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KARLSTADT: Im Schädelspalter überm Saupurzel

KARLSTADT

Im Schädelspalter überm Saupurzel

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    Seinen 90. Geburtstag feierte Alfred Hock in Karlstadt. Zu den Gratulanten gehörte auch die zweite Bürgermeisterin Anni Kühl-Johannes.
    Seinen 90. Geburtstag feierte Alfred Hock in Karlstadt. Zu den Gratulanten gehörte auch die zweite Bürgermeisterin Anni Kühl-Johannes. Foto: FOTO JÜRGEN KAMM

    Alfred Hock ist vielen Karlstadtern ein Begriff: 1962 machte er sich als Raumausstatter selbstständig, in vielen Wohnzimmern dürften noch von ihm und seinen Lehrlingen gebaute Polstermöbel stehen. Sein Geschäft übergab er mit 65 Jahren an seinen Sohn Wolfgang, doch eine kleine Werkstatt hat er immer noch. Dort schnitzt er Figuren oder fertigt Vasen an, die aus vielen kleinen Holzklötzen bestehen. „Man muss sich ein bisschen anstrengen, das schadet gar nichts“, sagt Hock. Dazu gehört für ihn auch, kräftig im Haushalt mitzuhelfen und zu kochen.

    Geboren wurde er in Laufach (Lkr. Aschaffenburg). Sein Vater war Eisenbahner und wurde 1929 nach Karlstadt versetzt, die Familie wohnte in der Arnsteiner Straße. Nach der Volksschule lernte Hock bei Josef Schweizer in der Karlstadter Hauptstraße Polsterer und Tapezierer und fand dann Arbeit in Würzburg.

    Schon als Kind war Hock von der Fliegerei begeistert. 1935 half er in der Werkstatt in der Neuen Bahnhofstraße mit, das Übungsflugzeug „Grunau 9“ (das wegen einer Strebe vor dem Kopf des Piloten den Spitznamen „Schädelspalter“ erhielt) zu bauen. „Mit 16 durfte ich dann endlich fliegen“, erinnert sich der Jubilar an seine A-Prüfung, für die er 30 Sekunden über dem Saupurzel segeln musste.

    Im Kriegsjahr 1940 wurde Alfred Hock zur Luftwaffe eingezogen. Sein Wunsch, Pilot zu werden, erfüllte sich nicht; der Fluganwärterkompanie fehlten Flugzeuge. Zumindest konnte er einige Flugstunden auf dem Lernsegler „Grunau Baby“ absolvieren. Genau von diesem „Lehrgleiter“ hing bei seiner Geburtstagsfeier ein Modell mit drei Metern Spannweite über seinem Ehrenplatz.

    Nach der Zeit in Lechfeld entschied er sich für den Dienst beim Zugbegleitkommando in Innsbruck, wo er für Kriegszeiten ein sehr friedliches Jahr erlebte und als Wachposten Züge durch Italien bis nach Sizilien begleitete. Dann wurde er nach drei Monaten Ausbildung bei den Gebirgsjägern in Garmisch-Partenkirchen nach Polen und Russland abkommandiert und dort an der Front verletzt. Kurz vor Kriegsende geriet Hock bei Rothenburg in amerikanische Kriegsgefangenschaft, von der er Anfang 1947 entlassen wurde.

    Im August 1947 heiratete er seine Frau Rosa. Beruflich reiste mit der Bettfedernreinigung seines Schwagers übers Land und half seinem Vater beim Hausbau im Krönleinsweg. Den Bauplatz hatte sein Vater der Frankenbräu abgekauft, nicht für Geld, sondern gegen Holz aus dem Spessart. Das Baumaterial war zum Großteil selbst organisiert: Im Spessart gehauener Sandstein, in Wiesenfeld gebrannter Kalk, Sand von einem Freund und aus Schlacke von der Dampflokwerkstatt der Bahn gestampfte Steine.

    Das Haus in Karlstadt war 1949 fertig. Hock fand Arbeit bei Opel in Rüsselsheim. Er polierte verchromte Stoßstangen, eine körperlich schwere Arbeit, die er nach zehn Jahren wegen Rückenschmerzen aufgeben musste. 1960 zog die Familie, zu der inzwischen Sohn Wolfgang und Tochter Ingrid gehörten, zurück nach Karlstadt.

    In Würzburg arbeitete Hock als Raumausstatter. Mit dem Meisterbrief in der Tasche eröffnete er 1962 in Karlstadt seinen eigenen Betrieb. Ein Schwerpunkt war das Polstern. Stühle, Sessel und Sofas wurden damals nicht unbedingt im Möbelhaus gekauft, sondern in Auftrag gegeben. Außergewöhnlich war es für Hock, zusammen mit seinen Kindern das ganze Staatstheater in Wiesbaden zu tapezieren.

    Bürgermeisterin Anni Kühl-Johannes gratulierte ihm im Namen der Stadt. Weitere Gratulanten kamen vom Luftsportclub Karlstadt, dem Obst- und Gartenbauverein und dem Siedlerbund.

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