Sie arbeitete rund 24 Jahre für die kaufmännische Rexroth-Geschäftsführung und mischte auch zwei Dutzend Jahre in der Kommunalpolitik mit. Zunächst als Ortssprecherin des kleinsten Lohrer Stadtteils Halsbach, dann als MSU/CSU-Stadt- und Kreisrätin und in ihrer letzten Wahlperiode von 2008 bis 2014 als 3. Bürgermeisterin der Stadt Lohr.
Regelmäßig in Burgeis
"Ich könnt' ein Buch schreiben", sagt die Jubilarin. Vor allem über ihre kommunalpolitischen Erfahrungen und über Lohrs Patengemeinde Burgeis. Vor 60 Jahren war sie erstmals mit Georg Ludwig Rexroth in den Vinschgau gekommen. Und seither immer wieder, im Sommer und im Winter.
Rosemarie Stenger begnügt sich derzeit mit ihrem Lieblingsplatz draußen vor ihrem Haus am Sommerhofweg. Ihren 80. Geburtstag wollte sie auf einer Kreuzfahrt im westlichen Mittelmeer zusammen mit einer Freundin feiern. Geht nicht, wegen Corona. Dabei hatte ihr langjähriger Chef, der damalige Mannesmann-Rexroth-Geschäftsführer Dieter Klingenberg ihr immer eingehämmert: "Geht nicht, gibt's nicht". Vor allem, wenn man von etwas überzeugt ist und dafür kämpft.
Kämpfe gegen Dominanz
Und kämpfen musste Rosemarie Stenger oft in ihrem Leben, vor allem gegen dominante Männer, die ihr beispielsweise 1990 die Wahl zur Ortssprecherin oder 2008 die zu Ernst Prüßes Stellvertreterin streitig machen wollten.
Als Tochter des aus Sendelbach stammenden Alois Ullrich war sie mit ihrer 1945 in Aschaffenburg ausgebombten Familie nach Lohr gekommen. Sie besuchte die Mittelschule der Franziskanerinnen im ehemaligen Frauenkloster, in das sie später mit der Mannesmann-Rexroth-Verwaltung zurückkehrte. Beruflich startete sie in Aschaffenburg, wechselte dann in die Spessarter Hohlglaswerke nach Lohr.

1959 heiratete sie Toni Stenger, heuerte 1960 in der Rexroth-Finanzbuchhaltung an und zog 1966 in das Bauerndorf Halsbach. Als Ortssprecher Thremer aufhörte, engagierte sie sich gegen erhebliche Widerstände als Ortsprecherin.
2008 wollte Rosemarie Stenger mit der Kommunalpolitik aufhören. Sie hatte bereits die Weichen für die Nachfolge durch ihren Neffen Michael Ullrich gestellt, ließ sich auf den letzten Platz der CSU-Liste setzen.
Von Platz 24 in Rat gewählt
Stenger wurde überraschend vom 24. Rang auf den siebten Platz nach vorne in den Stadtrat gewählt – und noch überraschender zur Bürgermeister-Stellvertreterin. Neben Garten, Turnen, Sauna und Ausgehen mit dem Hund gehört das Reisen zu ihren Hobbys. "Mit 80 kann man sich nicht mehr so viel vornehmen", sagt die ehemalige Schöffin am Landgericht und Ex-Vorsitzende der Lohrer Frauen-Union. "In der Politik habe ich viel gelernt, aber auch viel geweint", resümiert die engagierte Frau, die auch im Seniorenbeirat mitarbeitete. Der zu erwartenden Gratulationscour will sie entgehen. Sie wird sich zum Kaffee mit Schwiegersohn und Enkelin treffen und dann wegfahren.
Für Abbiegespur barfuß nach MariabuchenSchlagzeilen machte Rosemarie Stenger, als sie vor fast drei Jahrzehnten die Einrichtung einer Linksabbiegerspur von der Staatsstraße zwischen Steinbach und Wiesenfeld in den damals rund 240 Einwohner zählenden Stadtteil Halsbach erreichte. Der uralte Halsbacher Wunsch wurde von der Straßenbauverwaltung immer wieder abgeschmettert. Dann bekam Rosemarie Stenger einen Tipp vom Straßenbauamt und setzte sich eines Morgens um 5 Uhr mit einer Strichliste zur Verkehrszählung an die Einmündung der Ortsverbindungsstraße in die Staatsstraße. Mit der Liste der an diesem Tag besonders fahrfreudigen Linksabbieger nach Halsbach ging sie mit Bürgervereins-Stadtrat Theo Endres zu Landrat Armin Grein, der schließlich mit Stengers Zahlen beim Straßenbauamt den Bau der Abbiegespur durchsetzte. Die Halsbacherin löste ihr Versprechen ein, bei der Erfüllung des Wunsches barfuß nach Mariabuchen zu wallen. Sie musste nicht alleine gehen. Auch der Pfarrer von Wiesenfeld begleitete sie ein Stück. Auf die Linksabbiegerspur ist die Autofahrerin noch heute stolz.