„Wir haben höchste Ansprüche an unsere Liste gestellt“, sagte Ortsverbandsvorsitzende Bärbel Imhof in der Kandidatenaufstellungsversammlung für die Stadtratswahl im März 2014 am Donnerstag im Wombacher „Spessarttor“.
Die offene Liste – Kandidaten müssen kein Mitglied der Grünen sein – die jeweils zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt ist, sei international (eine Britin, ein Finne), altersmäßig gut gemischt (26 bis 73 Jahre) sowie bunt und breit gefächert (außer Rodenbach und Pflochsbach sind alle Stadtteile vertreten). Bislang stellen die Grünen drei Stadträte, künftig sollten es vier oder sogar fünf sein, wünschte sich Imhof.
Einer der wichtigsten Gründe zu kandidieren sei für ihn, Verantwortung übernehmen zu wollen, sagte Bürgermeister- und Stadtratskandidat Mario Paul. Kern der Politik sei für ihn das Miteinander-Reden. Die Politik stehe in der Verantwortung, den Bürgern Antworten auf Fragen wie Energiewende, demografische Entwicklung, Mobilität in der Region oder die Gestaltung künftiger städtischer Haushalte zu geben.
• Jugend und Familie: Mit diesem Themenkomplex befasste sich Ulrike Röder. Sie begrüßte die erfolgte Einführung eines Jugendbeirats. Darüber hinaus forderte sie die Einstellung eines Stadtjugendpflegers in Vollzeit. Ferner müsse es Ziel der Stadt sein, „die Attraktivität für Familien zu erhöhen“ durch „Kindertagesstätten verschiedener Ausrichtung“ oder auch „das Angebot moderner Wohnformen als Alternative zu teuren Einfamilienhäusern“.
„Dies ist eine ruinöse Entwicklung.“
Stadtrat Wolfgang Weis über das Finanzgebaren der Stadt
• Teilhabe: Die Bürger aller Stadtteile müssten gut mit dem Bus unterwegs sein können, sagte Angela Esgen-Prangishvili. Auch Asylsuchende hätten ein Recht auf Teilhabe. „Es muss doch, auch bei uns in Lohr, darum gehen, sich zu der moralischen und ethischen Pflicht zu bekennen, Menschen in Not aufnehmend zu begegnen.“
• Innenstadtentwicklung: Hier habe „man die Aufgabe nicht verstanden und bewegt sich plan- und konzeptlos in der Umsetzung von Einzelprojekten, die viel Geld kosten und oft keinen Sinn machen“, so Bärbel Imhof. Sie forderte ein aktives Flächen- und Immobilienmanagement“. Als „Entwicklungsraum“ nannte sie an erster Stelle das (private, Anm. d. Red.) Brauereigelände, das sie nicht privaten Investoren überlassen möchte. Dort könnten ihren Worten nach Single-Wohnungen, eine Alters-Wohngemeinschaft oder auch ein Mehrgenerationenhaus in Verbindung mit kleinen Geschäften und Dienstleistern im Gesundheitssektor geschaffen werden.
• Verkehrsentwicklung: Erster Schritt müsse eine Verkehrszählung sein, so Julian Hauptmann. Vor allem in der Innenstadt müsse der Verkehr reduziert werden. Anzustreben sei eine barrierefreie Stadt; es müsse möglich werden, problemlos mit einem Rollator oder Rollstuhl vom Seniorenheim in die Innenstadt zu kommen. Mit Blick auf die geplante Kulturhalle an der Gärtnerstraße forderte er für Graben- und Anlagestraße einen verkehrsberuhigten Bereich. Zu Ende gebaut werden müsse der Radweg nach Partenstein.
• Naturschutz/sanfter Tourismus: Laut Torsten Ruf wird die Kulturlandschaft im Lohrer Talkessel „hauptsächlich als Baulandlieferant“ genutzt, was „zu Lasten von Streuobstbeständen, Feldgehölzen, Acker- und Grünflächen“ gehe. Es müssten vorrangig vorhandene Bauplätze und Leerstände betrachtet werden. Ruf schlug auch neue Kultur- und Naturerlebniswege vor.
