Neun Punkte für "fehlendes Personal". Damit belegte dieses Thema den traurigen ersten Platz beim Demografie-Forum im Landratsamt Main-Spessart. Die diese Punkte vergaben, kennen sich aus: 60 Experten und Akteure aus der Seniorenarbeit waren im Sitzungssaal des Landratsamts zusammengekommen, um neue Ziele zu formulieren. Mehr Personal ist also ein solches Ziel. Denn die Raumkapazität im Landkreis ist eigentlich vorhanden für rund 100 zusätzliche Pflegeplätze. Doch neun Pflegeheime müssen regelmäßig Interessenten abweisen.
Unter den Experten gibt es aber nicht nur Klagen über fehlendes Personal, sondern auch hoffnungsvolle Projekte wie etwa das barrierefreie Wohnen auf dem Bauernhof und damit in der gewohnten dörflichen Umgebung. Dieses Modell fand reichlich Anklang und kam mit sechs Punkten auf Platz zwei.
Dass unsere Gesellschaft älter wird, ist hinlänglich bekannt. Bei der Zusammenkunft im Landratsamt aber präsentierte Doris Rudolf von der Arbeitsgruppe für Altersforschung (AfA) München genaue Zahlen aus Main-Spessart. Im Landkreis leben 28 000 Personen im Alter von 65 Jahren plus. Das sind rund 22 Prozent der Bevölkerung. Weil die um 1960 geborenen Babyboomer bald in diese Altersgruppe kommen, wird es bis 2028 einen deutlichen Zuwachs an "Jungsenioren" zwischen 60 und 75 geben.
Im Alter droht verstärkt Demenz
Aber auch die Hochaltrigen über 85 Jahre werden mehr. Vor allem sie werden auf Unterstützung, Betreuung und Pflege angewiesen sein. Von Demenz beispielsweise sind in Westdeutschland bei den 80- bis 84-Jährigen 13 Prozent der Frauen und zehn Prozent der Männer betroffen. Bei den 90- bis 94-Jährigen sind es 31 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer.
Vor acht Jahren hatte ein erstes solches Demografie-Forum stattgefunden. Damals wurde als ein Ziel formuliert, dass beim Ausbau der Pflege auch kleinteilige Wohn- und Pflegeangebote entstehen sollten, zum Beispiel ambulant betreute Wohngemeinschaften in kleinen Orten. Auch sollte es mehr Unterstützung für Pflegende geben, die stationäre Pflege sollte stärker auf Demenzkranke ausgerichtet werden sowie der Informationsfluss verbessert werden: Wie kommen die Angebote zu den Menschen?
Fruchtbare Arbeitsgruppen
Aufgeteilt in Arbeitsgruppen trugen die Teilnehmer des jetzigen Demografieforums den ganzen Tag über Ideen und Ziele für eine gelingende Seniorenarbeit zusammen. In der Diskussion zeigte sich, dass gerade Hilfe bei Hausarbeiten wie etwa beim Putzen fehlt.
Die Zahl derer, die von Angehörigen gepflegt werden, ist von rund 60 auf rund 50 Prozent gesunken. Deutlich zugenommen hat der Anteil der ambulanten Pflege – von 22 auf 27 Prozent. Viele der älter werdenden Babyboomer leben alleine. Ihre Kinder sind weit weg. Da erfordert ein gebrochenes Bein schnell einen stationären Aufenthalt.

Und in einem solchen Fall wäre es gut, einen "Case-Manager" oder Pflegelotsen zu haben, die dann zeigen, wie es weitergeht. Wichtig wäre es, dass dieser auf einer unabhängigen Ebene wie etwa dem Landratsamt angesiedelt ist und nicht bei einem Wohlfahrtsträger.
Modellbeispiele für andere
Die Teilnehmer betrachten den Informationsfluss im Landkreis als noch nicht ausreichend. Eine gute Vernetzung ist wichtig für den Informationsaustausch. Und man muss nicht überall das Rad neu erfinden. Als Modell für andere betrachteten die Teilnehmer die "Pflege im Werntal" der Arbeiterwohfahrt bei Werneck – zwar außerhalb des Landkreises, aber nicht weit entfernt. Weitere Vorbilder können die – bisher noch wenigen – Arbeitskreise in den Gemeinden sein, sie sich regelmäßig treffen. Herausragende Vorbilder sind der Verein "Bürgerwerkstatt Neuendorf", der Ausschuss Demografie Retzstadt und der "Marktplatz der Generationen" Triefenstein.
Wichtig sind auch Angebote zur Prävention. Es hat sich aber gezeigt, dass Begriffe wie "Sturzprävention" eher abschrecken. "Disco" und Tanz dagegen kommen gut an und erfüllen denselben Zweck.
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