Eine „erzieherische Maßnahme“ sorgte jüngst für Ärger am Balthasar-Neumann-Gymnasium Marktheidenfeld: Die Schulleitung schloss eineinhalb Wochen lang fünf von sechs Toilettenanlagen. Der Grund: Schüler hatten vorsätzlich Klos beschädigt, beschmutzt oder funktionsunfähig gemacht.
Die Zustände in den Toiletten des Marktheidenfelder Gymnasiums treiben Schulleitung und Hausmeister zur Verzweiflung: Immer wieder hängen einige Schüler Klotüren aus; manche legen sie zusätzlich lose auf die Toilettenkabinen, so dass sie eine Gefahr für die Mitschüler werden. Andere verstopfen WCs und Waschbecken, pinkeln auf den Boden, werfen mit nassen Papierhandtüchern oder klauen Klobrillen.
Unfug hat es auf den Toiletten gegeben, seit Schüler sie benutzen, aber für das Direktorat haben die vorsätzlichen Beschädigungen ein solches Maß erreicht, dass man sich zum Einschreiten genötigt sah, wie der Mitarbeiter im Direktorat, Studiendirektor Wenzel Breitschafter, in einem Gespräch mit der Main-Post erklärt. Direktor Kurt Blaschke wollte sich nicht selbst äußern.
Hausmeister Georg Höhlein hatte sich sogar die Mühe gemacht, von Klassenzimmer zu Klassenzimmer zu gehen, um fast alle der rund 900 Schüler aufzuklären und an ihre Vernunft zu appellieren.
Als alles nichts nutzte, ließ Direktor Blaschke fünf von sechs Toilettenanlagen sperren – eine „erzieherische Maßnahme“, die jeden Schüler bestrafte, ob schuldig oder nicht.
Auf jedem Stockwerk gibt es eine Anlage. Nur die Toiletten im 1. Stock blieben offen; dort in der Nähe liegen auch Direktorat und Lehrerzimmer, was mehr Kontrolle suggerieren sollte. So mussten sich knapp 900 Schüler sieben Kloschüsseln teilen – in einem Raum vier Kabinen für die Mädchen, in einem anderen drei Kabinen und sechs Urinale für die Jungen. Der Sinn der Aktion: Die Schüler sollten durch die Unannehmlichkeiten beim Toilettengang über die Zerstörungswut ihrer Kameraden nachdenken und diese unter Druck setzen, damit aufzuhören, erklärt Elternbeiratsvorsitzende Gaby Hofstetter. In der Folge kam es allerdings nicht nur zu Unannehmlichkeiten: Schüler gingen auch während des Unterrichts aufs Klo, weil ihnen die Zeit in den kleinen Pausen wegen der langen Schlangen nicht mehr reichte. Wer konnte, lief für ein dringendes Geschäft auch schnell nach Hause; selbst der nahe Bäcker ließ Schüler austreten.
Nach Auskunft von Breitschafter seien die Eltern von der Schulleitung nicht über die Toilettensperrung informiert worden. Für die Schüler gab es zwar Aushänge, denen aber nicht zu entnehmen war, wie lange die Kollektivstrafe dauern würde. Es hieß lediglich, dass alle Toiletten nach einer Verbesserung der Situation wieder geöffnet würden.
Laut Breitschafter hatte das Direktorat von Anfang an vor, in einer Schulversammlung an die Vernunft der Schüler zu appellieren, „entsprechend ihrer Bildung und ihrem Anspruch als Gymnasiasten“ und danach die Toiletten wieder zu öffnen. „Niemand hat daran gedacht, sie den ganzen Juli zu schließen.“ Doch dann habe es immerhin eineinhalb Wochen gedauert, bis man die Versammlung am Donnerstagmorgen, verteilt auf zwei Gruppen, einberufen habe. Direktor, Elternbeiratsvorsitzende und SMV forderten die Schüler auf, verantwortungsbewusst mit den Toiletten umzugehen.
Seither sind die Toiletten auf allen Stockwerken wieder offen. Elternbeiratsvorsitzende Hofstetter maßt sich kein Urteil über die „erzieherische Maßnahme“ an, hält aber auch eine drastische für gerechtfertigt. Sie kritisiert nur den Umfang und die Dauer der Toilettensperrung: „Das war nicht akzeptabel.“ Selbst die Elternbeiräte seien erst spät vom Direktor informiert worden und die Eltern trotz ihrer Anregung gar nicht.
Hofstetter will im kommenden Schuljahr die Toilettensanierung vorantreiben. Bislang seien erst im Keller und im Erdgeschoss neue Anlagen entstanden. Im 3. und im 4. Stockwerk wurde nur der Wasserdruck erhöht. Deshalb sieht sie weiteren Sanierungsbedarf. In derzeit mit dem Landratsamt laufenden Gesprächen über die bevorstehende Sanierung des über 30 Jahre alten Gebäudes habe Direktor Blaschke allerdings keine Mängel in den Toiletten angesprochen, teilt die Behörde mit. Dort geht man davon aus, dass die Anlagen, die es nötig hatten, längst saniert sind.