Es zeichnete sich ab: Seit Monaten saß Wolfgang Remelka immer wieder einmal als Zuschauer im Gemündener Stadtrat. Jetzt ist es sicher: Der gebürtige Lohrer und Leiter der Polizei-Inspektion Lohr kandidiert bei der Kommunalwahl im März 2020 auf der Liste des Bündnisses für Bürgernähe für den Stadtrat in Gemünden, wo er seit vielen Jahren wohnt. Wir sprachen mit ihm über seine Motive, Themen der Stadtpolitik und sein Zeitbudget.
Was hat Sie bewogen, für den Stadtrat zu kandidieren?
Ich habe ein generelles Interesse an Lokalpolitik und glaube, dass ich im Stadtrat meine Lebens- und Berufserfahrung einbringen könnte, etwa bei den Themen Straßenverkehr, Jugendarbeit und Vandalismus. Es wird viel gemeckert, doch mein Motto lautet: Nicht meckern, sondern machen. Ferner möchte ich Bürgermeister Jürgen Lippert unterstützen, der in den vergangenen Jahren eine gute Arbeit geleistet hat. Persönlich kennengelernt habe ich ihn durch den Fußball. Die Kandidatur fürs Bündnis für Bürgernähe hat zudem den Vorteil, dass ich parteipolitisch neutral bleibe.
Welche Chancen rechnen Sie sich aus? Sie kandidieren auf Platz 10.
Der Listenplatz ist nicht entscheidend, es kommt auf den Bekanntheitsgrad an. Meine Chancen sehe ich bei 50:50. Wenn es klappt, ist es schön, dann setze ich mich sechs Jahre lang ein. Wenn es nicht klappt, wird die Welt für mich nicht untergehen.
Wer war bei der Anbahnung der Kandidatur der aktive Teil, Sie oder das Bündnis für Bürgernähe?
Das Bündnis für Bürgernähe ist auf mich zugekommen. Ich hatte auch noch andere Anfragen.
Gibt es für Beamte, speziell für Polizisten, besondere Regeln für das politische Engagement?
Es gibt das Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern. Darin stehen ein Neutralitätsgebot, ein Mäßigungsgebot und die Verschwiegenheitspflicht. Selbstverständlich ist politische Tätigkeit für Polizeibeamte nicht verboten, es gibt das Recht auf freie Meinungsäußerung und das passive Wahlrecht. Aber ich darf bei der politischen Betätigung nicht »vom Leder ziehen«. Ich sehe es auch als Zeichen der Anerkennung, wenn Polizeibeamte in ein solches Gremium gewählt werden.
Sie sind als Dienststellenleiter der Polizei in Lohr beruflich sicherlich sehr eingespannt. Haben Sie überhaupt Zeit für die Stadtratsarbeit?
Die Stadtratsarbeit bedeutet einen zeitlichen Aufwand, dessen bin ich mir bewusst. Es gibt nicht nur die Sitzungen, sondern auch Fraktionsbesprechungen, und man muss sich in Themen einarbeiten. Bevor ich Ja zur Kandidatur gesagt habe, habe ich mit meiner Frau gesprochen. Sollte ich in den Stadtrat gewählt werden, sollte das Engagement dort klappen und es wird auch klappen. Mein Dienstherr, der Freistaat Bayern, ist entgegenkommend bei der Freistellung – wenn es dienstlich möglich ist, also die Personal- und Einsatzlage es zulassen.
Welches Bild haben Sie von der Gemündener Stadtpolitik und der bisherigen Stadtratsarbeit?
Ich habe ein positives Bild vom gesamten Gremium. Wenn es um Sachthemen ging, war die Zusammenarbeit sehr harmonisch. Bürgermeister Jürgen Lippert bereitet die Sitzungen gut vor, bindet die Fraktionen ein und arbeitet mit dem 2. Bürgermeister Werner Herrbach und der 3. Bürgermeisterin Irmgard Pröschl gut zusammen. Die Verwaltung funktioniert.
