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Karlstadt: Johann Rudolph Glauber: Ein Pionier der technischen Chemie

Karlstadt

Johann Rudolph Glauber: Ein Pionier der technischen Chemie

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    So könnte das Labor in Amsterdam ausgesehen haben, dass sich Glauber ab 1646 dort eingerichtet hatte. Zeitgenössische Malerei von David Teniers d.J 1610- 1690.
    So könnte das Labor in Amsterdam ausgesehen haben, dass sich Glauber ab 1646 dort eingerichtet hatte. Zeitgenössische Malerei von David Teniers d.J 1610- 1690. Foto: Repro Wolfgang Merklein

    Auf dem Kübelmarkt in Karlstadt steht ein auffälliger Brunnen aus rotem Sandstein, dessen hohes Wasserbecken wie eine Mörserschale aussieht. Aufrecht steht darin wie ein steinernes Pistill die Säule, aus der aus kleinen Röhren das Wasser sprudelt. Es handelt sich um den Glauber-Brunnen, den die Deutsche Chemie zum 350. Geburtsjubiläum von Johann Rudolph Glauber der Geburtsstadt Karlstadt schenkte.

    Kleinod: Am Kübelmarkt hinterm Rathaus erinnert ein Sandsteinbrunnen an den vermutlich 1604 in Karlstadt geborenen Apotheker und Alchemisten Johann Rudolph Glauber.
    Kleinod: Am Kübelmarkt hinterm Rathaus erinnert ein Sandsteinbrunnen an den vermutlich 1604 in Karlstadt geborenen Apotheker und Alchemisten Johann Rudolph Glauber. Foto: Jürgen Kamm

    Geschaffen wurde der Brunnen 1955 vom fränkischen Bildhauer Otto Sonnleitner. Damit ehrte der Industrieverband die Arbeit des Johann Rudolph Glauber, dem „Paracelsus des 17. Jahrhunderts“. Glauber war Chemiker, Pharmazeut, Laienarzt und Erfinder, und in dem er systematisch die Stoffe erforschte, ein Wegbereiter der chemischen und modernen organischen Chemie. Sein Leben spiegelt die Zwiespältigkeit der Zeit, er war abergläubisch und dennoch in gewisser Weise aufgeklärt. Er war noch gefangen in den Arbeitsweisen der Alchemisten und dennoch ein Erneuerer der Chemie.

    1586 heiratet in Karlstadt ein aus Hundsbach stammender Rudolf Glauber die Barbiers-Witwe Margaretha Fischerin. Somit wird er Karlstadter Bürger. Am 26. September 1595 ehelicht er in zweiter Ehe Gertraut Gossenbergerin von Karlstadt. Aus dieser Ehe geht Johann Rudolph Glauber hervor. Das genaue Datum der Geburt ist nicht bekannt, doch lassen biographische Hinweise den Schluss zu, dass Glauber 1603 oder 1604 geboren wurde.

    Aufgewachsen während 30-jährigen Kriegs

    Er schreibt selbst, dass er nicht auf eine „Hohe Schule“ (Universität) gegangen sei, doch sicherlich hat er die Deutsche und die Latein-Schule in Karlstadt besucht. Ob Glauber in der Mohren Apotheke, die dem mit der Familie Glauber gut befreundeten Hans Meinhard gehörte, eine Lehre begonnen hat, ist nicht zu beweisen, aber durchaus denkbar. In Deutschland tobte zu dieser Zeit der 30-jährige Krieg, der viel Leid, Tod und Verwüstung über das Land brachte.

    Glauber verlässt seine Heimatstadt und geht 1625 nach Wien, wo er in der Nähe des kaiserlichen Hofes seinen Broterwerb sucht. Er erkrankt in dieser Zeit am Flecktyphus und kuriert sich selbst, indem er mineralische Brunnenquellen aufsucht und das Wasser trinkt. Er kommt wieder zu Kräften. Es ist denkbar, dass dieser Erfolg für ihn die spätere Grundlage für den Umgang mit Mineralwasser und der Entwicklung des Glaubersalzes war.

    Johann Rudolph Glauber: Zeitgenössischer Stich von W. Brieger, das Original ist verschollen. 
    Johann Rudolph Glauber: Zeitgenössischer Stich von W. Brieger, das Original ist verschollen.  Foto: Stadt Karlstadt

    Seinen Lebensunterhalt verdient sich Glauber im Bedampfen von Spiegeln, ganz besonders von Hohlspiegeln. In diesen Lehrjahren erweiterte er sein Wissen in den verschiedensten Werkstätten in Europa. Er ist jetzt auf der Suche nach guter Arbeit in Laboratorien und bei Alchimisten an den Fürstenhöfen. Aber wie er schreibt, hat er eine Abneigung gegen gefährliche Experimente mit giftigen Substanzen und wendet sich daher der „Spagyrischen Medizin“ zu , wie sie Paracelsus lehrte. Im Wesentlichen wird bei dieser Technik durch das Trennen und Wiedervereinigen von Wirkprinzipien eine Wirkungssteigerung einer Droge erzielt. Ein wichtiges Verfahren ist dabei die Destillation, die außer in ihrer einfachen Form auch als Rückflussdestillation oder als Mehrfachdestillation angewendet wird. 

