Das Bellen von Schulhund Theo hallt laut in den Gängen der Grundschule Karlstadt. Richtig, dass er eine fremde Person hier in seinem Revier erstmal ausgiebig verbellt. Jürgen Östreicher, Klassenlehrer der 3c, redet mit ruhiger Stimme auf seinen Rauhaardackel ein. Er dreht um, lässt ihn Sitz machen und versucht aufs Neue eine Begrüßung. Wauwauwau, nichts zu machen. Theo bleibt aufgeregt.
"Er ist elf Monate alt und lernt noch", entschuldigt sich der Lehrer, "eigentlich war er nicht als Schulhund geplant." Das habe sich so ergeben und er bringt Theo nun zweimal die Woche mit. Auch bei Schulfesten und Wandertagen ist der junge Dackel dabei.
Theo hat seine Rückzugsmöglichkeit
Mit den Kindern hat er den Aufenthalt seines Hundes vorbereitet. Er erklärte, dass ein Hund ein viel besseres Gehör habe. Seitdem ist es ruhiger in der Klasse. Auch haben sie Regeln festgelegt. Wenn die Kinder in einer Schulstunde anhaltend zu laut sind, darf Theo das nächste Mal zu Hause bleiben. Wenn es Theo zu viel wird, hat er eine Hundebox im Klassenraum. Seine Rückzugsmöglichkeit, in der er auf keinen Fall gestört werden darf.
Diplom-Biologin Gesine Mantel aus Würzburg hat sich auf das Verhalten von Hunden spezialisiert. Sie berät und behandelt Hunde – und ihre Besitzer*innen – seit über zwei Jahrzehnten. Was sie von Schulhunden hält? "Ich finde das extrem begrüßenswert. Es ist wichtig Kinder für das Verhalten von Tieren zu sensibilisieren."
Tier muss extrem hohe Reizschwelle haben
Doch sie betrachtet das Thema auch kritisch. Ein Schulhund müsse eine extrem hohe Reizschwelle haben. Eine psychische Überlastung des Tieres könne langfristig zu Verhaltensveränderungen führen. "Ich habe schon ausgebildete Blindenhunde erlebt, die den Stress auf Dauer nicht ausgehalten und gebissen haben", sagt sie. Oft fehle dem Besitzer die Kompetenz, um die emotionale Gesundheit des Hundes zu beurteilen. "Es gibt zwar, wie für alles, auch hier Zertifizierungen, aber die sind sehr teuer und auch kein Garant."
Über die positiven Effekte sagt der Lehrer: "Die Kinder konzentrieren sich besser, wenn Theo dabei ist." In bestimmten Situationen tröstet der Hund auch. "Ein Mädchen hatte eine schlechte Arbeit zurückbekommen und war sehr traurig. Sie hat Theo dann in den Arm genommen und sich ausgeweint."
Mitbringen des Hundes vorher im Elternabend besprochen
Das Mitbringen seines Hundes hat Östreicher vorab im Elternabend besprochen. Dabei hat er auch geklärt, ob es Allergien gibt. "Es sind die kleinen Momente", erinnert sich Östreicher. Ein Junge haben immer einen großen Bogen um Theo gemacht, ihn erst nach Wochen gestreichelt. "Häh, du hast doch eine Allergie", riefen die anderen Kinder erstaunt. Der Junge zuckte mit den Schultern: "Die ist weg."
Gesine Mantel betont, dass Hundehalter – nicht nur von Schulhunden – unbedingt ein Grundwissen über die Körpersprache von Hunden haben müssen. "Will ein Kind einen Hund streicheln, der Hund aber signalisiert, dass er das nicht möchte, kann man das dem Kind erklären. Kinder sind wie ein Schwamm und unglaublich dankbar für solche Lektionen." Es sei eine der besten Methoden Kinder Empathie zu lehren.
Signale: Wie Hunde reagieren, wenn ihnen etwas nicht passtHunde möchten grundsätzlich nicht umarmt werden. Dies kommt im natürlichen Verhaltensrepertoire eines Hundes schlicht nicht vor. Ein Hund empfindet dies als bedrängendes, aggressives Verhalten. Auch das Drüberbeugen ist eine Bedrohung. Besser ist es, in die Knie zu gehen, wenn man den Hund streicheln will. Es gibt zahlreiche Hinweise, dass ein Hund Stress empfindet. Er zeigt dann sogenannte Beschwichtigungssignale: - Gähnen - Eine "Verbeugung" machen - Sich mit der Zunge über die Nase lecken - Dauer-Wedeln - Die Ohren anlegen, sich ducken - Hecheln und Zittern - Wegsehen, sich abwenden - Eine Pfote anheben - Sich ruhig hinsetzen oder -legen