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LOHR: Haus St. Michael verlässt Neustadt

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Haus St. Michael verlässt Neustadt

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    Die Tage des Reha-Hauses St. Michael in Neustadt sind gezählt: Weil eine Generalsanierung des vom Caritasverband angemieteten denkmalgeschützten Ensembles zu kostspielig wäre, nutzt die Einrichtung des Erthal-Sozialwerks das Angebot, in ein Würzburger Objekt umzuziehen.
    Die Tage des Reha-Hauses St. Michael in Neustadt sind gezählt: Weil eine Generalsanierung des vom Caritasverband angemieteten denkmalgeschützten Ensembles zu kostspielig wäre, nutzt die Einrichtung des Erthal-Sozialwerks das Angebot, in ein Würzburger Objekt umzuziehen. Foto: Foto: J. Ungemach

    Die Nachricht kam völlig überraschend: Die seit 1977 in Neustadt angesiedelte Rehaeinrichtung Haus St. Michael wird den Ort verlassen. Der Träger, das Erthal-Sozialwerk aus Eisingen, hat entschieden, dass die Einrichtung, die rund 40 psychisch kranke Menschen auf die Wiedereingliederung in den Alltag vorbereitet, voraussichtlich bis Ende 2014 nach Würzburg umzieht.

    Die rund 35 Mitarbeiter des Neustadter Hauses wurden am Montag bei einer außerordentlichen Betriebsversammlung über den Entschluss informiert. Alle erhielten das Angebot, auch in Würzburg für die Einrichtung zu arbeiten.

    Sanierung nicht wirtschaftlich

    Grund für den Umzug sind die seit knapp 40 Jahre bestehenden Räumlichkeiten. Die Einrichtung ist in vier Häusern in Neustadt untergebracht. Diese Gebäude hat das Erthal-Sozialwerk vom Caritasverband der Diözese gemietet. Wie Ilona Englert, Leiterin von Haus St. Michael, gegenüber der Main-Post erklärte, wäre nun eine umfangreiche Sanierung nötig geworden.

    Derzeit verfügten beispielsweise die Zimmer der 41 Rehabilitanten weder über Dusche noch Toilette. Beides sei auf den Gängen angesiedelt. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt die 49-jährige Sozialpädagogin, die seit sechs Jahren die Einrichtung leitet. Die Wohnverhältnisse spielten gerade für psychisch kranke Menschen eine gewichtige Rolle. Der Caritasverband als Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudeensembles habe jedoch deutlich gemacht, dass eine Generalsanierung wirtschaftlich nicht darstellbar sei, so Englert. Jedoch habe er das Angebot gemacht, dass das Haus St. Michael in ein anderes Gebäude umziehen könne, das ebenfalls dem Caritasverband gehört: das ehemalige Technikum-Hotel im Würzburger Stadtteil Heuchelhof.

    Dieses Objekt hat die Diözese vor einiger Zeit gekauft. Seit wenigen Wochen dient es als Notunterkunft für 75 Studenten, die Schwierigkeiten haben, in Würzburg ein Zimmer zu finden. Allerdings, so wurde bei der Übergabe der Räume an die Studenten durch Bischof Friedhelm Hofmann im November gesagt, stehe die Unterkunft nur für ein Semester zur Verfügung. Nun ist klar, dass danach und nach einigen Umbauarbeiten das Haus St. Michael einziehen wird.

    Einrichtungsleiterin Englert sieht dem Umzug mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen. „Wir haben uns hier sehr wohl gefühlt“, sagt sie über Neustadt. Die Rehabilitanten, zum größten Teil junge Männer und Frauen unter 25 Jahren, seien teilweise in den örtlichen Sportverein oder die Feuerwehr integriert. Auch die Ruhe des Landlebens habe etlichen Rehabilitanten gut getan. Allerdings kann Englert auch dem künftigen Standort am Rande Würzburgs viel Positives abgewinnen. „Die Lebensqualität wird deutlich verbessert“, sagt sie mit Blick auf zeitgemäß ausgestattete Schlafräume und das größere Platzangebot im neuen Objekt.

    Möglichkeit zur Expansion

    In Neustadt habe man an der räumlichen Kapazitätsgrenze gearbeitet. Für die künftige Bleibe gilt laut Englert: „Wir können wachsen, müssen es aber nicht.“ Bedarf für die von St. Michael gebotene Unterstützung psychisch kranker Menschen gebe es reichlich. Das nächste vergleichbare Haus befinde sich in Nürnberg.

    Im Haus St. Michael werden seit 1977 vorwiegend jüngere Menschen mit psychischen Erkrankungen von externen Fachärzten sowie hauseigenen Sozialpädagogen und anderen Therapeuten über einen Zeitraum von in der Regel 16 Monaten auf den Wiedereinstieg in ein selbstständiges Leben vorbereitet. Die Erfolgsquote ist laut Englert beachtlich: Während bei Ankunft in St. Michael nur fünf Prozent der Rehabilitanten einen Arbeitsplatz hätten, liege die Quote hinterher bei 70 Prozent. Die Finanzierung der Einrichtung läuft über Krankenkassen, Rentenversicherung und Arbeitsagentur.

    Bürgermeisterin völlig überrascht

    Neustadts Bürgermeisterin Karin Berger zeigte sich am Mittwoch „geschockt“. Sie erfuhr erst durch die Anfrage der Main-Post vom Abzug der Einrichtung. „Das wäre wirklich schlimm“, sagte sie mit Blick auf die über 30-jährige Tradition des Hauses im Ort und angesichts etlicher Teilzeitarbeitsplätze, die das Haus für Ortsbürger biete.

    Die Einrichtung sei aktuell der wohl größte Arbeitgeber in Neustadt, sagt Berger. Nur ein kleiner Trost dürfte es sein, dass die Gemeinde keine direkten finanziellen Einbußen durch den Abzug der Reha-Einrichtung haben dürfte. Laut Berger ist diese als soziale Einrichtung von Gewerbesteuerzahlungen befreit.

    Ob bereits klar ist, wie die freiwerdenden Gebäude in Neustadt nach dem Auszug des Hauses St. Michael genutzt werden, war am Mittwoch nicht in Erfahrung zu bringen.

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