    1635 ist Glauber in Gießen und betreibt eine Apotheke. Er heiratet Rebecca Jakobs, die jedoch nachweislich untreu ist. Er erwischt sie nach vorzeitiger Rückkehr von einer Reise in flagranti mit einem Liebhaber. Die Scheidung ist unausweichlich. Nichts hält Glauber mehr in Gießen und so geht er 1640 nach Holland, wo er am 1641 in Amsterdam Helene Cornelisdr heiratet. Es wird seine erste Tochter Anna getauft.

    Das wichtigste Werk von Glauber

    Glauber scheint jedoch 1644 wieder nach Gießen zurückgekehrt zu sein, um vergeblich die „Leitung der Fürstlichen Hof-Reichs-Apotheken“ nachzufragen. 1646 wieder in Amsterdam kauft er ein großes Haus und richtet sich ein eigenes Labor ein. Er schreibt den ersten und zweiten Teil der Schrift „ Furni novi philosophici“. Dieses Buch, das wichtigste Werk von Glauber, hat der Historische Verein Karlstadt im Jahr 2020 in der lateinischen Ausgabe, die 1651 in Amsterdam gedruckt wurde, erworben.

    Das Buch enthält Glaubers Entdeckungen über die Mineralsäuren, die Chlorverbindungen, die Nitrate und Sulfate, das Benzol, das Phenol und viele andere. Glauber beschreibt des Weiteren den Bau ganz neuer großer und kleiner Öfen zur Destillation, dazu die notwendigen verschiedenen Blasebälge, Schmelztiegel, Pfannen und Glasgefäße. Das Buch wirkt wie eine Anleitung zum Aufbau einer technischen chemischen Produktionsstätte. 

    Abbildung der neuen Öfen, in „Furni Novi Philosophici“, Seite 71, 1651 Amsterdam, im Besitz des Historischen Vereins Karlstadt.
    Abbildung der neuen Öfen, in „Furni Novi Philosophici“, Seite 71, 1651 Amsterdam, im Besitz des Historischen Vereins Karlstadt. Foto: Repro Wolfgang Merklein

    Sein Hauptaugenmerk legt er auf die Herstellung von Mineralsäuren, denn damit kann er für seine Familie und für seine im Haus tätigen Angestellten den Lebensunterhalt bestreiten. Diese Zeit in Amsterdam ist die produktivste Phase seines Lebens. In seinem Labor erarbeitete er eine für die damalige Zeit sehr moderne Technik zur Herstellung von Mineralsäuren und damit die Grundchemikalien für die von ihm propagierte chemische Industrie.

    Glauber entwickelte das nach ihm benannte Salz

    Auch die Herstellung von hydriertem Natriumsulfat aus Kochsalz und Schwefelsäure , das “Sal Mirabile Glauberi“, das nach ihm benannte Glaubersalz, entwickelt er kostengünstig. Landläufig ist es bekannt als Abführmittel. Die Wirkung besteht darin, dass das Salz so gut wie nicht aus dem Magen-Darm-Trakt in die Darmzellen aufgenommen wird und Wasser in den Darm zieht. Der Darminhalt wird aufgeweicht und nimmt an Volumen zu. Der vergrößerte Darminhalt bewirkt einen Dehnungsreiz auf die Darmwand und löst damit den Reflex zur Darmentleerung aus.

    Bei Glauberporzellan handelt es sich um ein Material, das schon im 12. Jahrhundert, lange vor Glauber, im Iran für die Produktion von sehr dünner, weißer, lichtdurchlässiger Keramik verwendet wurde. Die Herstellung gelingt Glauber sogar in großen Mengen. Somit kam man lange Jahre vor der Erfindung des Porzellans durch Johann Friedrich Böttger durch die Verwendung des Glauberporzellans in Europa, vor allem in Holland, dem begehrten Blau-weiß Porzellan aus China nahe.

    Da Glauber keinen Mäzen hat, der ihm die aufwendigen Forschungen bezahlt, muss er durch den Verkauf der hergestellten Produkte leben. Diese sind vornehmlich die Mineralsäuren, Essig, alkoholische Substanzen, Medizinpillen und Pulver, die er überall hin verkauft.