• Energie, Wald, Finanzen: Für Wolfgang Weis ist Energiesparen wesentlich. Städtische Gebäude müssten energetisch saniert werden. Allerdings reiche dies nicht aus, um eine Energiewende zu schaffen. Wegen Konflikten der Windkraft mit Landschaftsschutzgebieten blieben für Lohr derzeit vorrangig nur Photovoltaik und Holzhackschnitzel. Allerdings sei „immenser Nachholbedarf vorhanden“.
Als Armutszeugnis bezeichnete Weis, dass in Lohr bei öffentlichen Baumaßnahmen kein Holz verwendet werde. „Das muss sich ändern und wird sich ändern, wenn wir endlich die Mehrheit im Stadtrat haben werden.“ Mit Blick auf die Tatsache, dass der Verwaltungshaushalt seit mehreren Jahren mit Geld aus der Rücklage gestopft werden muss, sagte Weis: „Hier lebt die Stadt über ihre Verhältnisse und dies ist eine ruinöse Entwicklung“.
• Demografie/Innenentwicklung: Lohr werde laut amtlicher Statistik bis 2030 voraussichtlich 1200 Einwohner verlieren, so Diana Pechlaner. Dadurch würden mehr als 300 Wohnungen frei. Sie wünschte sich vor diesem Hintergrund „moderne Revitalisierung, ausgewogene Nachverdichtung, fallweise Arrondierung“. Allein im Altstadtbereich gehörten der Stadt rund 20 leerstehende Wohnungen mit Platz für 60 Menschen. Durch Nichtnutzung dieser zusammen rund 2200 Quadratmeter verzichte die Stadt auf Mieteinnahmen von „jährlich weit über 100 000 Euro“, so Pechlaner. Entweder müsse die Stadt selbst investieren oder Wohnraumförderungsprogramme anbieten oder sich aktiv um geeignete Investoren bemühen.
Die Stadtratskandidaten der Grünen
Die Lohrer Grünen treten mit folgender Liste an, die in der Aufstellungsversammlung am Donnerstag von den 28 anwesenden Stimmberechtigten einstimmig beschlossen wurde: 1. Mario Paul (38, Kernstadt), Politikwissenschaftler; 2. Bärbel Imhof (52, Kernstadt), Diplom-Biologin; 3. Wolfgang Weis (58, Sendelbach), Forstrat; 4. Diana Pechlaner (42, Kernstadt), Architektin; 5. Torsten Ruf (36, Lindig), Bachelor of Science Naturschutz und Landschaftspflege; 6. Ulrike Röder (43, Steinbach), Diplom-Ingenieurin Lebensmitteltechnologie; 7. Julian Hauptmann (27, Kernstadt), Heilpraktiker; 8. Angela Esgen-Prangishvili (45, Sendelbach), Forschungsreferentin; 9. Clemens Kracht (43, Wombach), Gebietsverkaufsleiter; 10. Uta Riedmann (64, Steinbach), Studienrätin i.R.; 11. Albert Jücker (56, Ruppertshütten), Forstwirtschaftsmeister; 12. Karin Lutz (54, Halsbach), Erzieherin; 13. Elaine Sims (66, Wombach), Übersetzerin; 14. Erich Lang (57, Steinbach), Krankenpfleger; 15. Christine Blaser (53, Sendelbach), Verwaltungsangestellte; 16. Andreas Brauns (51, Kernstadt), Jurist; 17. Barbara Henrici (73, Kernstadt), Hausfrau; 18. Erno Hirvelä (34, Steinbach), Medientechniker; Carola Schrauth (48, Sendelbach), Erzieherin; 20. Axel Scholz (51, Sackenbach), Forstamtsrat; 21. Lena Werner (26, Kernstadt), Technische Zeichnerin; 22. Monika Wolf (56, Sendelbach), Bankkauffrau; 23. Gisela Götz (73, Sackenbach), Oberstudienrätin i.R.; 24. Gerold Wandera (73, Lindig), Rektor i.R.; 25. (Ersazkandidatin) Bärbel Selig (48, Kernstadt), Krankenschwester.