"Wenn's nicht wehtut, dann ist's keine Satire", hat mir diese Woche ein Karlstadter Stadtrat erklärt. Deshalb hat die Partei mit dem hochgradig satirischen Namen "die Partei" auf ihre Wahlplakate, die auch in Karlstadt und Lohr hängen, nicht nur das Wort "Feminismus" geschrieben, sondern darüber hinaus ein schlimmes Schimpfwort für Frauen. Ich hab' das Wort als Bub mal in Anwesenheit meiner Oma verwendet und dafür eine Ohrfeige erhalten. Die tat weh. Erst jetzt verstehe ich, dass meine Oma Satirikerin war.
Ernst gemeint sind dagegen die bundesweiten Ambitionen der Freien Wähler. Bei einem kürzlichen Berlin-Besuch fiel das Plakat von FW-Kandidatin Mandana Share ins Auge. Man möchte zu gern mal hören, wie Hubert Aiwanger, der im Großen und Ganzen mit dem einzigen Vokal O zurechtkommt, diesen Namen ausspricht. Mit diesem Gedankengang konnte man in Berlin übrigens keine Lacher ernten. Von Hubert Aiwanger hat da noch keiner gehört.

Aber zurück nach Main-Spessart, Wiege der Freien Wähler. Dort hat die Mehrheit der Bevölkerung schon (brief-)gewählt. Wahlhelfer in Laudenbach, Glasofen und Ruppertshütten verbringen deshalb voraussichtlich einen ruhigen Sonntag neben der Urne. Und obwohl die Bürgerinnen und Bürger hoffen, am Sonntagabend dann Klarheit über eine künftige Regierung zu erhalten, ist eher wochen- bis monatelanges Koalitionsgeschachere zu erwarten. Dann könnte die Politik wieder überraschende Pärchen zueinander bringen. Jetzt schon ziehen die GroKo-Partner Hoffmann und Rützel zuweilen als ländliches Kurzhaar-Duo in Berlin an einem Strang für Main-Spessart. Künftig sind noch viel verwegenere Konstellationen denkbar.
Schließlich hat sich der Grüne Armin Beck erst kürzlich in einem schriftlichen Schlagabtausch zur B26n mit Hoffmann gefetzt – bei der ein oder anderen Podiumsdiskussion schien er aber grundsätzlich eher einem schwarzen Koalitionspartner zugeneigt als einem roten. Rützel wiederum hat ein Rote-Socken-Bündnis nicht kategorisch ausgeschlossen. Deshalb wird er im Wahlkreis künftig womöglich häufiger mit dem grün-blau-grau-haarigen Andreas Adrian von der Linken zu tun haben. Und bei allen Erwägungen spielt auch die FDP eine Rolle, weshalb Werner Jannek zu einem gewichtigen Zünglein an der Waage werden könnte.
Nun gut, noch ist alles Spekulation. Ein wenig klarer werden wir am Sonntagabend schon sehen. Gut möglich, dass vor allem die Wahrheit einer schon etwas bejahrten Einsicht von Loriot deutlich zutage tritt: "Der beste Platz für einen Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen."