Mit Hedwig Stenglein schließt eine Institution des Friseurhandwerks nach 50 Jahren die Ladentüre endgültig zu. Etwas Wehmut überkommt die Meisterin, dass sie jetzt aufgrund eines Unfalls Kamm und Schere aus der Hand legen muss.
Mehr als 20 Auszubildende und viele Mitarbeiterinnen erlernten bei Hedwig Stenglein das Friseurhandwerk von der Pike auf. Zur Abschiedsfeier trafen sich nochmals zahlreiche Weggefährten und Kunden und kramten in Erinnerungen.
Stengleins Berufswunsch war eigentlich Schneiderin gewesen, aber dafür hatte sie keine Lehrstelle gefunden. Mit 13 Jahren fuhr sie mit dem Zug nach Würzburg, hatte von ihren Eltern fünf Mark bekommen, und erkundigte sich mutig in der Großstadt nach Friseurlehrstellen.
13-Jährige suchte sich die Lehrstelle allein
Der Chef eines Ladens war über den Mut des Mädchens erstaunt, das da allein ohne die Eltern vorsprach, und gab ihm die erhoffte Lehrstelle. Nach der dreijährigen Ausbildung blieb Hedwig Stenglein noch eineinhalb Jahre in diesem Salon. Der Chef sei sehr streng gewesen, erinnert sie sich.
Ungefragt habe er sie außerdem eines Tages gemeinsam mit einer Kollegin zu einer Friseurmeisterschaft angemeldet, an der die junge Frau nicht hatte teilnehmen wollen. Am Ende belegte sie den ersten Platz und durfte sich „Unterfränkische Meisterin“ nennen . . .
Meisterin mit 21 Jahren
Die Meisterprüfung folgte schon im 21. Lebensjahr. Zu dieser Zeit war die Burgsinnerin Friseurin in einem Salon in Schweinfurt. Der dortige Chef sei sehr unglücklich darüber gewesen, dass sie einen Schlosser und keinen Friseur zum Mann haben wollte, wo er doch selbst einenpassenden Sohn – natürlich einen Friseur – gehabt hätte.
1960 heiratete die junge Meisterin und machte sich in Burgsinn selbstständig. Zuerst empfing sie im Haus von Hildegard Stegmann ihre Kunden, bevor sie 1967 ihren Salon in der Flurstraße baute, den sie nun schweren Herzens hat aufgeben müssen.