Schon von Weitem ist lautes Klopfen zu hören. Es kommt aus dem Karlburger Pfarrhof, wo 15 Kinder zwischen sechs bis zwölf Jahren an zwei großen Werkbänken dabei sind, mit viel Hingabe Sandsteinblöcke mit Hammer und Meißel kunstvoll verzieren. Es hätten sich noch viel mehr Teilnehmer angemeldet, doch es waren nicht genug Plätze mehr frei, berichtet Wally Herzog, die zusammen mit Annika Herzog und dem Steinmetz Horst Wittstadt aus Laudenbach schon den zweiten Kurs an diesem Tag betreut. Wally Herzog ist Leiterin des Karlburger Büchereiteams, das den Ferienspaß „Jetzt ist Steinzeit“ organisiert hat.
Neue Techniken entdecken
„Besonders wichtig ist es, die Kinder völlig frei an die Sache herangehen zu lassen. Sie sollen ihre eigene Technik und die Motive frei wählen dürfen“, erklärt Wittstadt. „Manchmal sieht man da so eine Technik, die man als gelernter Steinmetz nie anwenden würde und denkt sich: ,Das ist ja gar nicht mal so ungeschickt‘“, so der Profi.
Gerade die jüngeren Teilnehmer sind scharf auf die größeren Steinbrocken, die sie aus dem „Steinbruch“, einem Anhänger voll mit Arbeitsmaterial, hieven. „Mir gefällt besonders der Umgang mit verschiedenen Werkzeugen und die vielen Möglichkeiten, die man bei der Arbeit mit dem Stein hat“, berichtet die zwölfjährige Olivia. Den jüngeren Teilnehmern macht besonders das Hämmern selbst großen Spaß.
Dass ein Steinmetz noch weit mehr können muss, als mit Hammer und Meißel umzugehen, demonstriert Horst Wittstadt mit einer kleinen interaktiven Vorführung. Steinmetze arbeiten oft an Fassaden von hohe Kirchtürmen oder historischen Gebäuden, die früher von sehr vielen Arbeitern errichtet wurden. Diese mussten die oft tonnenschweren Steine dort erst einmal hintransportieren.
Wie es gelingt, ohne größere Muskelkraft, aber mit viel Geschick extrem schwere Lasten zu bewegen, dürfen die jungen Karlburger selbst ausprobieren. Mit Rollen und einem langen Brett gelingt es den drei stärksten Buben, fast alle anderen Kinder auf einmal über den Pfarrhof zu schieben. Sogar die jüngste Teilnehmerin schafft es, Horst Wittstadt selbst auf einer Zahnradvorrichtung einige Zentimeter über den Boden zu hieven.
Geschichte der Steinmetzkunst
Um auch etwas über die Geschichte der Steinmetzkunst zu erfahren, begleiten die Teilnehmer Horst Wittstadt in die Karlburger Kirche. Dort liegen in einem Seitenschiff zwei große Sandsteinreliefs. Eines aus der Epoche der Romanik, was man sehr gut an den eingearbeiteten Rundbögen erkennen kann, und ein weiteres, das, wie Wittstadt vermutet, bis auf die Karolingerzeit um 800 nach Christus zurückgeht. Einige Kinder hören interessiert zu, wobei es die anderen kaum erwarten können, wieder an die Werkbank zu gehen.
Horst Wittstadt entstammt einer Familie von Steinmetzen. Sein Vater war ebenfalls Steinmetz. Sein Bruder ist der Künstler Peter Wittstadt, der das Lohrer Schneewittchen geschaffen hat. Mit ihm arbeitet er heute noch häufig zusammen. Peter Wittstadt hat auch eine Steinmetzlehre absolviert.
Steinmetz aus Leidenschaft
Horst Wittstadt hat sich weitgehend auf die Restauration von Fassaden spezialisiert. Zum Ferienspaß in Karlburg kam er durch seine Arbeit an der Karlburger Kirche, welche momentan vollständig renoviert wird. Besonders die Vielseitigkeit reize ihn an seinem Beruf: „Man muss immer gute Einfälle habe, zum Beispiel, wie man die Steine nun am geschicktesten mit möglichst wenig Kraftaufwand transportieren kann“, so Wittstadt. „Außerdem darf man sich künstlerisch betätigen und seine eigenen Ideen verwirklichen.“
Es sei ihm ein besonderes Anliegen, dass sich gerade junge Menschen mit diesem interessanten Handwerk auseinadersetzen und ihre Talente entdecken.
Er selbst habe schon einige sehr begabte Jugendliche entdeckt, berichtet er weiter. „Da waren manche dabei, die haben sich so gut angestellt, dass es fast schade wäre, wenn die später einmal keine Steinmetze werden.“