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Kämpfer aus dem Himmel

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Kämpfer aus dem Himmel

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    Warten auf den Hubschrauberflug: Fallschirmjäger mit Kampfmittelspürhunden.
    Warten auf den Hubschrauberflug: Fallschirmjäger mit Kampfmittelspürhunden. Foto: Fotos: Michael Mösslein (4), Wolfgang Dünnebier (2)

    In Zentrallohrien brennt die Luft. Rebellen verbreiten Angst und Schrecken in dem Land. Mitten darin gefangen: 32 Deutsche, unter ihnen der deutsche Botschafter. Bundeswehrsoldaten sollen sie in einer riskanten Rettungsmission ins benachbarte Rhönien ausfliegen. Dort wären sie in Sicherheit.

    Das ganze Szenario hat auch einen Namen: „Pegasus III“. Es ist eine Truppenübung in der Region Main-Rhön, an der sich in der zurückliegenden Woche 130 Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 373 aus Seedorf in Niedersachsen beteiligt haben. Fünf Tage lang probten die Fallschirmjäger den Ernstfall. Der Haßfurter Flugplatz wurde zu Rhönien. Es war der Stützpunkt der Rettungsmission, in einem Gastland gelegen. 38 Kilometer Luftlinie waren es bis nach Zentrallohrien. Dieses ausgedachte Land lag bei Hammelburg auf dem dortigen Truppenübungsplatz. „Es ist ein robustes Szenario“, bewertet Hauptmann Simon Ruge die Lage, während sich die gut 40 Mann seiner Fallschirmjägerkompanie auf den Absprung vorbereiten. Die tatsächliche Lage vor Ort kennen sie nur ansatzweise. Sicher ist nur, dass es bewaffnete Aufständische gibt, die Zivilisten als Geiseln festhalten. „Wir müssen mit Kämpfen rechnen“, meint der hochgewachsene Kompaniechef knapp. Er und seine Männer springen als erste von zwei Einheiten bei Altbessingen (Kreis Main-Spessart) ab. Von dort aus sind es zwölf Kilometer Fußmarsch bis zum Bereitstellungsraum bei Bonnland, dem Übungsdorf auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg. Dort sollen die Fallschirmjäger nach einer Nacht im Feldlager am folgenden Morgen die Geiseln befreien.

    Nicht immer fliegt die Bundeswehr mit so großen Kontingenten in Krisenregionen. Vor wenigen Wochen, in Libyen, waren es zwei Transall mit je zwölf Mann, berichtet Kompaniechef Ruge, der den Einsatz damals geleitet hat. „Pegasus III“, mit 130 Soldaten, stellt ein mittleres Ausmaß dar. Notfalls würde auch das komplette Fallschirmjägerbataillon mit über 1000 Mann in den Einsatz ziehen.

    Innerhalb des Bataillons gibt es einen 36 Mann starken Spezialzug. Soegen ist einer dieser Soldaten, die als Vorauskommando Landeplätze für die anderen Fallschirmjäger aussuchen, vorbereiten und sichern – auch hinter feindlichen Linien. Der junge Mann ähnelt ein wenig Fußballprofi Bastian Schweinsteiger im Flecktarn. Soegen ist nur sein Spitzname. Er und seine Kameraden möchten nicht, dass ihre wirklichen Namen in Medienberichten auftauchen. Es hat, speziell nach Auslandseinsätzen, schon unliebsame Anrufe bei ihren Familien gegeben. Soegen hat schon 480 Fallschirmsprünge hinter sich. Als er seine Ausrüstung anlegt, sitzt jeder Handgriff. Am Ende helfen ihm zwei Kameraden, den Fallschirm und das Gepäck an seinem Körper festzuzurren. 30 Kilogramm wiegt allein der Rucksack. Hinzu kommen 17 Kilo für den Fallschirm. Sein G 36-Maschinengewehr wiegt drei Kilo, die Schutzweste zehn Kilo. Um Soegen vom Boden aufzuhelfen, langen zwei Kameraden zu.

    So ausgerüstet, wundert er es nicht, dass der Tross Fallschirmjäger, als die Jungs die Transall Richtung Einsatzziel besteigen, einer Herde watschelnder Enten ähnelt. Die Soldaten haben ihre Fallschirme und schweren Rucksäcke vor die Bäuche geschnallt. 43 Männer steigen über die große, absenkbare Laderampe am Heck in das Transportflugzeug. In zwei Reihen sitzen sie nebeneinander.

    Beim letzten Antreten, bevor sie das Flugzeug betreten haben, hatten sie nochmals alle ihre Ausrüstung kontrolliert. Nichts wird dem Zufall überlassen. Dennoch haben sie sich dann ein dreifaches „Glück auf!“ zugeschrien. Denn man kann nie sicher sein, ob wirklich immer alles glatt geht.

    An diesem Tag jedoch läuft's wie am Schnürchen. Zweimal fliegt die Transall nach Altbessingen und setzt je rund 40 Fallschirmjäger aus. Für das Flugzeug ist die Strecke ein Katzensprung. Beim Start in Haßfurt treiben die beiden aufheulenden Propellerturbinen dem Zuschauer am Rand des Flugfeldes mächtige Luftwirbel entgegen. Es riecht nach verbranntem Kerosin.

    In Haßfurt sind auch fünf Black Hawks (UH 60) gelandet. Die großen Transporthubschrauber der US Army sind aus Schweinfurt gekommen. In Haßfurt nehmen sie die restlichen Fallschirmjäger auf, die nicht mit der Transall geflogen sind, und bringen sie nach Altbessingen. Die Hubschrauber kommen am nächsten Tag erneut zum Einsatz und fliegen die Fallschirmjäger und die befreiten Geiseln zurück nach Haßfurt. Von hier aus sind sie noch am selben Tag mit vier Transalls zum Militärflughafen Wunstorf bei Hannover geflogen. Von dort aus ist das Bataillon zu seinem Standort Seedorf zurückgekehrt, wie Oberleutnant Steinert am Freitag bestätigt. „Alles hat gut geklappt“, zieht der Stabsoffizier zufrieden Bilanz zur groß angelegten Übung. Ein solcher Umfang ist auch für die Fallschirmjäger etwas Besonderes.

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