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Hartes Holz und neidische Nachbarn

Marktheidenfeld

Hartes Holz und neidische Nachbarn

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    Wenn man einen Marktheidenfelder fragt, was eigentlich Lorbsen ist, lässt die Antwort nicht lange auf sich warten. Nur tut sich ein Fremder schwer, sie zu verstehen. Seltsame Laute brechen hervor. Der Tonschwall lässt sich schwer in Worten beschreiben. Gaby Spengler, Vorsitzende des Faschingsvereins Lorbser, hat es versucht: "Ein ,r' gehört eigentlich gerollt. Die Marktheidenfelder können das ,r' aber nicht rollen. Also verschlucken sie es halb und geben einen Krächzer von sich."

    Seit 1990 ist das Hädefelder Narrentreiben fest mit den Lorbsern verbunden. In dem Jahr hatte sich der Vereinsring Marktheidenfeld in einen eigenen Faschingsverein gewandelt: die Lorbser. Bereits seit 1971 hatte der Vereinsring unter anderem den Fasching organisiert. Über den neuen Vereinsnamen bestand sofort Einigkeit, erzählt Gaby Spengler: "Die Marktheidenfelder sind einfach die Lorbser."

    Ähnlich ist es mit den Oberndorfer Narren, den Rattel: Jedes Kind im Spessart kannte den Spitznamen, doch lässt sich sein Ursprung nicht ohne Weiteres erschließen. So haben die Rattel schon die Wissenschaft beschäftigt: Der Bischbrunner Arnold Väth erkundigte sich 1991 bei Professor Dr. Norbert Richard Wolf, Inhaber des Lehrstuhls für deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Würzburg, was es mit dem Rattel auf sich hat.

    Wolf fand heraus, dass das Wort vom mittelhochdeutschen "Reitel" kommt und Holzstange, Prügel oder Knüppel bedeutet. Wenn die Spessarter von einem Rattel sprachen, meinten sie das Buchenscheit, mit dem ein Raufbold auf seinen Gegner eindrosch, weiß Sitzungspräsident Hugo Wamser. Drehten die Fuhrleute ihr Buchenholz zusammen, rattelten sie. Das Derbe, Knüppelhafte des Holzes fand seine Entsprechung in einem Spitznamen für einen ungehobelten, grobschlächtigen Menschen, einen Rattel eben.

    Manche Mitglieder hätten den 1969 gegründeten Oberndorfer Carnevalverein lieber "Spessarter Wildsäu" getauft, erinnert sich Wamser. Dann bekamen doch die Rattel den Zuschlag, auch wenn vielen die Verbindung mit dem groben Schlagholz nicht gefiel.

    Schufteten Oberndorfer Fuhrleute anno dazumal in den Spessartwäldern, hatten es die Menschen in Bergrothenfels auch nicht leichter. Auf dem steilen Gelände ging ihnen leicht der Leiterwagen durch, also mussten sie die Räder blockieren. Der Bremsschuh verlieh ihnen und ihrem 1968 gegründeten Faschingsverein den Namen: Berger Rämmschüeg.

    Nicht nur mit dem Gefälle, auch mit vielen Steinen mühten sich die Homburger ab - wie Esel, pardon Äisel, eben. Für den Homburger Carnevalverein ist der Name Steeäisel eine Ehrenbezeichnung - seit 40 Jahren ertönt das "Iaaa".

    Nicht nur an den früher oft gar nicht so lustigen Alltag erinnern die Namen von Faschingsvereinen. In Uettingen und Altfeld zum Beispiel deuten sie an, welche Gefühle die Bürger bei ihren Nachbarn in anderen Ortschaften auslösten. Genauer gesagt, schwang eine gehörige Prise Neid oder Spott mit, wenn man von Uettingen als Kleinparis sprach und die Altfelder, Michelriether oder Oberwittbacher Laabfrösch taufte.

    "Die Uettinger waren ein etwas lockereres Volk als die Gemeinden außenherum", führt Sitzungspräsident Wolfram Geiger an. Sie waren aufgeschlossener im Glauben und Fremden gegenüber zugänglicher - "da waren viele andere nicht ganz so weit". Im 1993 gegründeten Kleinpariser Faschingsclub haben die Uettinger ihren Spitznamen verewigt.

    In Altfeld waren die Sitten nicht lockerer als anderswo, aber die reichen Bauern aus der Grafschaft fielen gehörig auf, wenn sie nach Wertheim zum Einkaufen fuhren. Dafür sorgten ihre Jacken mit grünem Revers. "Die Laabfrösch kommen", haben die Kinder in Wertheim gerufen, berichtet Erhard Behl, Präsident des 1986 aus der Taufe gehobenen Vereins Alpfler Laabfrösch.

    Wer sich fragt, woher die alten Namen kommen, muss nicht immer einen Heimatforscher bemühen - manchmal ist der Ursprung ganz nahe liegend. So ist schnell erklärt, warum die Lengfurter Narren Schnagge heißen. Ganz einfach: Es gibt dort halt so viele.

     
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