Er ist freundlich, hilfsbereit und kommt mit der Arbeit und den Kunden gut zurecht: Seit einigen Monaten ist Stefan Haas im Burgsinner Tegut-Markt tätig. Inzwischen ist er fest angestellt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn der 34-Jährige ist von Geburt an behindert. Bevor er im Oktober vergangenen Jahres fester Mitarbeiter des Marktes in Burgsinn wurde, arbeitete er lange Zeit in den Mainfränkischen Werkstätten in Gemünden.
Jahrelang nach Gemünden in die Mainfränkischen Werkstätten
Jeden Morgen nahm er die Fahrt mit dem Bus von Burgsinn in das 13 Kilometer entfernte Gemünden auf sich, um auf die Arbeit zu kommen. Im Juli des vergangenen Jahres änderte sich dies. Er begann ein Praktikum bei Tegut in Burgsinn. „Bereits nach wenigen Tagen habe ich mich hier sehr wohl gefühlt,“ berichtet Stefan Haas glücklich. Und so kam es nicht überraschend, dass er nach Ablauf seines Praktikums von Martin Zell, dem Leiter des Burgsinner Marktes, fest angestellt wurde. Vor kurzem fand die „Gleisübergabe“ statt, die symbolische Einführung in seine neue Arbeitsstelle.
Möglich wurde der Wechsel auch durch das Projekt „Inklusiv! Gemeinsam arbeiten“. Der 2015 ins Leben gerufene Fachbereich der Mainfränkischen Werkstätte fungiert als Bindeglied zwischen Menschen mit Behinderung und externen Arbeitgebern. Ziel ist es, diese nach und nach durch Praktika in einen sogenannten Außenarbeitsplatz einzugliedern. „Im Vordergrund steht dabei aber immer der Wunsch des jeweiligen Menschen und welche Stärken dieser besitzt,“ betont Inklusionsbegleiter Christian Büdel. Er ist einer von insgesamt sieben Ansprechpartnern von „Inklusiv“ im Kreis MSP/Würzburg/Kitzingen.
Stefan ist einer von sieben, die extern Arbeit fanden
Im Rahmen des Projektes betreut Büdel insgesamt zwölf Personen, unter anderem auch Stefan Haas. „Auch wenn Stefan fest beim Tegut angestellt ist, versuchen wir als externer Ansprechpartner für ihn da zu sein,“ erklärt Büdel. So stehe er bei Fragen oder Problemen für ihn zur Verfügung. Und auch bei der Organisation von Praktika greift er unter die Arme. Neben Stefan habe er aktuell noch sieben weitere Personen in Kooperationen zwischen „Inklusiv“ und einem externen Arbeitgeber.
Die Sieben arbeiten unter anderem in Industriebetrieben, Supermärkten und Restaurants. Vier weitere Personen befinden sich noch in Praktika, mit der Hoffnung, dort übernommen zu werden. Das hat Stefan schon hinter sich. „Auch wenn wir glücklich sind, dass es jetzt endlich geklappt hat – der Weg war nicht immer einfach,“ erinnert Büdel. 13 Jahre lang arbeitete Stefan Haas in Gemünden. Er übte hier verschiedene Tätigkeiten aus, verpackte unter anderem Ware oder übernahm Zählarbeiten, unter anderem auch für Bosch Rexroth. Immer wieder absolvierte er in dieser Zeit Praktika. Vor der Tätigkeit im Tegut waren es noch drei weitere.
Nach dem Praktikum bei Opel Brass, musste Stefan seinen wohl größten Rückschlag hinnehmen. Als er erfuhr, dass er dort nicht bleiben konnte, weil einfach nicht genug Arbeit für ihn vorhanden war, war er am Boden zerstört. „Da war dann sehr viel Aufbauarbeit nötig,“ beschreibt Büdel. „Wir sind dann nach seinem letzten Tag dort in ein nahe gelegenes Café gegangen und haben uns dort sehr, sehr lange und intensiv unterhalten, wie es nun weiter gehen soll.“ Anders lief es dann im Tegut. Mit seiner offenen und umgänglichen Art fügte sich Stefan hier sofort prima ein.
Schon nach kurzer Zeit war Stefan klar: Das ist es, hier bleibe ich
„Bereits nach meinem zweiten Tag hier habe ich zu meinen Eltern gesagt: Das ist es, hier bleib ich. Kurze Zeit später habe ich mich dann in Gemünden schon bei meinen ehemaligen Kollgen verabschiedet, weil für mich klar, dass ich beim Tegut bleiben werde,“ erzählt Stefan. In dieser Aussage offenbart sich auch Stefans größte Stärke. „Stefan ist ein sehr zielstrebiger Mensch,“ so Büdel. „Wenn er etwas möchte, dann lässt er nicht mehr locker. Manchmal muss man Ihn da etwas bremsen.“
Das wissen auch Stefans Eltern. „Meine Mutter hat anfangs etwas auf die Euphoriebremse getreten, jetzt ist sie aber natürlich auch super glücklich,“ meint Stefan. Und er räumt ein, anfangs von der Idee seines Betreuers, es mal im Tegut zu probieren, nicht begeistert gewesen zu sein. Er habe etwas Angst davor gehabt, auf Leute zu treffen, die er kennt. „Beeindruckend an Stefan ist, dass ihn in seiner Heimatgemeinde Burgsinn quasi jeder kennt,“ erklärt Büdel. Diese guten Kontakte habe er sich allerdings auch über Jahre selber erarbeitet.
In Burgsinn als Büttenredner und von Vereinen her bekannt
So ist Stefan unter anderem Mitglied beim Bayernfanklub und der SG Burgsinn. Bei nahezu jedem Spiel unterstützt er seine Mannschaft, egal ob zu Hause oder auswärts. An Fasching tritt er außerdem als Büttenredner in Burgsinn und in der Nachbargemeinde Fellen, aus der seine Familie stammt, auf. Als Marktleiter Martin Zell seine Mitarbeiter vor Beginn des Praktikums nach Stefan fragte, war die Reaktion nicht überraschend: „Na klar kennen wir den Stefan.“
Mit seinen Kollegen versteht sich Stefan super. „Eigentlich hat jeder, der einen externen Arbeitsplatz erhält, dort einen festen Paten, der sich um ihn kümmert. Bei Stefan war das nicht nötig, da helfen alle zusammen,“ freut auch Büdel sich über das tolle Umfeld. Doch er blickt auch in die Zukunft. Ein Ziel gibt es da nämlich noch. Aktuell wird Stefan von seiner Mutter noch zur Arbeit gefahren. „Unser nächstes Ziel ist, dass Stefan jeden Morgen selber zur Arbeit läuft, stimmt's Stefan?“ meint Büdel. „Naja, schauen wir mal,“ entgegnet dieser und lächelt.