerechte Gestaltung, die das historische, ortstypische Bild erhält und aufwertet.
Die Sitzung begann mit einem Rundgang durch die Gemeinde, bei dem positive und negative Beispiele für Gestaltung und Ideen aus dem Gestaltungshandbuch vorgestellt wurden. Geführt wurden die Teilnehmer von den beiden Stadtplanern Alexandra Franzke und Mathias Dargel von Schirmer Architekten und Stadtplaner sowie der Kreuzwertheimer Architektin Michaela Meister. Das Büro Schirmer hat das Gestaltungshandbuch erarbeitet, Meister berät bei Sanierungsfragen vor Ort.
Photovoltaikanlage müssen sich optisch im Hintergrund halten
Mit dem Blick auf das Fürstin-Wanda-Haus gingen die Architekten auf die für Kreuzwertheim typische Zellenstruktur und Kubaturen ein. Im Altort sei diese Struktur noch erlebbar, so Dargel. Am Beispiel des Volksbankgebäude besprach man das Thema Solar- und Photovoltaikanlage im Sanierungsgebiet. Laut Bürgermeister Klaus Thoma sind diese zulässig. Sie müssen aber so gestaltet sein, dass sie sich optisch im Hintergrund halten. Auch auf das Thema Schaufenster wurde eingegangen. Wichtig sei, dass die typische Lochfassade der alten Häuser noch erlebbar sei. Bei der Aufstellung von Werbeanlagen ist aus Sicht der Planer wichtig, dass eine Überfrachtung des öffentlichen Raums damit vermieden wird. Franzke verwies beim generellen Thema Beschilderung darauf, dass es aktuell ein bisschen einen Schilderwald gebe. Sie empfahl dem Gemeinderat ein Konzept zu erarbeiten, das dafür sorgt, dass sich die Beschilderungen in den Altort einfügen.
Auf dem Weg wurden auch einige negative Gestaltungsbeispiele aufgezeigt, beispielsweise bei der Fassadengestaltung oder den Rollläden. Als positives Beispiel wurde das Gelände des Weinguts "Alte Grafschaft" aufgezeigt. Angefangen von der historischen Torsituation über die Dacheindeckung mit den typischen Biberschwanzziegeln bis hin zur Fassadengestaltung mit Begrünung. Inhaber Norbert Spielmann betonte, man setze auf Authentizität, die die Historie des Weinguts widerspiegle. Dazu gehöre der Erhalt des historischen Ambientes und die Einpassung aller neuer Elemente.
Wie ortsgerechte Gestaltung gelingen kann
Am Haus des Dichters Storch wurde diskutiert, ob und warum Kunststofffenster für die historischen Gebäude unpassend sind. Meister erklärte, Holzfenster seien nachhaltig. "Auch Kunststoffrahmen altern." Franzke verwies ergänzend, im Altort sollten es auf jeden Fall Holzfenster sein. Bei der Rathausgasse wurde an einem Beispiel das Thema Neubau im Altort besprochen. Deren Kubatur sollte sich in die Umgebung einfügen. Auch neue Elemente könnten sich gut einfügen, sagte Franzke. Dazu müssten diese passend gestaltet werden.
Am Kirchplatz, als Herz des Altorts, zeigten zwei Sanierungsbeispiele auf, wie ortsgerechte Gestaltung gelingt. "Sie sind in jedem Gestaltungselement ortsgerecht hergestellt", lobte Franzke. "Naturfarben sind im Altort wichtig", verwies sie beispielsweise auf die Farbgebung aus Anstrich und Materialauswahl. Mit Blick auf den Innenhof bei den Häusern zeigte sie auf, wie man durch Flächengestaltung den Wohnraum nach außen erweitern kann.
Das Eckhaus an der Fürstin-Margarete-Straße / Haslocher Straße ist ein Beispiel für die erste Siedlungserweiterung des Altorts im 19. Jahrhundert. Groß war die Freude, dass der Eigentümer das Gebäude ortsgerecht sanieren möchte.
Satzungsvorgaben gelten nur bei Veränderung, Abriss und Neubau
Im Sitzungssaal stimmte der Marktgemeinderat anschließend dem Gestaltungshandbuch mit integrierter Gestaltungssatzung zu. Ziele der Satzung sind unter anderem, das historische Baugefüge zu erhalten, vorhandene Gestaltungsmängel zu beheben und Neubauten in die Umgebung einzufügen. Bürgermeister Klaus Thoma betonte, die Satzungsvorgaben gelten nur bei Veränderung, Abriss und Neubau im Satzungsgebiet. Der Bestand genieße Schutz. Die Satzung umfasst zwei Regelungsgebiete.
Die Regelungstiefe eins entspricht dem historischen Altort (Abgrenzung Sanierungsgebiet I Altort von 1991). Hier sind die Vorgaben strenger als im Bereich für Regelungstiefe zwei, das dem Sanierungsgebiet "Altort Kreuzwertheim" entspricht, welches der Gemeinderat am 14. Dezember 2021 beschlossen hatte. Die Satzung gilt für alle genehmigungspflichtigen und verfahrensfreie Errichtungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Instandsetzungen sowie für den Abbruch von Bauten und die Gestaltung der privaten Freiflächen mit Mauern und Einfriedungen. Sie regelt folgende Bereiche: Grundstücks- und Parzellenstruktur, bauliche Einfügung inklusiv Geschosszahl, Stellung der Gebäude mit Abstandsflächen, Dachlandschaft, Straßen. Gassen, Plätze und Gärten und Höfe.
Regelungen zu Schaufenstern, Sonnenschutz und Kaminen
Weiterhin gibt es Regeln zu Gebäudemerkmalen. Dazu gehören beispielsweise Bauweise, Baukörper mit Außenwänden, Anbauten, Balkone, Farbgebung, Fassadenöffnungen, Fenstergröße und Fenstermaterialien sowie Türen und Gestaltung des Hauseingangsbereich. Ebenso finden sich in der Satzung Regelungen zu Toren, Schaufenstern, Sonnenschutz (Rollläden und Markisen), Dächer (Form, Eindeckung, Dachrinnen, Aufbauten und Einschnitte), Kamine, Photovoltaik- und Solaranlagen, Werbeanlagen, Schaukästen und Automaten sowie Gestaltungsvorgaben für private Freiflächen (wie Bepflanzung, befestigte Flächen, Einfriedungen, Nebenanlagen und Aufstellort für Mülltonnen und Müllcontainer).
Die Bauaufsichtsbehörden kann im Einvernehmen mit der Marktgemeinde Abweichungen von der Satzung erlauben, wenn diese den Satzungszielen nicht entgegenstehen oder die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unbilligende Härte führen würde. Bei Verstoß gegen die Satzung, ohne entsprechende Genehmigung, drohen Ordnungsgelder und Rückbauforderungen.
Der Beschluss erfolgte mit fünf Gegenstimmen. Rat Andreas Schmidt erklärte, er stimme gegen die Satzung, da diese seiner Meinung nach die Bürger zu sehr einschränke. Er verwies auf die sehr detaillierten Vorgaben. Er betonte aber auch, er trage die generellen Gestaltungsziele mit.
Das Gestaltungshandbuch bietet über die Satzung hinaus zahlreiche Vorschläge und Beispiele für die passende Gestaltung im Sanierungsgebiet.