    1646 erscheint seine Schrift, noch ganz gefangen in der Welt der Alchemie, über das trinkbare Gold „De Auri Tinctura sive Auro Potabili vero“. Mit dem Ende des 30-jährigen Krieges 1648, der ganze Landstriche entvölkerte und verwüstet hatte, brechen auch die alten Handelbeziehungen zusammen. Auch Glauber spürt das. Er muss Geld aufnehmen, um seine eingekauften Waren bezahlen zu können, er kann jedoch seine Fertigprodukte nicht weiterverkaufen.

    Hochverschuldet flieht er 1651 nach Bremen und dann über Kassel nach Wertheim. Seine Absicht ist es, etwas Neues zu beginnen und ins Weingeschäft einzusteigen. Er mietet in Wertheim ein großes Haus, das schon mit allen notwendigen Gerätschaften zum Weinausbau und dem Weinhandel ausgestattet ist. Kurz darauf kommt jedoch der Besitzer aus dem Krieg zurück und missbilligt den Mietvertrag.

    Sogenanntes Schlösslein am Vogelsberg mit Areal Fischergasse und Klostergarten, Besitz: Städt. Museum Kitzingen.
    Sogenanntes Schlösslein am Vogelsberg mit Areal Fischergasse und Klostergarten, Besitz: Städt. Museum Kitzingen. Foto: Foto Heinz Vetter

    So zieht Glauber schon 1652 ins fürstbischöfliche Kitzingen, um mit Wein und Weinprodukten zu handeln. Er kaufte ein großes Haus, das „Schlößlein ahm Vogelsberg“, mit Nebengebäuden und Hof, richtete ein Labor, ein Geheimlabor und eine Chemische Apotheke ein. 1654 wird in Nürnberg ein von Glauber geschriebenes Standardwerk für die Herstellung von Arzneimittel. „Pharmacopoea Spagyrica“ veröffentlicht.

    Präparate aus Weinstein gelten als Wundermittel

    1654 schreibt er in Kitzingen die Schrift „Gründliche und wahrhaftige Beschreibung, wie man aus der Weinhefe einen guten Weinstein in großer Menge extrahieren kann“. Im Mittelalter gelten Präparate aus gereinigtem Weinstein als wahre Wundermittel. Auf die Weinsteinproduktion erhält Glauber vom Landesfürst Johann Philipp von Schönborn 1652 ein auf drei Jahre befristetes Privileg, was im Grunde eine Monopolstellung für Glauber bewirkt und das Vorverkaufsrecht bedeutet. Das erzeugt in Fachkreisen einen öffentlichen Aufruhr, wie Glauber selbst bezeugte. Er verlässt deshalb 1654 Kitzingen und geht mit Zwischenstationen in Frankfurt und Köln 1656 nach Amsterdam.

    Hier bezieht er mit der Familie ein Haus auf der Keysers Grafft und 1660 einen großen Komplex an der Looiersgracht. Nachweislich beschäftigt er hier mehrere Gesellen. 1656 veröffentlicht er den ersten Teil eines mehrbändigen Werkes „Dess Teutschlands Wolfahrt oder Prosperitas Germaniae“. Darin gibt Glauber seinen umfassenden, visionären Blick auf die Gesellschaft wider. 

    Glauber stirbt mit 66 Jahren

    1660 bemerkt er eine Lähmung des Körpers, die zwei Jahr andauert und ihn wegen dieser wahrscheinlichen Arsen- und Quecksilbervergiftung ans Bett gefesselt und erblinden lässt. Es erscheinen jedoch noch weitere 13 kleine Schriften. Mit 66 Jahren am 19.3.1670 stirbt Glauber und wird in der Westerkerk in Amsterdam beigesetzt.

    Zum Autor: Wolfgang Merklein ist Kunsthistoriker, Germanist und langjähriger Kunsterzieher am Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt. Zudem ist er Vorsitzender des Historischen Vereins Karlstadt.

    Literatur: Johann Glauber, Furni Novi Philosophici , gedruckt Amsterdam, bei J. Jansson; 1561; Johann Glauber, „Glauberus redivius“ gedruckt Amsterdam, bei J. Jansson, 1656; Kurt F. Gugel, Johann Rudolph Glauber, Leben und Werk Heft 12, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. , Mainfränkische Hefte, Würzburg 1955; Helmut Gebelein , Rainer Werthmann, Johann Rudolph Glauber, Alchemistische Denkweise, neue Forschungsergebnisse und Spuren in Kitzingen , herausgegeben v. Stephanie Nomayo, Schriftenreihe des Städtischen Museums Kitzingen, Band 4, 2011.

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