Das Erstaunen war groß, als ein rund drei Zentimeter langes gelb-schwarzes Insekt mit samtartiger Behaarung beim Absammeln von Pferdeäpfeln auf einer Koppel in Himmelstadt aufgescheucht wurde und über den Sandboden und das nur wenige Zentimeter lange Gras davoneilte. Aufgrund des so ganz und gar ungewöhnlichen Aussehens fiel es der Pferdehalterin selbst als Biologin zunächst nicht leicht, das Tier auch nur grob systematisch einzuordnen.
Erst ein zweiter Blick zeigte, dass es sich um ein Prachtexemplar aus der Käfer-Familie der Kurzflügler (Staphylinidae) handelt, und zwar einen der größten und auffälligsten Vertreter dieser Familie überhaupt, den „Behaarten Kurzflügler“ oder „Hummelkäfer“, mit wissenschaftlichem Namen Emus hirtus. Die Bezeichnung Hummelkäfer beschreibt treffend das Erscheinungsbild des Käfers, dessen Kopf, vorderer Rumpfbereich und hintere Körpersegmente pelzartig dicht mit leuchtend gelben Haaren besetzt sind. Der Rest des Körpers erscheint tiefschwarz, abgesehen von den kurzen, unscheinbaren Deckflügeln, die stellenweise eine leichte Graufärbung aufweisen.

Die gelb-schwarze Warnfärbung dient dazu Fressfeinde abzuschrecken, indem sie eine wehrhafte Hummel oder anderes stachelbewehrtes Insekt imitiert (Mimikry). Unterstützt wird dieser Effekt, durch das für Kurzflügler typische Verhalten, bei Gefahr den Hinterleib über den Rücken nach vorn zu biegen und dem Angreifer zu drohen. Der Hummelkäfer lebt vor allem auf Rinder- aber auch auf Pferdedung, wo er sich räuberisch von anderen Insekten und deren Larven ernährt.
In manchen Bundesländern vom Aussterben bedroht
Obwohl die Spezies in weiten Teilen Europas verbreitet ist, gilt der Käfer in Deutschland als echte Rarität. Er findet sich hier nur sehr vereinzelt und ist an seinen Fundorten dann oft wieder für Jahrzehnte verschollen. So wurde der Käfer in Bayern zuletzt offiziell 1985 nachgewiesen. In der bundesweiten Roten Liste wird die Art in Kategorie 2 als stark gefährdet geführt und in einigen Bundesländern sogar als vom Aussterben bedroht.
In Himmelstadt zumindest hat das wärme- und sandliebende Insekt nahezu ideale Bedingungen auf einer Pferdekoppel mitten im Gewerbegebiet vorgefunden, auch wenn es in den noch frischen Pferdeäpfeln kaum üppige Beute gemacht haben dürfte. Da wird die Biologin künftig die Hinterlassenschaften der Pferde wohl etwas weniger gründlich abräumen, um einen Beitrag für den Artenschutz zu leisten. Der Käfer jedenfalls hat nach seinem Fototermin die Koppel erst einmal mit unbekanntem Ziel verlassen.