„So kann man mit Unternehmern nicht umgehen“. Und: „Das gibt es in keiner anderen Stadt, nicht mal in einem Dorf“ – Hermann Joha ist stinksauer. Sauer auf die Stadt Lohr. Den Filmproduzenten, Eigentümer des Hotels Franziskushöhe und vielfältigen Veranstalter empört, dass ihm die Stadt nicht gestattete, mit 30 Plakaten für eine Veranstaltungsreihe zu werben.
So groß ist der Frust des bei Köln lebenden gebürtigen Lohrers, dass er ankündigt, sich als Veranstalter komplett aus der Stadt zurückzuziehen. Wer den 56-Jährigen, seine Beziehung zu Lohr und sein Engagement in der Stadt kennt, der weiß, welcher Frust sich angesammelt haben muss, damit Joha diesen einen Satz ausspricht: „Das ist nicht mehr mein Lohr.“ So weit gehe sein Ärger, dass er sich nun verstärkt mit dem Gedanken befasse, das Hotel Franziskushöhe zu verkaufen, sagt Joha.
Der Auslöser des Frustes, der sich erst jetzt durch eine Nachfrage Bahn brach, liegt bereits etliche Monate zurück. Joha wollte für in der Weihnachtszeit 2015 stattfindende Veranstaltungen wie eine Weihnachtslounge oder ein Silvesterbankett auf der Franziskushöhe mit 30 Plakaten entlang der Straßen der Stadt werben. Es habe deswegen mehrere Gespräche und auch Schriftverkehr gegeben. Das Rathaus und auch das Staatliche Bauamt in Würzburg hätten ihm signalisiert, dass das Plakatieren möglich sei. Im letzten Moment habe die Stadt dann aber die Genehmigung verweigert.
Grund: Gleichbehandlung
Als Begründung sei ihm genannt worden, dass die Stadt ihre etwa zum gleichen Zeitpunkt erlassene und recht restriktive Plakatierungsverordnung nicht gleich wieder verwässern könne.
Seit Jahren trage er unternehmerisches Risiko, um das Lohrer Veranstaltungsprogramm zu beleben, sagt Joha. In den vergangenen zehn Jahren habe er neun Millionen Euro in die Franziskushöhe investiert. Für Lohrer Vereine und sonstigen Institutionen sei er regelmäßiger Sponsor. Für die Stadt habe er kostenlos einen Imagefilm erstellt. Im vergangenen Jahr habe er den größten Teil des gut 100 000 Euro großen Defizits der von ihm initiierten Großveranstaltung PyroMainia getragen, um der Jugendarbeit des TSV Lohr einen Erlös zukommen lassen zu können.
Dies alles liste er nicht auf, um eine „Extrawurst“ zu fordern, betont Joha. Er frage sich vielmehr, wie sämtliche Vereine und Veranstalter überhaupt noch den Mut zu Festen und Events aufbringen sollen, wenn es die Stadt nicht dulde, dass dafür per Plakat geworben werde.
Die Stadt indes verteidigt ihre Linie. In einem Pressegespräch betonte Bürgermeister Mario Paul am Montag, dass die Stadt das Engagement Johas sehr zu schätzen wisse. Das Bild, wonach auf der einen Seite der tatkräftige Unternehmer und auf der andere Seite die bremsende Verwaltung stehe, treffe jedoch nicht zu.
Paul sprach davon, dass die Stadt bereits 2010 Regelungen für das Plakatieren erlassen habe, um dem Wildwuchs zu begegnen. Seither sei das freie Plakatieren an Straßen generell ausgeschlossen gewesen. Stattdessen habe man die Möglichkeit geschaffen, an Bannergestellen, Litfaßsäulen und großen Plakatwänden zu werben. Die beiden letzteren Möglichkeiten sind allerdings kostenpflichtig, da sie zentral über eine von der Stadt beauftragte Firma laufen.
Im vergangenen Jahr habe man dann für das Großevent Pyromainia eine Sondergenehmigung für das umfangreiche Plakatieren entlang der Straßen erteilt. Zum einen, so erklärt Paul, weil der Erlös der Jugendarbeit des TSV zukam. Zum anderen, um einen Testballon steigen zu lassen. Als Ergebnis habe es jedoch zahlreiche Kritik an der Plakatmenge gegeben, so Paul, ohne sagen zu können, wie viele Menschen sich genau im Rathaus beschwert haben.
Paul: Mehr Möglichkeiten
Die Konsequenz sei die im Herbst 2015 vom Stadtrat beschlossene neue Plakatierverordnung gewesen. Sie sei auch zur Wahrung des Stadtbildes bewusst restriktiv gehalten und beschränke das Plakatieren grundsätzlich auf Litfaßsäulen, Plakatwände und Bannergestelle. Allerdings sehe sie für Veranstaltungen von „herausragender Bedeutung“ auch Ausnahmegenehmigungen zum freien Plakatieren vor, so Paul. Somit habe man die Möglichkeiten für Veranstalter sogar erweitert.
Johas Ansinnen, 30 Plakate für seine Veranstaltungen auf der Franziskushöhe aufzuhängen, habe man abgelehnt, weil man gleich zu Beginn der neuen Plakatierverordnung nicht zu viel habe zulassen wollen. Außerdem müsse im Kommunalrecht der Gleichheitsgrundsatz gewahrt bleiben, weswegen man aus Johas zweifelsohne vorhandenen Verdiensten kein Freibrief fürs Plakatieren ableiten könne.
Einen solchen Freibrief fordert Joha indes gar nicht. Er wirft die Frage auf, wie jedweder Veranstalter auf seine Kosten kommen soll, wenn er nicht mit Plakaten werben darf. Diese Werbeform habe aus seiner Erfahrung einen großen Effekt. Die Tarife der von der Stadt mit dem Beschicken von Litfaßsäulen und Plakatwänden beauftragten Firma seien für einen Veranstalter indes untragbar. Schnell käme da ein Vierstelliger Betrag zusammen, wenn die Werbung eine Wirkung haben solle, so Joha.
Er fordert von der Stadt eine Neuregelung des Plakatierens, wobei Interessen von Vereinen und Veranstaltern stärker berücksichtigt werden müssten. Jede erfolgreiche Veranstaltung steigere doch die Lebensqualität in der Stadt, so Joha
Unter den jetzigen Bedingungen sehe er für sich keinerlei Anreiz, in Projekte wie die von ihm geplante Freilichtbühne am Waldrand oberhalb der Franziskushöhe zu investieren. Stattdessen sei für ihn der Verkauf des Hotels gedanklich näher gerückt. Er habe nun zehn Jahre viel Herzblut in das Projekt gesteckt, mit dem er emotional eng verbunden sei und das ihm auch viel Freude bereitet habe. „Aber wenn man sich dann nur ärgern muss und einen solchen Schlag ins Gesicht“ erhalte, könne einem die Freude auch vergehen, so Joha ungemindert frustriert.