Was sind für Sie die wichtigsten Themen, die Ihnen am Herzen liegen?
Der Verkehr ist ein sehr wichtiges Thema, also die Ortsumgehung der Innenstadt, die im Bundesverkehrswegeplan in der ersten Dringlichkeit steht und möglichst schnell umgesetzt werden sollte, die Anbindung von Massenbuch, die Umgehung Schaippachs sowie die Sanierung des Straßennetzes in Gemünden und der Brücken.
Zweites wichtiges Thema ist für mich, die Stadt lebenswert zu erhalten. Gemünden hat keine großen Gewerbesteuereinnahmen und lebt zum großen Teil vom Einkommenssteueranteil. Das heißt, dass jeder Bürger dem Haushalt gut tut. Das zieht viele Punkte nach sich: Kindertagesstätten, Spielplätze, Glasfaseranschlüsse, Investitionen in Schulen, was bereits geschieht.
Wichtig ist auch die Verbesserung der Kundenfrequenz in der Innenstadt. Der Stadtmarketingverein macht hier viel im Ehrenamt. Dazu gehören aber auch Themen wie die Ärzteversorgung und ein mögliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), über das man nachdenken könnte.
Amtsinhaber Jürgen Lippert vom Bündnis für Bürgernähe ist bislang der einzige Bürgermeisterkandidat. Ein möglicher Gegenkandidat ist nicht in Sicht. Was qualifiziert ihn aus Ihrer Sicht für das Amt?
Durch seine berufliche Vergangenheit im Landratsamt hat er Verwaltungserfahrung. Sehr wichtig ist für mich, wie er mit Menschen umgeht: Er hört zu, springt aber nicht gleich über jedes Stöckchen, das man ihm hinhält. Er versucht, Entscheidungen auf eine breite Basis zu stellen. Mich fasziniert, wie er in Sitzungen aus dem Kopf Informationen zum Sachstand eines Themas hervorkramt. Lippert ist sehr nahe an fast allen Themen.
Durch Ihren Beruf sind Sie sehr nahe am Thema öffentliche Sicherheit und Ordnung. Sehen Sie hier Handlungsbedarf in Gemünden?
Nein. Die Gemündener Kollegen liefern eine gute Arbeit ab und haben eine hohe Aufklärungsquote. Eine Sicherheitswacht wäre sicherlich ein zusätzlicher Baustein.
Glauben Sie, dass die Anwesenheit eines Polizisten im Stadtrat auf Diskussionen mäßigend wirken kann?
Nein. Kommunikation ist zwar für einen Polizisten das erste Mittel, um Konflikte zu lösen, aber die Konfliktlösung im Stadtrat ist Aufgabe des Bürgermeisters.
Zur PersonWolfgang Remelka kam 1963 im alten Lohrer Krankenhaus zur Welt und ist nach eigenen Worten somit ein "waschechter Mopper". Seine Kindheit verbrachte er in Steinbach, die Jugend in Neuendorf, wo er mit dem Fußballspielen begann. Den Sport übte er lange Jahre aus. Mit der Polizeiausbildung und dem Kennenlernen seiner jetzigen Frau wurde er in Gemünden sesshaft. Er hat zwei erwachsene Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Beruflich begann er nach der Realschule in Gemünden 1980 als Praktikant bei der Polizei in Lohr, im Jahr darauf startete die Polizeiausbildung in Würzburg. Heute ist Remelka erster Polizeihauptkommissar. Seit Mai 2016 leitet er die Polizei-Inspektion in Lohr. Als Hobby nennt er "Sport im allgemeinen, auch wenn ich nicht mehr so aktiv bin wie früher". War es früher der Fußball, ist es heute das Laufen. Remelka hat mehrere Marathons absolviert. Zweites Hobby ist Lesen, nach eigenen Worten "Trivialliteratur, bei der mich die Arbeit nicht loslässt". Remelka bevorzugt Kriminalliteratur, etwa von Simon Beckett und Roman Rausch.